Rezensionen


 

Erhard Richter: Die Flurnamen von Schallbach.
Uehlin Print und Medien GmbH, 79650 Schopfheim, 102 Seiten mit zwei Gemarkungsplänen. Schopfheim, 2013, 15 €, Bezug über die Ortsverwaltung Schallbach, Dorfstraße 6, 79597 Schallbach, Telefon (0 7621) 84605, E-Mail: info@schallbach.de

 

In einem bewundernswerten Kraftakt hat der Regionalhistoriker Dr. Erhard Richter aus Grenzach- Wyhlen, in der Region für viele fundierte historische Werke bekannt, das umfassende Buch zur Flurnamengeschichte von Schallbach vorgelegt. Gleichermaßen versiert und engagiert beschäftigt sich Erhard Richter seit mehr als 60 Jahren mit der Regionalgeschichte, wobei es ihm die Flurnamen besonders angetan haben. Flurnamen sind innerhalb der germanistischen Linguistik Gegenstand der Namenforschung, haben meist nur eine geringe kommunikative Reichweite und sind somit in der Regel nur innerhalb eines Dorfes bekannt und dienen zur Identifizierung von Flurstücken. Neben seiner Dissertation über »Die Flurnamen von Wyhlen und Grenzach in ihrer sprachlichen, siedlungsgeschichtlichen und volkskundlichen Bedeutung« (1962) stammen auch die Flurnamenarbeiten über Herten (1999), Inzlingen (2004), Wintersweiler (2008) und Welmlingen (2012) aus seiner Feder. Bücher gehören zu den großen Schätzen im Leben. Sie können in eine andere Welt entführen, in diesem Fall in die »Welt der Flurnamen«. Man mag zunächst annehmen, Flurnamen seien lediglich bei Landwirten und Beschäftigten der Liegenschaftsämter in Gebrauch und somit fernab von jeder Lebenswelt.

Bei näherer Betrachtung fällt dagegen auf, dass sie uns an zahlreichen Stellen im Alltag begegnen. Oft ist man sich bei vielen Namen kaum bewusst, dass es sich dabei ursprünglich um Flurnamen handelte. Die Namen der Fluren und Siedlungen sind eng mit der Landschaft und ihrer Bevölkerung verknüpft. Sie sind nicht zufällig entstanden, sie stehen in Wechselwirkung mit der Natur, der Kultur, dem Menschen und seiner Tätigkeit. Sie vermitteln ein ganzheitliches Bild einer Landschaft und ihrer Vergangenheit. Unter Flurnamen versteht man alle heute oder früher gebräuchlichen Eigennamen für nicht bewohnte Örtlichkeiten außerhalb von Siedlungen wie Äcker, Berge, Wälder, Gewässer und was mit ihnen zusammenhängt, Wege, Stege und Straßen, Natur- und Kulturdenkmäler und auch unbewohnte Anlagen von Wirtschaft und Industrie. Flurnamen, Landschafts- und Gewässernamen sind oft jahrhundertealte Zeugen menschlicher Beschäftigung mit der Natur. Das Gelände wird nicht einfach wahllos benannt. Die Gebirgsnamengebung lehrt uns, dass die Namengebung nur so weit reicht, als man das Land nutzen kann oder wo man hindurch will oder muss.

Einleitend gibt Erhard Richter einen Einblick in die Geschichte des Dorfes. Im Hauptteil werden die 284 Flurnamen mit ihren historischen Quellen in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt, ihre Bedeutung und Herkunft erklärt und auch sprachlich gedeutet. Neben den Erst- und Letzterwähnungen wurden nur die für die Deutung, Lokalisierung und sprachgeschichtliche Auswertung wichtigen Belege angeführt. Die Arbeit über die Flurnamen von Schallbach zeigt auch auf, dass alte Namen oft so verändert wurden, dass sie allein mit Hilfe der früheren Belege gedeutet werden können. Bei abgegangenen, heute nicht mehr bekannten Namen, ist dies dann auch nur mit Wörterbüchern der älteren Sprache möglich, wobei das Mittelhochdeutsche, das etwa von 1050 bis 1350 gesprochen wurde, am wichtigsten ist. Nicht immer können Flurnamen gedeutet werden, so zum Beispiel die Namen »Balauff«/»Balduf« (Nr. 18) und »Bittertal« (Nr. 28). Neben der Sprachgeschichte bietet die vorliegende Arbeit auch gezielte Einblicke in die Siedlungs-, Flur-, Rechts-, Orts-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Gemeinde Schallbach. In einem weiteren Kapitel wertet der Autor die Flurnamen nach der Laut- und Wortgeschichte aus. Namenforschung (Toponomastik) ist sprachwissenschaftliche Feinarbeit. Der Sinn dieser Mühen findet sich in einem Zitat von Martin Walser zusammengefasst. Er schreibt: »Wer glaubt, dass die Memoiren von Metternich wichtiger seien als das Flurnamenbuch von Schaffhausen, der hat einfach keine Ahnung, was menschliche Geschichte ist«.

Den größten Dank schuldet Erhard Richter seiner Frau Erika, die ihn in vielseitiger Weise beim Zustandekommen des Buches unterstützt hat (Fahrdienste, Korrekturlesen und Fotovorlagen), wie er in seinem Dankeswort schreibt. Die Arbeit verdient große Anerkennung wegen ihrer Bestandsaufnahme in einer sich rasch ändernden Flurnamenwelt; sie ist eine Dokumentation von bleibendem Wert sowohl für das Fachpublikum als auch für den interessierten Laien.

Elmar Vogt

4/2014
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