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Kurpfalz und Pfalz, Rheinland-Pfalz und Oberpfalz

Es ist vor allem für ausländische Besucher verwirrend. Da wird ihnen die Kurpfalz vorgestellt, auf der anderen Seite ist Rheinland-Pfalz, da gibt es Pfalzgrafen, Herzöge, Kurfürsten, in Aachen gibt es eine Pfalz, in Ingelheim eine, Goslar hat auch eine, aber das liegt am Harz - und auch deutsche Besucher tun sich oft schwer, das alles auseinander zu halten.

Zunächst einmal ist eine Pfalz der zeitweilige Aufenthaltsort eines Königs oder Kaisers (also die Königs- oder Kaiserpfalz) oder eines weltlichen oder geistlichen Reichsfürsten (Herzogs- oder Bischofspfalz). Der oberste "Beamte" des Königs in der Pfalz war der Pfalzgraf, da er ein Herrschaftsgebiet brauchte, um Einkünfte daraus zu ziehen, war das die Pfalzgrafschaft. Die ursprünglich nach Aachen benannte lothringische Pfalzgrafschaft wurde im Lauf des 12. Jahrhunderts zur "Pfalzgrafschaft bei Rhein" - genauer gesagt, am Mittelrhein mit dem Zentrum Bacharach.

Die übrigen Pfalzgrafschaften, die von Schwaben, Bayern und Sachsen, gingen im Lauf der Zeit ein, davon ist später keine Rede mehr.

Der Pfalzgraf bei Rhein wurde mit dem Verfassungsgesetz der "Goldenen Bulle" zum Kurfürsten, sein Herrschaftsgebiet wurde "Kurfürstentum von der Pfalz" genannt, oder heute kurz "Kurpfalz". Alle anderen Familienmitglieder, auch die der kurfürstlichen Familie, blieben Pfalzgrafen, und ihre jeweiligen Ländereien hießen immer noch Pfalzgrafschaften. Weil nun einerseits die alte lothringische Pfalzgrafschaft von den Zeitgenossen immer als Herzogtum angesehen wurde, weil andererseits seit 1156 die Inhaber der Pfalzgrafschaft aus herzoglichen Familien kamen - und schließlich wurde ja 1214 der wittelsbachische Bayernherzog Pfalzgraf - wurden die Pfalzgrafen bei Rhein als Herzöge tituliert. Der Titel Herzog blieb dann in der Familie, mochte die jeweilige Pfalzgrafschaft, die zur Verfügung stand - und die Pfalzgrafschaft Pfalz-Veldenz im 17. Jahrhundert war schon SEHR klein -, noch so gering im Umfang sein.

Mit der endgültigen Zuweisung des so genannten bayerischen Nordgaus 1329 an die Pfalzgrafen bei Rhein wurde dieses Land als "Oberpfalz" bezeichnet, im Unterschied von der "Unteren Pfalz" oder der "Pfalz am Rhein" um Heidelberg. Oberpfalz blieb als Name auch nach der bayerischen Eroberung im Dreißigjährigen Krieg 1623.

Die Kurpfalz als Begriff geriet ins Hintertreffen, als Kurfürst Carl Theodor 1778 Bayern erbte. Beide Kurwürden, die pfälzische und die bayerische, wurden zusammengelegt, das Fürstentum hieß "Kurfürstentum Pfalz-Bayern". Die Residenz war in München, die alte Kurpfalz war Nebenland geworden. 1792/93 eroberten französische Truppen den linksrheinischen Teil, die Eroberung wurde 1795 von den deutschen Großmächten anerkannt. Das linksrheinische Ufer blieb französisch bis 1815.

Der noch verbliebene rechtsrheinische Teil der Kurpfalz wurde 1803 aufgelöst ("abgewickelt") und kam zu Baden. Von Kurpfalz war hier künftig keine Rede mehr. Der Markgraf erhielt den Titel Kurfürst, kam aber nie dazu, dieses neue Amt auszuüben. Das Kaisertum erlosch mit dem Ende des Alten Reichs 1806. Die Kurpfalz als politischen Begriff gab es nicht mehr, was es gab, war eine starke Tradition in Mannheim, dessen Bürger den Verlust der Residenz durch eigene Anstrengungen in Handel und Wirtschaft wettmachten.

Die linkrheinischen Länder wurden auf dem Wiener Kongress 1815 verteilt - vor allem an die "alten" Besitzer, was für einen Großteil des Gebiets eben der König von Bayern war, der ja ursprünglich Herzog im Herzogtum Zweibrücken gewesen war. Diese bayerischen Gebiete erhielten, um die Tradition zu pflegen, 1832 den Namen "Pfalz", eben bayerische Pfalz. Und weil das Land geografisch in die Rheinebene und das Bergland des Pfälzer Walds geteilt war, hieß der östliche Teil "Vorderpfalz". Er war ja schließlich näher an Bayern gelegen. Das andere Hinterpfalz zu nennen, klingt böse. Wenn der Begriff jemals gebraucht wurde, wurde er bald durch das neutralere "Westpfalz" ersetzt.

Die Pfalz blieb bayerisch bis 1945, bis die Alliierten in ihren Besatzungszonen neue Länder schufen. Die bayerische Pfalz wurde mit dem französischen Teil der ehemaligen preußischen Rheinprovinz zum Bundesland Rheinland-Pfalz zusammengelegt.

"Rheinpfalz" ist im Übrigen der Name einer großen Tageszeitung in der Vorderpfalz, die Volksbank in Schwetzingen fusionierte vor einigen Jahren mit der Volksbank Speyer zur Volksbank Kur- und Rheinpfalz.

Die Stellung der linksrheinischen "Pfalz" als vom Mutterland Bayern abgesondertes Gebiet begünstigte hier das kulturelle Zusammenwachsen, während der rechtsrheinische Teil sich im 19. Jahrhundert gegen Karlsruher, nach 1945 gegen Stuttgarter zentralistische Tendenzen zur Wehr setzen mußte und daher das "kurpfälzische" Element nur innerhalb der (alten) badischen Landesgrenzen betonte. "Kurpfalz" im rechtsrheinischen Sinn ist daher vor allem das Umland der Zentren Heidelberg und Mannheim.

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siehe auch:  
weiter: Kurze Geschichte der Kurpfalz

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