Rezensionen


 

Wälderleben. Ein Heimatbuch von Bernhard Dorer.
Geschichte und Geschichten der Landwirtschaft im Hochschwarzwald im Wandel der Zeit.
Badischer Landwirtschafts- Verlag GmbH, Freiburg im Breisgau. ISBN 978-3-9801818-91, € 15,50

»Das Buch … erschließt eine vergangene Welt der stattlichen Hofgüter, der erfinderisch machenden Not und Abhängigkeiten von Natur, Kirche und Politik «, heißt es im Vorwort von Markus Eisen, der als Historiker und Kenner der Region das Buch lektoriert hat. Geschichte und Geschichten der Landwirtschaft im Hochschwarzwald im Wandel der Zeit ist der Untertitel des Buches, in welchem Lebenserfahrung und Heimatwissen eine schöne Verbindung eingehen.

Die vier Kapitelüberschriften sind: »Traditionelle Höhenlandwirtschaft des mittleren Schwarzwaldes« (Kap. I), »Höhenlandwirtschaft der Neuzeit nach 1800« (Kap. III), »Zunehmender Strukturwandel in der Landwirtschaft seit 1950« (Kap. IV) und als zweites Kapitel eingefügt – »Bräuche, Feste, Rituale – Gemeinschaft sleben im Jahreslauf«. Die Texte werden bereichert durch Fotos und Dokumente. Und durch gedichtete Beiträge des Großonkels Richard Dorer. Das alles macht das Buch sehr abwechslungsreich und zum großen Lesevergnügen.

Schon das erste Foto (8.9.1883) mit der Herkunftsfamilie des Autors (Engelbert und Katharina Dorer, acht Töchter und drei Söhne) im Pfeifenhansenhof macht deutlich, wie viele gelungene, aber auch tragische Lebensläufe unter den damaligen Lebensumständen in den bäuerlichen Großfamilien zu erwarten waren. Acht von zwölf Geschwistern des Pfiefhanseburs sind damals ausgewandert. Schon der Großvater des Autors »hatte Aufzeichnungen von früher gemacht« und habe noch Menschen gekannt, die um 1795 geboren waren, schreibt Barbara Sester in einem einfühlsamen Aufsatz über den Autor Bernhard Dorer. So kann dieser auf über zweihundert Jahre mündlicher Überlieferung zurückgreifen.

Er wohnt im Leibgedinghaus des Bernhardenhofes, im »Mederstal in Furtwangen, angrenzend an den Ortsteil Linach«. Kalt und rau ist es dort über mehrere Monate, die Landschaft stark bewaldet und der Boden karg, die Wege in früheren Zeiten waren beschwerlich. Von der Besiedlung dieses Gebietes durch das Kloster St. Georgen im 12. Jahrhundert – mit Zeiten von »Ödnis und Verfall« dazwischen – bis zur Technisierung und Ökonomisierung der Landwirtschaft heute spannt sich der Bogen dieser bäuerlichen Heimatgeschichte. Vom Schwarzwälder Menschenschlag erfahren wir, vom Bauernhaustyp »Heidenhof «, vom bäuerlichen Alltag bei der Arbeit und im Hof (so die Heuernte mit dem anschließenden Heugaus-Essen, die Schlachtung mit dem Brauch des Säcklestreckens). Wir lesen Berichte über Höfe, die seit Jahrhunderten »in durchgehender Linie bewirtschaft et werden«, aber auch die Geschichte über den wirtschaftlichen Niedergang des Martinkapellenhofes auf der Gemarkung Altsimonswald und die über den Königenhof im Wagnerstal, der durch eine Schneelawine zerstört wurde (»Ein Leichenzug mit 16 Särgen« ging zum Friedhof). Ebenso werden Viehzucht und Aufforstung sowie die Landwirtschaft in Kriegs- und Nachkriegszeiten, darunter die »Hamsterzeit «, zum Thema. Spannender kann man bäuerliches Leben in einem Sachbuch nicht darstellen.

Stefan Pflaum

4/2012
Startseite Landeskunde online | Startseite Badische Heimat | Rezensionen | Service | Aktuelles | zur ZUM | © Badische Heimat 2013