14.11.07
"Mumienpornografie" als
"Unwort des Jahres"?
Der Mannheimer Altertumsverein schlägt die Bezeichnung
"Mumienpornografie" als "Unwort des Jahres" vor. Die Aktion
"Unwort des Jahres" kürt seit 1991 jährlich besonders gravierende
Missgriffe im aktuellen Sprachgebrauch. Ziel der Initiative, an
der führende Sprachwissenschaftler beteiligt sind, ist es, für
mehr sachliche Angemessenheit in der öffentlichen Kommunikation zu
werben. Traditionell werden die ausgewählten Unwörter zwei Wochen
nach dem Jahreswechsel offiziell bekannt gegeben.
Mit seiner Wortneuschöpfung "Mumienpornografie" kritisierte der
Direktor des Ägyptischen Museums in Berlin, Dietrich Wildung, die
museale Präsentation mumifizierter Körper in der Mannheimer
Sonderausstellung "Mumien, der Traum vom ewigen Leben" und
erlangte damit große mediale Aufmerksamkeit. Allein die
Internet-Suchmaschine "Google" zählt bereits 1.940 Treffer für die
Abfrage "Mumien-Pornografie".
Die Ausstellung, die derzeit in den Reiss-Engelhorn-Museen in
Mannheim zu sehen ist, zeigt 70 konservierte Leichname von Tieren
und Menschen von der Dinosaurierzeit bis heute. Laut Wildung
bedeute deren Darstellung einen Eingriff in die
Persönlichkeitsrechte der Verstorbenen.
Der Mannheimer Altertumsverein betont demgegenüber, dass der
Begriff Pornografie eine obszöne Zurschaustellung von Körpern
suggeriere. Unter Pornografie versteht die deutsche
Rechtssprechung "grobe Darstellungen des Sexuellen, die in einer
den Sexualtrieb aufstachelnden Weise den Menschen zum bloßen,
auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde degradieren".
Indem die wissenschaftliche und museale Auseinandersetzung mit
erhaltenen Tier- und Menschenmumien mit dem polarisierenden
Reizthema "Pornografie" in Beziehung gesetzt werde, würde ein
bedeutendes kulturgeschichtliches und naturwissenschaftliches
Phänomen in der Öffentlichkeit verunglimpft und tabuisiert werden.
Eine sachliche, dem sensiblen Thema angemessene Diskussion werde
durch diese Wortwahl erschwert. Die Ausstellung habe hingegen,
frei von Effekthascherei, mit aller gebotenen Sorgfalt der
Öffentlichkeit die Ergebnisse eines langjährigen,
interdisziplinären Forschungsprojekts in einer stilvollen
Präsentation zugänglich gemacht, der auch
Bundesforschungsministerin Anette Schavan ihre Schirmherrschaft
verliehen habe.
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