Die neue Literatur zu diesem Ereignis ist in den letzten Jahren
sehr umfangreich geworden, und der Verfasser führt sie im
Verzeichnis an. Dennoch ist auch dieses weitere Buch wichtig,
nicht nur weil die Reihe der »Kleinen Geschichten« des
Braun Buchverlags für ein breiteres Publikum sinnvoll erweitert
wird, sondern weil F. Engehausen zwei notwendige Aspekte setzt.
Zum einen korrigiert er einen falschen badischen Lokalpatriotismus
und betitelt sein Buch darum als »Badische Revolution«,
denn sie ist nur eine von mehreren Aufbrüchen. Natürlich
zeichneten sich hier spektakuläre Szenen ab; anders als
in anderen Staaten rebellierte das Militär und außerbadische
Truppen besetzten das Land. Aber bei all dem darf man nicht das
Gesamtgefüge in Deutschland und Europa übersehen und
sich nicht zu speziell auf einen Staat beziehen.
So kritisierte er nicht nur dieses zu Recht bei den verschiedenen
Revolutionsjubiläen, sondern auch das einseitige Hervorheben
des Radikalismus, z.B. in der Landesausstellung 1998 im Badischen
Landesmuseum in Karlsruhe. »Eine erstaunlich unkritische
Darstellung der badischen Radikalen mutete wie ein Wiederaufleben
der revolutionären Heldenverehrung durch verfolgte Sozialdemokraten
im Kaiserreich an.« (S. 207)
Aufstände wie der Heckerputsch, politisch wie militärisch
orientierungslos, zwangen die gemäßig
ten Linken zu einer Zweifrontenkritik gegen Fürstenreaktion
wie Radikale. »Außerdem beschädigte der frühzeitige
Aufstand in Baden die Plausibilität des Reformkonzepts und
nährte die skeptische Auffassung, dass die neuen Freiheiten
fast automatisch missbraucht würden ...« So klagte
Robert Blum, der Führer der sächsischen Demokraten,
die »wahnsinnige Erhebung« Heckers und Struves haben
das Volk »mitten im Siegeslauf aufgehalten«. (S.
89)
Wer sich an die Häufung von Veranstaltungen in Baden 1998
erinnert, kann Engehausens Kritik an solchen Einseitigkeiten
in der Wertung der Radikalen nur bestätigen. Aber den Zug
der Aufständischen zu beschreiben, reizt Schriftsteller
und Journalisten mehr, einen Hecker-Hut zu filmen, das Hecker-Lied
zu singen ist telegener als die Verfassungsarbeit der badischen
Liberalen in der Paulskirche. Sicher war auch zu seiner Zeit
Hecker populär, aber man zweifelte bald an seinem Realitätssinn
für die Möglichkeiten einer demokratischen Entwicklung.
Engehausen betont darum bewusst die Arbeit an Verfassungen und
Gesetzen in diesen bewegten Jahren, und trotz der Reaktion seit
1850 ist davon für die demokratischen Entwicklung deutlich
mehr tradiert worden. Hecker entzog sich dagegen dem und schrieb
verbittert in einem Abschiedsbrief vor der Abreise in die USA »der
Weltgeist ... wendet den Blick ab von der verächtlichen
Rasse.« (S. 90)
Engehausen verzichtet auf eine Gesamtwürdigung, die ja
weit über Baden hinausreichen müsste, führt dagegen
in einem Kapitel eine Bilanz auf, welche Probleme der Landtag
in der Reaktionsära nicht aufgriff, und geht auf die radikalen
und liberalen Rechtfertigungsschriften ein wie auf die Revolutionserinnerungen
im 19. und 20. Jahrhundert, einige aufschlussreiche Abschnitte
des ansprechend illustrierten Buches.
Der Stil dieser faktenreichen Darstellung ist sachlich bis zur
Trockenheit, denn ab und zu hätte eine biographische Bemerkung
die Lektüre beleben können. Aber dafür wird dem
Leser eine realistische Sicht angeboten, die wissenschaftliche
Zuverlässigkeit verspricht, und sie ist für dieses
häufig genug parteiisch behandelte Thema wichtig.
Leonhard Müller
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