Rezensionen


Speck, Dieter Kleine Geschichte Vorderösterreichs.
Karlsruhe: G. Braun Buchverlag 2010 (Regionalgeschichte - fundiert und kompakt). 256 S., 48 Abb., 5 Stammtafeln. ISBN 978-3-7650-8554-3 € 19,90

Wer als Bücherfreund in den Weiten Deutschlands auf einen Titel stößt »Vorderösterreich« fragt sich möglicherweise Was ist das? Und antwortet: Kenn ich nicht! Kennt er vielleicht doch nur den heutigen westlichen Zipfel des damaligen Vorderösterreichs das »Vorarlberg« vom Durchfahren zum Wintersport? Der Badener dagegen, auch wenn er aus Nordbaden stammt, hat meist schon von den österreichischen Sprengeln im Süden seines Landes gehört.

Vielleicht hat er sogar den einen oder anderen Ahnen z. B. im vorderösterreichischen Rickenbach im Hotzenwald und hat gehört welche Schwierigkeiten dieser hatte als er im badischen Nachbarort Gers- bach seine Braut in dem anderen Herrschaftsgebiet heiraten wollte, dazu noch wenn er von der katholischen Gemeinde in die rein evangelische kam.

Ja man sieht schon, es war eine turbulente Zeit auf einer zerrissenen Landkarte mit diesen versprengten österreichischen Besitzungen, über die sich heute kaum jemand mehr ein Bild machen kann. Da ist es das Verdienst des Autors Dieter Speck, selbst Nordbadener, dass er heute den Versuch unternimmt, aus seiner »vorderösterreichischen« Wahlheimat als Universitätsarchivar in Freiburg den Akten und der Landkarte nah, eine geschlossene Darstellung als kleine Geschichte vorzulegen.

Alles begann vor etwa 1000 Jahren mit den frühen Besitzungen der Habsburger, der Habsburg im heute schweizerischen Kanton Aargau und der Klosteranlage Ottmarsheim im französischen Eisass, und führte schließlich durch Kauf, Verkauf, Erbschaft und Heiratspolitik zu dem, was im 17. Jahrhundert dann den Begriff »Vorderösterreich« bekam, dann aber bald nach der französischen Revolution und Napoleonszeit mit dem Frieden zu Pressburg endete und in Baden, Aargau und Eisass aufging. Die historische Bedeutung liegt wohl darin, dass die Südhälfte Baden-Württembergs seine katholische Prägung erhalten hat und uns viele architektonische Zeugnisse in Residenzen, Kirchen und Klosteranlagen hinterlassen hat.

Der Chronologie folgend listet der Autor in einer wahren Sisyphusarbeit all die Ereignisse der einzelnen Herrschaftsresidenzen auf 238 Seiten und 5 doppelseitigen Stammtafeln auf, begleitet von ca. 50 Abbildungen und 3 Karten, wobei man gerne noch eine vierte Karte gesehen hätte, aus der Endzeit in größerem Maßstab mit eingetragenen Ortsnamen. Der schnelle Leser jedoch, der nicht so sehr an der Darstellung aller geschichtlichen Einzelherrschaften interessiert ist, verliert ein wenig den Überblick. Er kann sich zwar mit der zehnseitigen Zeittafel begnügen, hätte aber gerne einen textlichen Bogen über die Zeit gespannt vorgefunden von den frühen Habsburger Besitzungen, über die Formierung der vorderen Lande bis hin zur Provinz Vorderösterreich, ja bis schließlich hin zur Aufgabe aller Illusionen 1805 mit der Entstehung des Großherzogtums Baden. So wie für diese österreichischen Vorlande die Kleinteiligkeit charakteristisch ist, so folgt spiegelbildlich auch der Text. Vielleicht hätte daher der besseren Übersicht halber ein ausführliches Register geholfen, auch mit allen Orts- und Personennamen, ein wahres Desiderat!

Aber diese kritischen Punkte sollen nicht das Verdienst des Autoren schmälern, und sein Buch wird si-
eher in vielen Häusern des Dreiländerecks zu finden sein ebenso in den meisten Bibliotheken.

Dr.-Ing. Rolf Fuhlrott

3/2011
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