Leben im Mittelalter

 

Zwischen Burg, Stadt und Kathedrale - Leben im Mittelalter
Badisches Landesmuseum Karlsruhe - Schloss
ab 14.6.2005

 

Mittelalterliches Leben im Badischen Landesmuseum

Beinahe sechs Monate war die Mittelalterabteilung des Badischen Landesmuseums geschlossen. Nach einer kompletten Neugestaltung und Verlegung präsentiert sie sich ab dem 14. Juni 2006 unter dem Titel "Zwischen Burg, Stadt und Kathedrale - Leben im Mittelalter" in neuem Glanz. Die Ausstellung im Karlsruher Schloss zeigt das Leben und den Alltag dieser bewegten Zeit anhand kostbarer Objekte und lebendiger Inszenierungen und lässt so eine der spannendsten Epochen in der Geschichte dieser Region lebendig werden.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das alltägliche Leben, in das der Besucher anhand der Themenbereiche Burg, Stadt und Kathedrale zurück versetzt wird. Die Zeit des Spätmittelalters war geprägt vom christlichen Glauben, einem machtvollen fürstlichen Adel und dem Aufblühen der Städte, aber auch von verheerenden Pestwellen und blutigen Kriegen. Gerade zwischen 1200 und 1520 erlebte die mittelalterliche Gesellschaft einen tief greifenden Wandel. Burgen und Ritter, die im Laufe der Zeit ihre ursprünglichen Aufgaben immer weiter einbüßten, standen der wachsenden Bedeutung der Städte und ihrer Bürger gegenüber. Dass es sich beim Mittelalter nicht um eine Epoche des Stillstandes handelt, die unter Seuchen, politischen und ökologischen Krisen litt, sondern um eine Zeit des Aufbruchs und der Neuerungen, bezeugen zahlreiche Erfindungen, zu denen die Uhr und der Buchdruck gehören. In der Ausstellung gezeigte kostbare Altäre, Skulpturen und Reliefs, wertvolle Glasgemälde und fein gearbeiteter Schmuck machen außerdem deutlich, dass eine außerordentliche handwerkliche und künstlerische Blüte herrschte.

Empfangen werden die Besucher vom detailgetreu nachgebildeten Modell der Burg von Hohenbaden (Baden-Baden), dem ersten Stammsitz der Markgrafen von Baden. Anschaulich zeigt die Burg, die zu ihrer Glanzzeit mehr als 100 Räume besaß, den Repräsentationsanspruch ihrer Besitzer. Neben ihrer Bedeutung als Adelsresidenz führt das Modell auch die Funktion als wehrhafte Festung, als Ort der Erziehung und als zentraler Treffpunkt der adeligen Gesellschaft vor Augen. Dafür stehen beispielhaft u.a. ein kostbarer flämischer Wandteppich mit der Darstellung einer Falkenjagd und ein reich verziertes Trinkhorn aus Straßburg. Ein prächtiges Schwert aus adeligem burgundischem Besitz ist Beleg für den regen grenzüberschreitenden Austausch. Die oberrheinische Region gehörte zu einer der Hauptachsen des Reiches und war Durchgangsstation sowohl für Reisende mit kriegerischen als auch friedlichen Absichten. Einflüsse aus allen Teilen Europas hinterließen hier ihre Spuren.

Stadt und Land, Handwerk und Handel sind Themen des zweiten Abschnitts der Ausstellung. Im Spätmittelalter gewannen die freien Städte immer mehr an Macht, und das Selbstbewusstsein der Bürger wuchs. Exemplarisch werden anhand der Stadt Freiburg die Stadtorganisation und -verteidigung, das Zunftsystem und die Rolle der Stadt als Handelsknotenpunkt aufgezeigt. Die Nachbildung einer Glasmalerwerkstatt und die eines Fassmalers veranschaulichen lebendig die Arbeitsweise und -räume typischer mittelalterlicher Handwerkszweige. Ein Höhepunkt der Ausstellung ist der prächtige Marienaltar aus Salem von Bernhard Strigel. Seine lebendigen Szenen, bezeugen einmal mehr die künstlerische Blüte, die das Gebiet zu dieser Zeit hervorbrachte.
Einblicke in die Aspekte weltlichen Lebens und Wohnens gibt die originale Stube eines Markgräfler Fachwerkhauses, das ein Weinbauer mit seiner Familie bewohnte. Eine Kücheninszenierung mit Geschirr, Töpfen und Gerät aus dem 15. Jahrhundert lässt den Alltag der Zeit lebendig werden.

Ein weiterer Abschnitt der Ausstellung ist Kirche, Glaube und Religion gewidmet. Stifterbilder aus dem Zisterzienserinnen-Kloster Lichtenthal in Baden-Baden lenken den Blick auf die tief empfundene Frömmigkeit der Menschen. Peter von Andlau schuf ein farbenprächtiges Glasgemälde, das mit dem Apostel Jakobus einen der bedeutendsten Pilgerheiligen zeigt, dessen Grabstätte in Santiago de Compostela bis heute Ziel zahlreicher Wallfahrten ist. Seuchen, wie beispielsweise die Pest, die um 1350 ganz Europa traf, mehrten die Furcht vor einem plötzlichen Tod. Bemerkenswertes Zeugnis davon gibt eine ungewöhnliche und düstere Skulptur, die den Tod in einer Mönchskutte darstellt.

Eine stimmungsvolle Atmosphäre empfängt den Besucher in der eindrucksvollen Nachbildung eines mittelalterlichen Kirchenraumes. Mehrere kostbare Altäre und eine kunstvolle Madonna mit Kind von Tilman Riemenschneider zählen zu den absoluten Höhepunkten der Ausstellung. Glasgemälde von Hans Baldung Grien, die für eine Karthause in Freiburg entstanden, werden in einem nachgebildeten Chor präsentiert. Der Weisweiler Altar mit seinen vollplastischen Heiligenfiguren im Mittelteil und der Darstellung weiterer Heiligenlegenden auf den Seitenflügeln zeigt das vielfältige Können der ansässigen Werkstätten. Dass die oberrheinische Region in regem Austausch mit entfernten Gebieten stand, verdeutlicht ein prächtiger maaßländischer Kronleuchter. Wirklichkeitsnah wird eine Sakristei mit kostbaren Kelchen, einem fein gearbeiteten Altarkreuz und weiterem wertvollem liturgischem Gerät inszeniert. Ein Kaselstab, der um 1520 entstand, zeigt außergewöhnliche gestickte, fast vollplastische Figuren.

Die Ausstellungsarchitektur übernahm das renommierte Büro Woodtli Design, Zürich, das bereits die Abteilung "Römer am Oberrhein" und die Große Landesausstellung "IMPERIUM ROMANUM. Römer, Christen, Alamannen - Die Spätantike am Oberrhein" gestaltete.

Bis zum 15. Oktober bereichert ein vielseitiges Rahmenprogramm, wie es sonst nur bei Sonderausstellungen im Badischen Landesmuseum üblich ist, die neue Abteilung. Führungen werden angeboten samstags um 15 Uhr, sonn- und feiertags um 11 und 16 Uhr. Familienführungen beginnen an Sonn- und Feiertagen um 11.30 Uhr. Schauspieler treten an drei Sonntagen im Herbst in der Ausstellung auf, an weiteren drei Sonntagen laden Mitmachwerkstätten dazu ein, die gesammelten Eindrücke handwerklich umzusetzen.

Veranstaltungen wie ein mittelalterliches Musik-Varieté "La nuit des Folies" (22.9.), ein Konzert (15.10.), Ferienaktionen und Workshops runden das Programm ab. Bei einem Kochkurs (13.10.) kann die mittelalterliche Küche nach originalen Rezepten selbst erprobt und anschließend verkostet werden. Wer sich intensiv zusammen mit Wissenschaftlern mit dem Mittelalter auseinandersetzen will, kann dies am 23.9. tun. Erster Höhepunkt ist das Mittelalterfest am 17. und 18. Juni 2006 mit einem mittelalterlichen Handwerkermarkt, Gauklern, Mitmachwerkstätten, Schauspielführungen und zahlreichen Aktionen vor dem und im Schloss.

Ein Audioguide (2 €) in deutscher und französischer Sprache begleitet den Besucher durch die Ausstellung und bietet spannendes Hintergrundwissen.

Infos: www.landesmuseum.de

Bild: Bad. Landesmuseum

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