Rezensionen


 

Stefanie Schnurr / Gernot Kreutz: Die Kleindenkmale in Mühlenbach. Herausgeber: Gemeinde Mühlenbach.
2012, 179 S., zahlreiche Farbfotos, ISBN 978-3-9317-4136-5, 15 €

 

Nach einem Hochwasser des Jahres 1778 fand sich im Mühlenbacher Pfarrgarten ein Kleindenkmal ganz besonderer Art: Laut Inschrift handelte es sich um ein Weihegeschenk eines gewissen Cassianus an die römische Göttin Diana Abnoba, d. i. die Diana des Schwarzwaldes. Das 85 cm hohe Kultobjekt wird auf das Jahr 193 n. Chr. datiert. Es wurde dem großen gelehrten Abt Martin Gerbert von St. Blasien als Geschenk verehrt und ist heute in Freiburg im Colombi- Schlössle zu bewundern. Die Gemeinde Mühlenbach besorgte sich 2005 einen Original-Abguss.

Der staatlich anerkannte Erholungsort darf sich über 117 Kleindenkmale in der weitverzweigten Gemarkung glücklich schätzen. Die meisten davon sind religiöser Art - nicht mehr zu Ehren heidnischer Gottheiten, sondern dem dreifältigen Gott und den Lieblingsheiligen der gläubigen Bevölkerung gewidmet: Bildstöcke, Wegkreuze, Hausfiguren, Kleinkapellen, Lourdes-Grotten.
In jahrzehntelanger Arbeit hat sich die ehemalige Schulleiterin Stefanie Schnurr um die Bestandsaufnahme, Beschreibung und Erhaltung dieser wertvollen Kulturschätze verdient gemacht. Mit viel Liebe zum Detail ist sie ihrer Entstehungsgeschichte nachgegangen. Anhand zahlreicher Kirchenbucheinträge konnte sie viele Stifter identifizieren und Hintergründe der Entstehung erhellen. Ihre Arbeit konnte sie 2005 als Dokumentation im Rahmen des Projekts zur Erfassung der Kleindenkmale in Baden- Württemberg abschließen. Bei der Drucklegung des Mühlenbacher Denkmalbuches stand ihr Gernot Kreutz zu Seite. Dieser hat sich schon vor Jahren auf dem Gebiet der Erforschung der Kleindenkmale u. a. als Koautor in Offenburg [»Verborgen und vertraut«, 1994] und Schuttertal [»Wenn Steine reden«, 1988] der Öffentlichkeit vorgestellt. Bei der Erfassung aller Kleindenkmale im Ortenaukreis lag die Regie in seinen Händen.

Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Herausgekommen ist ein Buch das zunächst einmal zum Durchblättern und Betrachten einlädt. Wer die Inschriften liest, der kann sich über die enorme Fleißarbeit wundern, die bei der Entzifferung der altehrwürdigen Texte nötig war. Mancher Text mag in seiner einfach-kindlichen Sprache und eigener Orthographie an Marterln im Alpenraum erinnern. So vermeldet ein Bildstock Anno 1885: »Nicht weit von dieser Stelle ist NN ... plözlich am Schlag getroffen von der Laiter herunter gefallen u. schnell sein Leben gendet Gott sei seiner Seel gnädig. Vater unser«. - Und welcher Leser bleibt ungerührt bei der Nachricht eines 1961 gestifteten Wegkreuzes auf dem Flachenberg, gestiftet zum Dank für das Überleben der Stalingrader Kesselschlacht und siebenjähriger Kriegsgefangenschaft: «... Durch das Dunkel fremder Schuld kamen viele aus der Gefangenschaft zum Licht der Freiheit.« Das Buch kann einem Leserkreis weit über das Kinzigtal hinaus wärmstens empfohlen werden.

Werner Scheurer

4/2014
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