Rezensionen


 

Andreas Weiß und Christian Ruch, Die Küssaburg.
Hg. v. Küssaburg-Bund e. V., 2009. 88 Seiten mit zahlreichen teils farbigen Abbildungen, broschiert. Zu beziehen über das Bürgermeisteramt Küssaberg, Gemeindezentrum 1, 79790 Küssaberg, Tel.: 0 77 41/60 01-20. € 9,–, mit Faltblatt Kurzinformation € 10,–

1499 im Schwabenkrieg kapitulierte die Besatzung der Küssaburg vor den Eidgenossen, die ihre Eroberung nach dem Frieden von Basel aber wieder an Graf Rudolf von Sulz zurück gaben. 26 Jahre später kam Rudolf erneut in Bedrängnis, als aufgebrachte Bauern die Burg belagerten und Teile der Vorburg zerstörten.

Nachdem er den Bauernaufstand grausam niedergekämpft hatte, baute er die Burg nach neuen Erkenntnissen aus: Die Vorburg wich einem freien Schussfeld, massive halbrunde Türme mit Schießscharten für schweres Geschütz entstanden. Das Ende dieser Festungsanlage kam rund hundert Jahre später im Dreißigjährigen Krieg: In panikartiger Reaktion auf die Falschmeldung, die Schweden seien im Anmarsch, steckte die kaiserliche Besatzung alles an, was brennen konnte. Die Burg wurde danach nicht wieder in Stand gesetzt. Christian Ruch, der die Geschichte der Küssaburg von den Anfängen im 12. Jahrhundert bis zu ihrer Zerstörung 1634 erforscht und übersichtlich dargestellt hat, überschreibt das letzte Kapitel: »Ein unrühmliches Ende«. Sein Beitrag ist Bestandteil einer Publikation des Küssaburg- Bundes zu dessen 75-jährigem Bestehen.

Andreas Weiß erforschte die Geschichte dieser 1934 gegründeten Vereinigung, die »Schutz und Erhaltung der Burgruine Küssaburg« zum Ziel hatte und hat. Ausführlich behandelt er, wie die NSDAP die weithin sichtbare imposante Ruine, die seit dem 19. Jahrhundert mit seiner Burgenromantik ein Besuchermagnet war, für Aufmärsche von Parteiformationen und Kundgebungen nutzte, was er auch im Bild belegt. Auch die Theateraufführungen unter freiem Himmel dienten Propagandazwecken. Zielgruppe waren nicht nur die Menschen im Klettgau und den umgebenden deutschen Landstrichen, sondern auch in der Schweiz. Es galt, »den Stammesbrüdern im Nachbarland« zu zeigen, »dass der Rhein keine Grenze für das deutsche Volkstum bildet«. Ob das Festspiel »Die elf Schill’schen Offiziere«, die Geschichte preußischer Helden aus der Napoleonzeit, dazu geeignet war, sei dahingestellt; besser passten jedenfalls »Kaisergericht auf der Küssaburg«, die »Salpeterer« oder »Teufel von Wanzenau«. Während des Dritten Reichs wurde die Straße zur Ruine ausgebaut und eine Jugendherberge am Berghang errichtet.

Ausführlich dokumentiert der Autor auch das Schicksal der Ruine, des Küssaburg-Bundes beziehungsweise seiner Akteure und seines Vermögens während der Besatzungszeit bis zur Neugründung 1956 durch Landrat Wilfried Schäfer. Unter Schäfers Nachfolger im Vorsitz des Bundes, Franz Schmidt, Altbürgermeister von Tiengen und Verfasser einer Geschichte des Klettgaus, ging das Eigentum an der Ruine durch Kauf vom Land Baden- Württemberg an den Landkreis Waldshut über. Die Küssaburg wurde zum Wahrzeichen des Landkreises. Nach wie vor zieht sie Besucher an; immer noch bietet sie eine prachtvolle Kulisse für Großveranstaltungen. Die Fischer-Chöre waren schon da und Hansi Vogt auf Sonntagstour. Eine beständige Herausforderung für den Landkreis als Eigentümer und den Küssaburg-Bund ist die bauliche Erhaltung der Ruine.

Die beiden Autoren des Büchleins sind studierte Historiker und mit der Gegend verwachsen. Ihr Werk erfüllt die Kriterien eines regionalgeschichtlichen Sachbuchs; eine wissenschaftliche Ausgabe mit Anmerkungsapparat und Literaturliste ist im Gemeindezentrum von Küssaberg hinterlegt. Es darf sich aber auch Burgführer nennen dank der Erklärung der Bauelemente der Burg- und Festungsanlage im Rahmen eines Rundgangs, einer großmaßstäblichen Faltkarte zum Ausklappen und der Beschreibung verschiedener Wanderwege auf den heiligen Berg des Klettgaus. Andreas Weiß und Christian Ruch haben dazu beigetragen, dass sich das Verhältnis von Wissen und Legenden über die Küssaburg zu Gunsten des Ersteren verschiebt.

Renate Liessem-Breinlinger

4/2012
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