»Das Buch … erschließt eine vergangene Welt
der stattlichen Hofgüter, der erfinderisch machenden Not
und Abhängigkeiten von Natur, Kirche und Politik «,
heißt es im Vorwort von Markus Eisen, der als Historiker
und Kenner der Region das Buch lektoriert hat. Geschichte und
Geschichten der Landwirtschaft im Hochschwarzwald im Wandel der
Zeit ist der Untertitel des Buches, in welchem Lebenserfahrung
und Heimatwissen eine schöne Verbindung eingehen.
Die vier Kapitelüberschriften sind: »Traditionelle
Höhenlandwirtschaft des mittleren Schwarzwaldes« (Kap.
I), »Höhenlandwirtschaft der Neuzeit nach 1800« (Kap.
III), »Zunehmender Strukturwandel in der Landwirtschaft
seit 1950« (Kap. IV) und als zweites Kapitel eingefügt – »Bräuche,
Feste, Rituale – Gemeinschaft sleben im Jahreslauf«.
Die Texte werden bereichert durch Fotos und Dokumente. Und durch
gedichtete Beiträge des Großonkels Richard Dorer.
Das alles macht das Buch sehr abwechslungsreich und zum großen
Lesevergnügen.
Schon das erste Foto (8.9.1883) mit der Herkunftsfamilie des
Autors (Engelbert und Katharina Dorer, acht Töchter und
drei Söhne) im Pfeifenhansenhof macht deutlich, wie viele
gelungene, aber auch tragische Lebensläufe unter den damaligen
Lebensumständen in den bäuerlichen Großfamilien
zu erwarten waren. Acht von zwölf Geschwistern des Pfiefhanseburs
sind damals ausgewandert. Schon der Großvater des Autors »hatte
Aufzeichnungen von früher gemacht« und habe noch Menschen
gekannt, die um 1795 geboren waren, schreibt Barbara Sester in
einem einfühlsamen Aufsatz über den Autor Bernhard
Dorer. So kann dieser auf über zweihundert Jahre mündlicher Überlieferung
zurückgreifen.
Er wohnt im Leibgedinghaus des Bernhardenhofes, im »Mederstal
in Furtwangen, angrenzend an den Ortsteil Linach«. Kalt
und rau ist es dort über mehrere Monate, die Landschaft
stark bewaldet und der Boden karg, die Wege in früheren
Zeiten waren beschwerlich. Von der Besiedlung dieses Gebietes
durch das Kloster St. Georgen im 12. Jahrhundert – mit
Zeiten von »Ödnis und Verfall« dazwischen – bis
zur Technisierung und Ökonomisierung der Landwirtschaft
heute spannt sich der Bogen dieser bäuerlichen Heimatgeschichte.
Vom Schwarzwälder Menschenschlag erfahren wir, vom Bauernhaustyp »Heidenhof «,
vom bäuerlichen Alltag bei der Arbeit und im Hof (so die
Heuernte mit dem anschließenden Heugaus-Essen, die Schlachtung
mit dem Brauch des Säcklestreckens). Wir lesen Berichte über
Höfe, die seit Jahrhunderten »in durchgehender Linie
bewirtschaft et werden«, aber auch die Geschichte über
den wirtschaftlichen Niedergang des Martinkapellenhofes auf der
Gemarkung Altsimonswald und die über den Königenhof
im Wagnerstal, der durch eine Schneelawine zerstört wurde
(»Ein Leichenzug mit 16 Särgen« ging zum Friedhof).
Ebenso werden Viehzucht und Aufforstung sowie die Landwirtschaft
in Kriegs- und Nachkriegszeiten, darunter die »Hamsterzeit «,
zum Thema. Spannender kann man bäuerliches Leben in einem
Sachbuch nicht darstellen.
Stefan Pflaum |