Die Franken - Wegbereiter Europas

Ein geschichtlicher Hintergrund zur Ausstellung im Reiß-Museum Mannheim

Das Childerichgrab in Tournai

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Das Childerichgrab in Tournai
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Bei Bauarbeiten auf dem Gelände der frühmittelalterlichen Kirche St. Brice in Tournai fand ein Arbeiter im Jahr 1653 ein Grab, das durch die Umschrift eines beigegebenen Siegelrings als letzte Ruhestätte des Frankenkönigs Childerich I. identifiziert werden konnte.
Das Grab enthielt die persönliche Ausstattung, Waffen, eine Spatha (zweischneidiges Langschwert), ein Sax (einschneidiges kurzes Hiebschwert) und eine Franziska (Wurfaxt), Zubehör und Schmuck zur Kleidung (Zwiebelknopffibel, Beschlag, Schnalle und Schnallendorn, 2 Goldzikaden) und einen Siegelring mit dem Namen sowie einen Beutel mit 100 Gold- und 200 Silbermünzen.

Besonders die Zwiebelknopffibel (Bild oben) verrät den Rang Childerichs im römischen Militär, während die Stierköpfe am Zaumzeug des Pferdes (Bild rechts) eher auf die mythische Herkunft der Merowingerkönige hindeuten mögen. Er war militärischer und ziviler Befehlshaber im nördlichen Teil der römischen Provinz Belgica II und residierte in Tournai, einem Ort mit bedeutenden militärischen Ausrüstungsbetrieben. Daneben war er König der mit Rom verbündeten Salischen Franken und trug daher den Titel eines rex foederatus.

Die Rekonstruktion seiner Erscheinung aufgrund der Grabbeigaben zeigt einen römischen Offizier, der eindeutige fränkische Attribute, vor allem, was seine Bewaffnung betrifft, trägt.

Der König wurde in einem Grabhügel beigesetzt, eine Sitte, die wohl aus der thüringischen Heimat von Childerichs Frau Basena übernommen und von da an bei der fränkischen Oberschicht üblich wurde. Der Grabhügel selbst bestand aus einer übereinander angeordneten Doppelkammer, mit dem Schlachtroß des Königs im oberen und der Leiche des Königs selbst im unteren Teil - die Anlage wurde für die Ausstellung im Originalmaßstab rekonstruiert. Um den Grabhügel herum wurden weitere 21 Pferde begraben.
Bereits zwei Jahre nach seiner Entdeckung wurde der gesamte Grabschatz ausführlich und in allen Einzelheiten publiziert. Diese Publikation, für die Ausstellungstafeln neu koloriert, ist, nachdem 1831 der größte Teils des Schatzes gestohlen und eingeschmolzen wurde, die einzige überlieferte Abbildung. Napoleon nahm bei seiner Krönung 1804 die Bienen /Zikaden des Childerich als Vorbild für den Schmuck seines Krönungsmantels. Er ersetzte die Linien der Bourbonen durch die "Bienen des Childerich", die als "napoleonische Bienen" in die Geschichte eingingen, als bewußte Inszenierung einer Rückbesinnung auf eine der frühen kulturellen Wurzeln des Kaiserreiches.
Alle Abbildungen sind dem Katalog zur Mannheimer Ausstellung "Die Franken, Wegbereiter Europas" entnommen. Wir danken dem Reiß-Mauseum, Mannheim, für die Genehmigung zur Veröffentlichung


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