Die Große Landesausstellung „2 Räder – 200
Jahre. Freiherr von Drais und die Geschichte des Fahrrades“ im
TECHNOSEUM zeichnet die technische Entwicklungsgeschichte des
Fahrrades ebenso nach wie seine gesellschaftliche Rolle und Relevanz
im Wandel der Zeit. Gezeigt werden auf einer 800 Quadratmeter
großen Sonderausstellungsfläche knapp 100 Fahrräder – vom
frühen Laufmaschinenmodell bis zum Singlespeed, das heute
trendig ist. Deutlich wird am Ende: Das Fahrrad ist eine genial
einfache und dabei höchst energieeffiziente und umweltfreundliche
Konstruktion.
Plakat © Technoseum
„Das Fahrrad wird auch dann noch ein wichtiges Fortbewegungsmittel
sein, wenn das Auto mit Verbrennungsmotor längst ausgedient
hat“, so Dr. Thomas Kosche, Projektleiter der Ausstellung,
bei der Präsentation. „Auch abseits der Wohlstandsregionen
ist das Fahrrad erschwinglich, effizient und benötigt zudem
keinen Treibstoff, dessen Preis schwankt und dessen Verfügbarkeit
begrenzt ist.“ Durch die chronologisch angelegte Schau
führt ein in bunten Farben gehaltener Pfad. „Der Rundgang
ist einem Fahrradweg nachempfunden, der gewunden ist. Das spiegelt
die Entwicklung wider, denn auch die Geschichte des Fahrrades
ist alles andere als geradlinig verlaufen“, sagte Rebecca
Schröder von res d Design und Architektur GmbH, die die
Gestaltung der Ausstellung übernommen hat.
Geschichte mit vielen Wendungen
So verkaufte Drais zu seinen Lebzeiten nur wenige Exemplare der
Laufmaschine. Erst rund 50 Jahre später gewann die Weiterentwicklung
des Fahrrades mit dem Tretkurbel-Velociped wieder an Fahrt,
es wurde im Zuge der Weltausstellung 1867 in Paris zum Verkaufsschlager.
Da sich das Gefährt nur schwerfällig und langsam
fahren ließ, vergrößerte man sukzessive den
Durchmesser des Vorderrades. Beim in den 1870er und 80er Jahren
populären Hochrad betrug er schließlich um die anderthalb
Meter – damit ließ es sich zwar flott vorankommen,
doch auch die Gefahr schwerer Stürze war groß. Es
folgte das Sicherheitsniederrad, bei dem der Schwerpunkt tiefer
und weiter hinten lag. Zwei gleich große Räder und
die Übersetzung der Kurbeldrehung mit einer Kette auf
das Hinterrad garantierten eine sichere und schnelle Fahrt.
Mit diesem Modell war die Fahrradform gefunden, die bis heute
zum Einsatz kommt.
Bild: Hochrad, um 1885. © Technoseum
Spielzeug, Massenartikel und Mode-Accessoire
Nach 1900 wurde das Fahrrad zu einem Verkehrsmittel für
die breite Bevölkerung: Anfangs noch ein Spielzeug des Adels
und des gehobenen Bürgertums, machte es als Massenprodukt
um die Jahrhundertwende die Arbeiterschaft mobil und beflügelte
die Frauenbewegung. Mit dem Boom von Autos und Motorrädern
ab den 1950er Jahren kam das Fahrrad wieder aus der Mode, erst
in den letzten Jahrzehnten gab es eine Renaissance: In westlichen
Metropolen ist das Fahrrad derzeit nicht nur Fortbewegungsmittel,
sondern auch Ausdruck eines Lebensgefühls und modisches
Accessoire.
Werbeschild für Maxim-Räder, um 1910. © Technoseum Schläuche flicken und Draisinen reiten
An interaktiven Stationen können die Besucherinnen und Besucher
herausfinden, wie Übersetzung und Lenkung funktionieren
und wie Kerzen- und Karbidlampen sowie die elektrische Beleuchtung
an einem Fahrrad arbeiten. Diverse Fahrradmodelle stehen bereit,
die die Besucher ausprobieren können – so darf man
beispielsweise auf einem Hochrad Probe sitzen, mit dem Nachbau
einer Drais’schen Laufmaschine eine Runde drehen oder Fahrräder
mit Hartgummi- bzw. Luftbereifung testen. In einer Werkstatt
inmitten der Ausstellung gibt es zudem konkrete Tipps, wie man
beispielsweise einen Reifen flickt, die Bremse richtig einstellt
oder die Kette korrekt ölt. Denn schließlich soll
die Ausstellung die Besucher auch inspirieren, sich öfter
selbst in den Sattel zu schwingen und dieses ebenso einfache
wie geniale Verkehrsmittel zu nutzen.
Volles Programm rund ums Rad
Begleitend zur Ausstellung gibt es ein reichhaltiges Rahmenprogramm
unter anderem mit einer Podiumsdiskussion zur Fahrradfreundlichkeit
in Mannheim, mit Vorträgen etwa zur Bedeutung des Fahrrades
für die Frauenbewegung oder mit dem Bericht eines Globetrotters,
der über 150 Länder mit dem Rad bereist hat. Es werden
Führungen auf Deutsch, Englisch und Französisch sowie
für Hör- und Sehgeschädigte angeboten. Darüber
hinaus gibt es einen Erfinderwettbewerb zur Mobilität
der Zukunft, und in den Weihnachtsferien können junge
und erwachsene Tüftler aus Fahrradkomponenten individuelle
Lampen konstruieren. Das Cinema Quadrat in Mannheim widmet
dem Fahrrad eine Filmreihe, bei der ein Klassiker wie „Tatis
Schützenfest“ ebenso gezeigt wird wie der Animationsfilm „Das
große Rennen von Belleville“. Zur Ausstellung erscheint
ein 322-seitiger Katalog, der im Buchhandel für 29,95
Euro erhältlich ist (ISBN 978-3-8062-3374-2). Während
der Laufzeit der Ausstellung kann man ihn vergünstigt
für 24,95 Euro im Museumsshop des TECHNOSEUM kaufen |