Die deutsche Geschichte ist nicht sonderlich reich an Freiheitsbewegungen
von unten. Der Bauernkrieg muss deshalb meist als Modellfall
zum Nachweis der politischen Grundspannung zwischen »Volk
und Fürsten« genügen. Nun gibt es aber im deutschen
Südwesten, konkret im Hotzenwald, einen weiteres Beispiel
für den Konflikt zwischen Herren und Untertanen, der außerordentlich
nachhaltig verlief: Die Salpetererunruhen. Die Erinnerung daran
ist vielleicht etwas verblasst, nachdem man sich im Kontext mit
dem Gedenken an die 1848er Revolution vor einem Dutzend Jahren
intensiver mit den Salpeterern befasst hatte. Es ist dem Sehillinger
Verlag zu danken, dass nun mit der beträchtlich erweiterten
und mit festem Einband versehenen Neuauflage des Buches von Joachim
Rumpf diese bedeutende bäuerliche Widerstandsbewegung wieder
zu Bewusstsein gemacht wird. Es handelt sich um die grundlegende
Darstellung der Ereignisse und Zusammenhänge der Salpetererunruhen
im 18. und 19. Jahrhundert, fundiert und mit zahlreichen Quellenauszügen
konkretisiert, lebendig erzählt und zugleich sorgfältig
abwägend im Urteil. Die in früheren Auflagen des Buches
enthaltenen Bilder sind entfallen; dafür ist die Karte der
Einungen (S. 41) farbig wiedergegeben.
Die Bedeutung der von Joachim Rumpf mit unerhörter Kennerschaft
dargestellten Vorgänge im Hotzenwald liegt zunächst
darin, dass hier die besonderen Rechtsverhältnisse in der
Region deutlich gemacht sind. Sodann werden die einzelnen Phasen
der Konfliktgeschichte in überaus transparenter Weise vergegenwärtigt.
Dabei werden auch die Vorgänge der Salpeterer-Proteste im
19. Jahrhundert angemessen berücksichtigt, während
sie sonst meist ausgeklammert bleiben. Schließlich kann
am Beispiel der Salpetererunruhen hier sehr genau verfolgt werden,
welche Kräfte und Ideen, Argumente und Widersprüche
einen Konflikt prägen können, der sich zwischen der
Herrschaftsgewalt der Obrigkeit und dem Freiheitsdenken der Bevölkerung
ergeben hat und sich jederzeit noch heute ergeben kann. Dabei
hatte sich in der Grafschaft Hauenstein eine eindrucksvolle Balance
zwischen den verschiedenen Machtebenen der vorderösterreichischen
Regierung sowie der Abtei St. Blasien einerseits und den Selbstverwaltungskompetenzen
der Einungen im Hotzenwald auf der ändern Seite entwickelt.
Dass und wie diese Balance mit Gewalt zerschlagen wurde, hat
Wunden hinterlassen, vermochte indes das Selbstbewusstsein der
Hotzenwälder nicht auszulöschen.
Wolfgang Hug
|