Rezensionen


Gert Füger: Signalbäume. Gedichte vom Ankommen.
G. Braun Buchverlag, 2010 112 Seiten, 10 Euro
ISBN 978-3-7650-8570-3

In seinen Gedichten geht es dem Autor darum, wie die Wirklichkeit »verständliche und lebendige Heimat werden kann«, wie »Übereinstimmung mit Gott gelingt«, »wie glückendes Leben möglich wird«. Mit der unter die Trias der Begriffe »Heimat, Glück, Gott« gefassten Option lädt sich der Autor allerdings eine unabgeforderte Hypothek auf, die schwierig poetisch abzutragen ist. L’aspira- tion au bonheur trouve son assouvissement dans la poesie«. Poesie aber hat alles, was sie sich als Sujet vornimmt, in Bild, Präsenz, Gegenwart umzusetzen. Das »wunderbare Zeichen« braucht zwar einen, »der es sieht und beim Namen nennt«, aber in »Kraft gesetzt wird es erst durch Poesie.« »Zugang zu einer Wirklichkeit, deren Wesentliches einem Gedicht im Glücksfall einfach aufgehen kann«, ist wohl nach gegenwärtigem Verständnis ein Zugang zur Wirklichkeit des »lässigen Einfachseins« (casual sim- plicity), wie das Emily Dickinson nannte. »Poesie des Allernächsten« wie sie Enzensberger bei W. C. Williams feststellte. Oder einfach »profane Epiphanien«. Nach dem gegenwärtigen Bewusstsein können »Augenblicke der Gewissheit« (Bedrohung) nur in alltäglichen Situationen poetisch gewissermaßen »aufscheinen«.

Füger dagegen versteht unter Wirklichkeit exklusiv und zeitenthoben das Unverlierbare, ja Ewigkeit (>Teilstrecken<), das Sein, (>Anemone<), das Absolute (>Deutungshoheit<), »Feier des Großen und Ganzen« (>Andachtsläuten<). Die poetische Arbeit wird deshalb als »Zugang zum Sein« verstanden (>Wieso Gedichte vom Ankommen?<). Der Autor glaubt, in Rainer Malkowski (1939-2003) einen Gleichgesinnten gefunden zu haben, der das »sinnlich Wahrgenommen« in den »wenn auch wortlosen Ansatz von Gedanken münden« lasse (»Kaum zu unterscheiden, ob das genaue Sehen noch Sehen oder schon ein Gedanke ist« (R. Malkowski).

Die Schwierigkeit, den »Einsatz«, das Versprechen des Gedichts poetisch zu realisieren, versucht der Autor zu lösen, indem er auffordert, das, was Gedichte versprechen, »im Leben einzulösen« ^Unbefugtes Versprechern).

Die Intention des Autors wird im Untertitel genau angegeben: »Gedichte vom Ankommen«. Ankommen will er mit den Gedichten in einer wesentlichen Wirklichkeit, die mit den Begriffen Heimat - Glück - Gott umschrieben wird. Diese Wirklichkeitsauffassung weiß sich ontologisch und moralisch im Rechten aufgehoben. Wirklichkeit ist, »wenn ist, was sein soll« (>Weihnachten<). Den Gegenpol
bilden Fremdheit und Unzugehörigkeit (>Bedro- hung<). Glück, Schönheit und Gott stehen für den Autor in notwendiger Wechselbeziehung. Diese Wechselbezüge nennt der Autor auch »Wirklichkeit ihrer Bezüge« (>Zugänge<). Das Grundgefühl, das aller Wirklichkeit zugrunde liegt, Wirklichkeit überhaupt erst möglich macht, ist für Füger das »Streben nach Glück« und erstaunlicherweise die »Verpflichtung zu Glück«. Denn »Glück ist Dankbarkeit fürs Dasein« (>Wieso Gedichte vom Ankommen?<).

Heute vorherrschender »Undank« zeigt nur die »Dürftigkeit« (>Restsicherheit<) der Menschen, die dem Anspruch der Wirklichkeit im Sinne des Autors nicht gewachsen sind. Der Dürftigkeit entsprechen dann nach der Beurteilung des Autors auch »die vorsätzliche Unverständlichkeit und Unverbindlichkeit kurioser Assoziationen« gegenwärtiger Lyrik. Diesen Poeten entzieht sich das Absolute wegen ihrer »verarmten Gewöhnung« (»Flüchtige Offenbarung<) und ihrem »Mitwerkeln« (>Koope- ration<). »Wo keiner den Plan kennt, kann jeder mitwerkeln und mitbestimmen wie alle«. So wie das Glück zum Dasein gehört, so auch das Schöne zu Gott: »Wo Schönes aufs neue entsteht, feiert Gott Auferstehung« (>Weihnachten<). Aber: »Nur Glück wird belohnt mit Offenbarung« und nur »Glück erhält Anteil am Glanz und an den Farben der Welt«. (>Restsicherheit<).

Der Leser wird dem zustimmen müssen, was Josef Pieper so beschrieben hat: »Alles, was in diesem Buche gesagt worden ist, beruht auf dem Glauben, dass es mit der Welt im Letzten stimmt, dass alles Geschaffene gottgeliebt ist« und »dass Glück etwas ganz und gar Göttliches ist« (Glück und Kontemplation, 1957).

Heinrich Hauß

1/2011
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