Heiße Wochen
War der Sommer 1939 ein Sommer wie jeder andere? Sicher
nicht, die politische Lage war zum Zerreißen gespannt,
aber alle Welt genoss noch die Tage, von denen dann doch
niemand genau wusste, dass es die letzten Friedenstage
sein sollten. Man sonnte sich im Freibad, ging ins Kino
und hoffte insgeheim, dass die europäischen Mächte
auch diesmal klein beigeben und vor Hitlers Drohgebärden
zurückschrecken würden. Aber die Sorge um den
nahenden Krieg war da, und sie war deutlich.
Auch in der Provinz hatte sich die Mehrheit der Deutschen
mit Hitlers „Gefälligkeitsdiktatur" arrangiert.
Der Staatsterror war auch hier allgegenwärtig: Jüdische
Geschäfte wurden „arisiert", politisch
auffällige Nachbarn bekamen Besuch von der Gestapo.
Und das „Lager“ war ein Begriff, auch wenn
man sich nicht vorstellen konnte – oder wollte – was
das wirklich bedeutete.
Die Ausstellung stellt nicht die große Politik in
den Vordergrund, sondern den Alltag. Der Mensch ist das
Thema – der Mensch, der nach dem 1. September zum
Töten und Sterben einberufen wird, der Blick richtet
sich auf vergessene Opfer und auf Mutige, die helfen.
Einer will dem Kriegswahn gewaltsam entgegen treten: Johann
Georg Elser beschließt, Hitler zu beseitigen. Am
8. November 1939, dem Tag seines Attentats, wird er in
Konstanz festgenommen. Wir beleuchten seine Konstanzer
Jahre und zeigen eindrucksvolle Relikte.
Das Ende des "kleinen Grenzverkehrs"
Die Schweizer Nachbarn
zeigen sich besorgt. Zu deutlich ist der Appetit der Aggressoren,
Mussolinis vor allem,
auf das kleine Land. Der „kleine Grenzverkehr“ weicht
Drohgebärden und Schikanen. Ein Ende 1939 gebauter
Grenzzaun wird zahllosen politisch Verfolgten und jüdischen
Flüchtlingen zum Verhängnis. Und die Schweiz
verfolgt eine restriktive Flüchtlingspolitik – wohl
auch, um dem Nachbarn keinen Grund zum Eingreifen zu bieten.
Kunst in der Fluchtidylle
Der Bodensee ist allerdings so sehr Provinz, dass unangepasste
Künstlern hier ein Refugium finden und sich der herrschenden
Politisierung der Kunst durch das Regime und der gängigen
Blut und Boden-Lehre entziehen können. Die Ausstellung
spürt einigen Künstlerbiografien nach und zeigt
Werke der Zeit.
Öffentliche Führungen (Erwachsene)
Jeden Dienstag 17 Uhr und Sonntag, 14 Uhr
Führungen für Schulklassen und Jugendliche ab
12 Jahre
Jederzeit auf Nachfrage und erster Dienstag des Monats,
15.30 Uhr
Konstanz im Nationalsozialismus
Ein Stadtspaziergang durch die Zeit des Terrors
Teil 1: Innenstadt
Teil 2: Petershausen .
Teil 3: Die Schweizer Grenze
Auf Anfrage für Gruppen und nach Ankündigung
in der Tagespresse
Gruppen ab 10 Personen, pauschal: 90 Euro
Eine Ausstellung als Erzählexperiment
Die Ausstellung bringt zahlreiche, bislang verborgene Alltagsobjekte
aus hiesigen Familien zum Sprechen: Kleidungsstücke,
Fotos von Krieg und Frieden, persönliche Habseligkeiten,
Spielzeug, Sammelstücke der Erinnerung, letzte Relikte
jüdischen Lebens und herzzerreißende Feldpostbriefe,
die vom jähen Ende so vieler Menschenleben künden.
Die Ausstellung Sommer'39 ist ein historisches Erzählexperiment,
das am Beispiel von Alltagsgegenständen, Kunst und
kuriosen Relikten von Lebensläufen in einem dramatischen
Jahr berichtet. Sie will Erinnerungsarbeit leisten in einer
Zeit, in der die letzten Zeitgenossen die Lebensbühne
verlassen.
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