Die Badische
Landesbibliothek und das Badische Landesmuseum Karlsruhe präsentieren
in der Sonderausstellung "Uns ist in alten Mären ... Das Nibelungenlied
und seine Welt" die berühmte mittelalterliche Dichtung um Siegfried,
Kriemhild, Hagen und den Nibelungenschatz. Kostbare Schätze, die
sonst in Tresoren verborgen sind, werden im Karlsruher Schloss dank
des finanziellen Engagements der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)
der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Gezeigt werden sowohl die
bedeutendsten Handschriften des Nibelungenlieds im Original als
auch Objekte der höfischen und kirchlichen Kultur des Hochmittelalters.
Ein
Höhepunkt der Ausstellung sind die drei überaus kostbaren Haupthandschriften
der berühmten mittelalterlichen Dichtung, die erstmals gemeinsam
zu sehen sind. Die Handschrift A ist eine Leihgabe der Bayerischen
Staatsbibliothek München, die Handschrift B hat noch nie zuvor
für eine Ausstellung die Klostermauern der Stiftsbibliothek St.
Gallen verlassen. Das Juwel ist die Handschrift C aus der Badischen
Landesbibliothek Karlsruhe. Sie gilt als die älteste der drei
berühmten Handschriften des Nibelungenlieds und wird ins zweite
Viertel des 13. Jahrhunderts datiert. Der Verkauf dieser Handschrift
durch das Haus Fürstenberg in Donaueschingen im Jahr 2001 erregte
großes öffentliches Aufsehen. Durch den Einsatz insbesondere der
LBBW war es damals möglich, das wertvolle Kulturgut in Baden-Württemberg
zu halten.
Neben den wertvollen, nur selten gezeigten Handschriften,
Fragmenten und jüngsten Schriftfunden steht die Zeit um 1200,
die Entstehungszeit des ,Nibelungenlieds', im Mittelpunkt der
Ausstellung. Einzelne Stationen entführen die Besucher an die
Schauplätze der Handlung von Worms, Xanten und Passau bis ins
ungarische Gran (Esztergom) und nach Island. Sie können dadurch
die Geschichte um Kriemhild, Siegfried, Brünhild und Hagen unmittelbar
erleben und werden zu Teilnehmern und Mitstreitern am Schicksal
der Nibelungen. Der Besuch der Ausstellung wird zu einer Reise
ins Mittelalter, bei der die Welt dieser Zeit erfahrbar wird.
Vielfältige
Exponate geben anschaulich Einblick in die ochmittelalterliche
Kultur und höfische Lebenswelt. Sie vermitteln nicht nur Vorstellungen
von Rittertum und Tafelkultur, sondern auch von Mode, sakraler
Kunst, Musik, Jagd und Schifffahrt, so dass ein lebendiges Bild
des hohen Mittelalters entsteht. Zu den außergewöhnlichen Objekten
gehören u.a. ein berühmtes Ritteraquamanile aus dem Universitätsmuseum
Oslo, ein weltweit in nur wenigen Exemplaren erhaltener Topfhelm
und ein Jagdhorn aus Elfenbein. Leihgeber sind namhafte Museen
und Bibliotheken in Deutschland, der Schweiz, Tschechien, Ungarn,
Österreich und Norwegen.
Die Ausstellung beschäftigt sich auch
mit der Wiederentdeckung des ,Nibelungenlieds' nach Jahrhunderten
der Vergessenheit. Nachdem durch die Wiederauffindung der Handschrift
C im 18. Jahrhundert die "moderne" Rezeption des ,Nibelungenlieds'
begonnen hatte, wurde es zum deutschen Nationalepos schlechthin.
Immer wieder missbrauchten es diverse Gruppen für ihre politischen
Zwecke. Siegfried und Hagen gerieten zu Identifikationsfiguren,
und die sogenannte "Nibelungentreue" wurde als besondere deutsche
Tugend propagiert. Diese deutschnationale Mythenbildung fand in
der Zeit des Nationalsozialismus ihren Höhepunkt. Originalaufnahmen
aus einer Rede Hermann Görings dokumentieren dies in der Ausstellung.
Bis
in die Gegenwart dient der Nibelungen-Stoff als Inspirationsquelle
für Theater, Film und Musik. Die bekannteste Bearbeitung ist wohl
"Der Ring des Nibelungen" von Richard Wagner. Von der Operntetralogie
bis hin zu Moritz Rinkes Theaterstück "Die Nibelungen" verfolgt
die Ausstellung die moderne Rezeptionsgeschichte des mittelalterlichen
Epos.
Aktionsflächen in der Ausstellung laden zum Erkunden und
Ausprobieren ein. Im Skriptorium erfahren die Besucher an einem
mittelalterlichen Schreibpult mehr über den Beruf des Schreibers
und Buchmalers. Im Familienraum probieren Kinder und Erwachsene
Ritterrüstungen an, gestalten Malbögen und tauchen durch Spiele
und Bücher in die Welt der Ritter und Burgen ein.
Ein umfangreiches
museumspädagogisches Programm sowie tägliche Führungen und zusätzliche
Expertenführungen zu einzelnen Aspekten der Ausstellung, Konzerte,
Theaterstücke und Filmvorführungen ergänzen die Ausstellung und
geben vielseitige und spannende Einblicke in die Welt der mittelalterlichen
Sagen, des Rittertums, der tapferen Helden und starken Frauen.
Im
Primus-Verlag Darmstadt erscheint ein Katalog (24,90 € Museumsausgabe,
29,90 € Buchhandelsausgabe).