Nur wenige Monate nach dem Erscheinen der Flurnamen von Wintersweiler
liegt nun die Arbeit über die Flurnamen von Welmlingen vor.
Das spricht für die Vielseitigkeit und Vitalität des
Autors, Dr. Erhard Richter. Neben seiner Dissertation über „Die Flurnamen von
Wyhlen und Grenzach in ihrer sprachlichen, siedlungsgeschichtlichen
und volkskundlichen Bedeutung“ (1962) stammen auch die
Flurnamenarbeiten über Herten (1999), Inzlingen (2004) und
Wintersweiler (2008) aus seiner Feder.
Bücher gehören zu den großen Schätzen im
Leben. Sie können in eine andere Welt entführen, in
diesem Fall in die „Welt der Flurnamen“. Flurnamen
sind innerhalb der germanistischen Linguistik Gegenstand der
Namenforschung, haben meist nur eine geringe kommunikative Reichweite
und sind somit in der Regel nur innerhalb eines Dorfes bekannt
und dienen zur Identifizierung von Flurstücken.
Einleitend gibt Erhard Richter einen Einblick in die Geschichte
des Dorfes. Dieser Abriss reicht von der Ur- und Frühgeschichte über
das 6. Jahrhundert bis hin zur Gegenwart. Im Hauptteil werden
die Flurnamen mit ihren historischen Quellen in alphabetischer
Reihenfolge aufgeführt und auch sprachlich gedeutet. In
der vorliegenden Arbeit werden 296 Namen vorgestellt und interpretiert.
Insgesamt fanden sich rund 2000 Flurnamenbelege, die zum Teil
bis in das 14. und 15. Jahrhundert zurückreichen, die aber
selbstverständlich nicht alle in der Arbeit berücksichtigt
werden konnten. Neben den Erst- und Letzterwähnungen wurden
nur die für die Deutung, Lokalisierung und sprachgeschichtliche
Auswertung wichtigen Belege angeführt. Die Arbeit über
die Flurnamen von Welmlingen zeigt auch auf, dass alte Namen
oft so verändert wurden, dass sie allein mit Hilfe der früheren
Belege gedeutet werden können, „Krimel“ (Nr.
145), „Längersten“ (Nr. 157) und „Schmucken“ (Nr.
236).
Bei abgegangenen, heute nicht mehr bekannten Namen, ist dies
dann auch nur mit Wörterbüchern der älteren Sprache
möglich, wobei das Mittelhochdeutsche, das etwa von 1050
bis 1350 gesprochen wurde, am wichtigsten ist. Neben der Sprachgeschichte
bietet die vorliegende Arbeit auch gezielte Einblicke in die
Siedlungs-, Flur-, Rechts-, Orts-, Wirtschaft s- und Sozialgeschichte
der Gemeinde Welmlingen. In einem weiteren Kapitel wertet der
Autor die Flurnamen nach der Laut- und Wortgeschichte aus. Namenforschung
(Toponomastik) ist sprachwissenschaftliche Feinarbeit. Der Sinn
dieser Mühen findet sich in einem Zitat von Martin Walser
zusammengefasst. Er schreibt: „Wer glaubt, dass die Memoiren
von Metternich wichtiger seien als das Flurnamenbuch von Schaffhausen,
der hat einfach keine Ahnung, was menschliche Geschichte ist“.
Den größten Dank schuldet Erhard Richter seiner Frau
Erika, die ihn in vielseitiger Weise beim Zustandekommen des
Buches unterstützt hat (Fahrdienste, Korrekturlesen und
Fotovorlagen), wie er in seinem Dankeswort schreibt. In einem
bewundernswerten Kraftakt legt der Autor hier ein weiteres umfassendes,
vorzüglich ausgestattetes, mit einem Wort: mustergültiges
Buch zur Flurnamengeschichte vor – und das zu einer Zeit,
da andernorts vergleichbare geschichtliche Projekte kurzerhand
für entbehrlich erklärt werden. Die Arbeit verdient
große Anerkennung wegen ihrer Bestandsaufnahme in einer
sich rasch ändernden Flurnamenwelt; sie ist eine Dokumentation
von bleibendem Wert sowohl für das Fachpublikum als auch
für den interessierten Laien.
Elmar Vogt
|