Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg öffnet das „Haus
Europa“. Hehre Europaträume und harte Europarealitäten,
blutige Jahrhunderte und friedliche Jahrzehnte, skeptische Annäherung
und grenzenlose Liebe spiegeln sich in dem neuen Ausstellungsteil
des Museums wider.
„Gerade im historischen Rückblick wird die überragende
Wichtigkeit eines geeinten Europas für alle Menschen überdeutlich“,
betonte Museumsleiter Prof. Dr. Thomas Schnabel bei der Eröffnung. „An
die Stelle von Kriegen in jedem Jahrzehnt sind Frieden und offene
Grenzen seit jetzt
schon über 70 Jahren getreten.“
Von Napoleons Feldzügen bis TTIP reichen die Themen in
der Abteilung, von der Karikatur aus dem Jahr 1813 bis zum 2016er
Elektroauto, das komplett an der Wand hängt, reichen die
150 neuen Objekte. „Wir zeigen, welche Bedeutung ,Europa‘ für
das Leben der Menschen in Baden-Württemberg hat“,
sagte Ausstellungsleiterin Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger. „Dabei
wird klar, dass dieses viel bemühte Schlagwort unterschiedlichste
Bedeutungen haben kann: Wunschtraum, Schlachtfeld, Absatzmarkt,
Bürokratiemonster oder Begegnungsraum.“
"Haus Europa" - Der neue Ausstellungsteil
im Themenpark des Museums zeigt, welche Bedeutung Europa für
das Leben der Menschen in Baden und Württemberg in den vergangenen
gut 200 Jahren hatte und heute hat.
Der neue Teil des Themenparks im Museum weitet die Perspektive
der früheren Abteilung „Grenz-Fall Frankreich“;
die Beziehungen zum Nachbarland haben aber immer noch großes
Gewicht. Das „Haus Europa“ umfasst fünf Themenfelder:
Das „Schlachthaus Europa“ macht deutlich, dass zehntausende
Landeskinder den Preis für die Rivalitäten der alten
und neuen Territorialstaaten mit ihrem Leben bezahlten. Unter
anderem Feldpostbriefe, Fotos und persönliche Gegenstände
zeugen von Schicksalen in den Kriegen des 19. und 20. Jahrhunderts,
die Uniformen der Deutsch-Französischen Brigade in Böblingen
aber auch von Versöhnung und Integration.
„Euro-Visionen“ geht den unterschiedlichen Vorstellungen
eines vereinigten Europas nach, die in den vergangenen beiden
Jahrhunderten in verschiedensten politischen und gesellschaftlichen
Strömungen entstanden. Davon erzählen Bücher,
Hefte, Plakate, Fahnen und eine „Mauer der Vorurteile“ aus
Kartons, die im Europawahlkampf 2014 in Tübingen von den
Passanten nicht eingerissen, sondern eher noch erhöht wurde.
„Das Europa der Monarchen, Politiker und Technokraten“ zeigt
den langen, kurvenreichen Weg von jahrhundertelangen Feindseligkeiten
zwischen Monarchen und Staaten zu einer europäischen Einigung
und deren Konflikte. Mehrere Objekte zur Rede des französischen
Staatspräsidenten Charles de Gaulle 1962 in Ludwigsburg
machen bewusst, wie Europa zur Versöhnung inspiriert. Ein
aktuelles Protestplakat gegen das Freihandelsabkommen TTIP demonstriert,
wie die EU Protest hervorruft.
„Europa als gemeinsamer Markt“: Werbeplakate südwestdeutscher
Firmen aus dem frühen 20. Jahrhundert stehen dafür,
dass Wirtschaftsbeziehungen schon früh und auch in Zeiten
politischer Eiszeit zwischen Staaten geknüpft wurden. Ein
international gefertigter und in sechs europäischen Ländern
mietbarer Kleinwagen veranschaulicht die heutigen intensiven
Verflechtungen.
„Das Europa der Bürger“ widmet sich Verbindungen
und Beziehungen, Initiativen, Solidarität und europäischem
Alltag. Städtepartnerschaften entstehen in einer Vielfalt,
wie sie auch die ausgestellten Gastgeschenke widerspiegeln: etwa
das Holztischchen eines einstigen französischen Kriegsgefangenen
für Trossingen oder eine weißrussische Wisentfigur
für Esslingen. Selbst die Gesundheit ist heutzutage europäisch,
wie ein Feinstaubmessgerät verdeutlicht.
Fotos: Haus der Geschichte Baden-Württemberg/Daniel Stauch |