(ssg) Seltene
Aufnahmen aus einer der frühesten Fotoserien von Schlössern sind
noch bis 5. November 2006 in der Ausstellung "Historische Ansichten
- Glanzvolle Aussichten. Die Bruchsaler Prunkräume vor der Zerstörung"
im Schloss Bruchsal zu bewundern. Die Fotografien aus der Zeit um
1870 dokumentieren die verlorenen Rokoko-Dekorationen der Bruchsaler
Beletage und faszinieren aufgrund ihrer besonderen ästhetischen
Qualität.
Ein Künstler aus Heidelberg fertigte im 19. Jahrhundert die vermutlich
ersten und bedeutendsten Fotoaufnahmen des Schlosses an: Georg
Maria Eckert, ursprünglich romantischer Landschaftsmaler, widmete
sich zwischen 1867 und 1877 der Architektur- und Landschaftsfotografie
und hielt dabei auch die Innenräume der ehemaligen geistlichen
Residenz mit der Kamera fest. Mit 200 Abzügen aus seiner Fotomappe
"Das Schloss zu Bruchsal in Photographieen" (Heidelberg 1871)
besitzen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
einen besonderen Schatz. Die Aufnahmen zeigen eindrucksvoll, wie
die zerstörten Parade- und Privatappartements der Beletage einmal
ausgesehen haben. Insbesondere die reiche Rokoko-Ausstattung aus
der Zeit des Fürstbischofs Franz Christoph von Hutten (1706-1770,
reg. ab 1743), dessen 300. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert
wird, ist darin dokumentiert. Neben Gesamtansichten der Räume
sind Möbel und Tapisserien, vor allem aber Details der prächtigen
Stuckaturen und geschnitzten Wandvertäfelungen zu sehen.
Die Fotografien besitzen neben dem dokumentarischen auch einen
besonderen künstlerischen Wert. Eckerts Mappe des Bruchsaler Schlosses
gehört zu den frühesten Fotoserien von Schlössern, die bekannt
sind. Groß ins Bild gesetzt und an den Seiten angeschnitten, erscheinen
die Dekorationen als grafische Elemente, die die Fotografien geradezu
modern wirken lassen.
Das Schloss, bis 1803 Residenz der Speyerer Fürstbischöfe und
danach Witwensitz der Markgräfin Amalie von Baden (1754-1832),
war um 1870 relativ verlassen und in schlechtem baulichem Zustand.
Eckerts Fotomappe machte die Öffentlichkeit auf die barocke Anlage
und deren Schätze aufmerksam und trug damit dazu bei, folgenreiche
Umbaumaßnahmen oder gar einen Verkauf zu verhindern.
Während seiner Reisen durch das Land, teilweise als badischer
Hoffotograf, hielt Eckert unter anderem auch das Heidelberger
Schloss, die Schlossgärten in Schwetzingen und Karlsruhe, das
Casino in Baden-Baden und viele weitere Orte der Region im Bild
fest. Mit seinen Aufnahmen wollte er fotografische Vorlagen für
Künstler, Kunsthandwerker und Architekten schaffen. Zahlreiche
seiner Motive sind jedoch bis heute nur durch schriftliche Überlieferungen
bekannt - die Originalfotos warten noch darauf, gefunden zu werden.
In der Bruchsaler Ausstellung "Historische Ansichten - Glanzvolle
Aussichten. Die Bruchsaler Prunkräume vor der Zerstörung" sind
derzeit dreizehn Fotografien Georg Maria Eckerts zu sehen. Weitere
historische Fotos, Möbel, Gemälde und Tapisserien geben einen
Eindruck von der einstigen Pracht der Beletage.
Näheres zu dem Fotografen ist im Katalog zur Ausstellung (Historische
Ansichten - Glanzvolle Aussichten. Die Bruchsaler Prunkräume vor
der Zerstörung. Hrsg. von den Staatlichen Schlössern und Gärten
Baden-Württemberg und der Stadt Bruchsal. 96 Seiten, mit 44 Schwarz-Weiß-
und Farbabbildungen, erhältlich an der Schlosskasse, Preis: 14,80
€.) oder in der Sonderführung "Abgelichtet. Die Bruchsaler Schlossräume
in Fotografien vor der Zerstörung" am 3. September 2006, 14.30
Uhr zu erfahren. Anmeldung unter 0 72 22 / 93 41 70.
Öffnungszeiten
Historische Ansichten - Glanzvolle Aussichten
Die Bruchsaler Prunkräume vor der Zerstörung.
Ausstellung zum 300. Geburtstag des Fürstbischofs Franz Christoph
von Hutten
Schirmherrschaft: Ministerpräsident Günther H. Oettinger
bis 5. November 2006 im Schloss Bruchsal
geöffnet Dienstag bis Sonntag, 9.30-17 Uhr