Rezensionen


 

Alexander Jordan, Winfried Mönch, Guntram Schulze- Wegener: Namen – Bilder – Schatten. Treibgut der Wilhelminischen Marine bis 1918 in Baden und Württemberg.
Begleitband zur Sonderausstellung im Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt, Rastatt 2012, 144 S., ISBN 978-3-9810460-7-6, 14,90 €

Nach der Reichsgründung von 1871 bestand die deutsche Flotte im wesentlichen aus einigen preußischen Einheiten, vorwiegend in der Küstensicherung eingesetzt. Langsam erst lief eine Marineplanung an, von Kaiser Wilhelm I. wie von Bismarck nur zögerlich gefördert. Dies änderte sich in den achtziger Jahren, denn jetzt erforderte der Erwerb von Kolonien Präsenz auf den Meeren. Dieser Umstand traf zusammen mit den machtpolitischen Vorstellungen des geltungssüchtigen jungen Kaisers Wilhelm II.

Eine patriotische Propaganda lief an: Seefahrt tut not! Und schon begann der rasche Aufbau einer gewaltigen Kriegsflotte, die an Stärke nur von England übertroffen werden sollte.

Das Hauptgewicht dieser Entwicklung lag naturgemäß in den norddeutschen Hafenstädten. Die Flottenbegeisterung schlug jedoch Wellen bis nach Süddeutschland, dabei sollten Schiffsnamen Verbindung schaff en zu Orten und Personen: Baden, Karlsruhe, Markgraf, Schwaben, Württemberg, Zähringen. Die Flottenvereine organisierten auch hierzulande Werbeveranstaltungen, in den Städten wurden die Jungen in Matrosenanzügle gekleidet. Gleichwohl blieb die Anzahl von Badenern und Württembergern, die auf Kriegsschiff en dienen wollten, recht begrenzt.

Um so verdienstlicher ist es, dass die neu eröffnete Ausstellung im Rastatter Wehrgeschichtlichen Museum eine beträchtliche Anzahl von marinebezogenen Erinnerungsstücken zusammentragen konnte: Maßstabgerechte Schiffsmodelle, strategische Schlachtenpläne, dokumentarische Abbildungen und Fotografien von Kriegsschiff en aller Art, persönliche Porträts von Seeleuten, historische Schrift stücke, alte Ansichtskarten, Propagandaplakate, Uniformen, Ausrüstungsstücke sowie Reservistenkrüge.

Dabei hat man stets die Kontakte zu unserer Region herausgearbeitet, bekannte Namen tauchen immer wieder auf. Die sachkundige Schau versteht es, hineinzuführen in die selbstzufriedene Atmosphäre jenes erstarkenden Kaiserreiches, das seinen Untergang noch nicht ahnt.

Der ansprechend aufgemachte Katalog wird ergänzt durch drei militärwissenschaftliche Beiträge.

Vorweg schildert Guntram Schulze-Wegener die bewegte Geschichte der Kaiserlichen Marine von 1871 bis 1919. Im zweiten Aufsatz erörtert Alexander Jordan das abgestimmte Zusammenspiel von Flotte, Kolonien und Marineinfanterie. Im dritten Beitrag liest Winfried Mönch den Bericht eines Kapitänleutnants, der 1916 an der Seeschlacht vor dem Skagerrak teil nehmen musste. Den Abschluss bildet eine ansehnliche Auswahlbibliographie zur Marinegeschichte.

So entführt uns dieses lehrreiche Katalogwerk in ein zwar entlegenes, dafür um so fesselnderes Sachgebiet.

Reiner Haehling von Lanzenauer

4/2012
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