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Die Geschichte von M. Welte & Söhne, Freiburg und New York

Augustinermuseum Freiburg, 2005/06

Die Firma M. Welte & Söhne produzierte von 1832 bis 1932 hochwertige mechanische Musikinstrumente. Mit den von ihr entwickelten Orchestrien war sie von ca.1850 bis zur Jahrhundertwende technisch und qualitativ konkurrenzlos.

1872 zog die Firma aus dem abgelegenen Vöhrenbach nach Freiburg im Breisgau in das neu erschlossene Gewerbegebiet im Stühlinger. Bahnbrechend war die Entwicklung der Steuerung dieser Instrumente durch Papierrollen, welche die bisher dafür benutzen, sehr empfindlichen Stiftwalzen ersetzten. 1883 ließen sich Welte & Söhne dieses Verfahren patentieren. und waren damit endgültig Marktführer geworden. Mit Niederlassungen in New York, Moskau, Saratow und Vertretern in aller Welt kann man sie durchaus zu den damaligen "global players" zählen.

Die Firma war durch ihre Entwicklungen auf dem Gebiet der Musikwiedergabe mit Programmträgern bereits berühmt, als sie 1905 das "Welte-Mignon" Reproduktionsklavier auf den Markt brachte.

Es war damit möglich, das einmal eingespielte Spiel eines Pianisten weitestgehend originalgetreu wiederzugeben. Dieses technische Wunderwerk war damals eine Sensation und erlaubt uns heute noch mit den wenigen gut erhaltenen Instrumenten eine authentische Wiedergabe dieser Aufnahmen. Ab 1908 gab es ein gleichartiges System für Orgeln, genannt "Welte-Philharmonie".

1912 folgte die Gründung einer Aktiengesellschaft, der "M. Welte & Sons. Inc." in New York und der Aufbau einer Fabrikanlage in Poughkeepsie, N.Y.

Der Verlust der amerikanischen Niederlassung im 1. Weltkrieg traf die Firma schwer. Die Weltwirtschaftskrise und letztendlich die Einführung neuer Technologien wie Rundfunk und elektrische Schallplattenspieler um 1926 brachte das Geschäft mit den aufwändigen Instrumenten nahezu zum Erliegen, weltweit brach die gesamte Branche zusammen. 1932 konnte sich die Firma gerade noch vor dem Konkurs retten und beschränkte sich künftig auf den Bau von Kirchen- und Spezialorgeln.

Das letzte Projekt, das aus dem nun fast 100 Jahre erfinderisch tätigen Welte-Clan kam, war eine Lichttonorgel, eine mit Photozellen gesteuerte elektronische Orgel, von der 1936 ein Prototyp in einem Konzert in Berlin vorgeführt wurde.

Die weitere Produktion in Kooperation mit der Firma Telefunken wurde von der Nazi-Regierung blockiert, weil ihr Entwickler Edwin Welte mit einer Jüdin verheiratet war.

Der Firmenkomplex selbst wurde 1944 durch Bomben komplett zerstört. Damit schien mit den Aufnahmegeräten auch das von der Firma geheimgehaltene Aufnahmeverfahren für die Reproduktionsklaviere verloren. Erst in den letzten Jahren konnte es durch aufgefundene Bauteile und Dokumente sowie einen in den USA wiederaufgefunden Aufnahmeapparat für die Welte-Philharmonie-Orgel weitgehend rekonstruiert werden.

Im Augustinermuseum befindet sich der Nachlass der Firma, soweit er den Krieg überdauert hat.

In dieser Ausstellung wird die Geschichte der Firma und ihrer Instrumente erstmals umfassend behandelt. Alle Instrumente von der Flötenuhr über das Orchestrion sowie Glockenspiele bis zur Lichttonorgel (mit Ausnahme der nichttransportablen Philharmonie-Orgel) werden exemplarisch vorgestellt. Mit einbezogen werden auch Instrumente außerhalb des Museums wie das von Welte erbaute Glockenspiel im Rathaus und die Welte-Orgel der Adelhauser Kirche, die durch Besichtigungen erschlossen werden können

Zur Ausstellung erscheint ein wissenschaftlicher Katalog, der die Geschichte der Firma und ihrer Produkte mit Beiträgen internationaler Autoren erläutert.


credits:

Icon in Leiste:
Karl Heilmann, Blick aufs
Freiburger Münster
von Osten. Augustinermuseum.
Foto: kulturer.be

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