In seinen Gedichten geht es dem Autor darum, wie die Wirklichkeit »verständliche
und lebendige Heimat werden kann«, wie »Übereinstimmung
mit Gott gelingt«, »wie glückendes Leben möglich
wird«. Mit der unter die Trias der Begriffe »Heimat,
Glück, Gott« gefassten Option lädt sich der Autor
allerdings eine unabgeforderte Hypothek auf, die schwierig poetisch
abzutragen ist. L’aspira- tion au bonheur trouve son assouvissement
dans la poesie«. Poesie aber hat alles, was sie sich als
Sujet vornimmt, in Bild, Präsenz, Gegenwart umzusetzen.
Das »wunderbare Zeichen« braucht zwar einen, »der
es sieht und beim Namen nennt«, aber in »Kraft gesetzt
wird es erst durch Poesie.« »Zugang zu einer Wirklichkeit,
deren Wesentliches einem Gedicht im Glücksfall einfach aufgehen
kann«, ist wohl nach gegenwärtigem Verständnis
ein Zugang zur Wirklichkeit des »lässigen Einfachseins« (casual
sim- plicity), wie das Emily Dickinson nannte. »Poesie
des Allernächsten« wie sie Enzensberger bei W. C.
Williams feststellte. Oder einfach »profane Epiphanien«.
Nach dem gegenwärtigen Bewusstsein können »Augenblicke
der Gewissheit« (Bedrohung) nur in alltäglichen Situationen
poetisch gewissermaßen »aufscheinen«.
Füger dagegen versteht unter Wirklichkeit exklusiv und
zeitenthoben das Unverlierbare, ja Ewigkeit (>Teilstrecken<),
das Sein, (>Anemone<), das Absolute (>Deutungshoheit<), »Feier
des Großen und Ganzen« (>Andachtsläuten<).
Die poetische Arbeit wird deshalb als »Zugang zum Sein« verstanden
(>Wieso Gedichte vom Ankommen?<). Der Autor glaubt, in
Rainer Malkowski (1939-2003) einen Gleichgesinnten gefunden zu
haben, der das »sinnlich Wahrgenommen« in den »wenn
auch wortlosen Ansatz von Gedanken münden« lasse (»Kaum
zu unterscheiden, ob das genaue Sehen noch Sehen oder schon ein
Gedanke ist« (R. Malkowski).
Die Schwierigkeit, den »Einsatz«, das Versprechen
des Gedichts poetisch zu realisieren, versucht der Autor zu lösen,
indem er auffordert, das, was Gedichte versprechen, »im
Leben einzulösen« ^Unbefugtes Versprechern).
Die Intention des Autors wird im Untertitel genau angegeben: »Gedichte
vom Ankommen«. Ankommen will er mit den Gedichten in einer
wesentlichen Wirklichkeit, die mit den Begriffen Heimat - Glück
- Gott umschrieben wird. Diese Wirklichkeitsauffassung weiß sich
ontologisch und moralisch im Rechten aufgehoben. Wirklichkeit
ist, »wenn ist, was sein soll« (>Weihnachten<).
Den Gegenpol
bilden Fremdheit und Unzugehörigkeit (>Bedro- hung<).
Glück, Schönheit und Gott stehen für den Autor
in notwendiger Wechselbeziehung. Diese Wechselbezüge nennt
der Autor auch »Wirklichkeit ihrer Bezüge« (>Zugänge<).
Das Grundgefühl, das aller Wirklichkeit zugrunde liegt,
Wirklichkeit überhaupt erst möglich macht, ist für
Füger das »Streben nach Glück« und erstaunlicherweise
die »Verpflichtung zu Glück«. Denn »Glück
ist Dankbarkeit fürs Dasein« (>Wieso Gedichte vom
Ankommen?<).
Heute vorherrschender »Undank« zeigt nur die »Dürftigkeit« (>Restsicherheit<)
der Menschen, die dem Anspruch der Wirklichkeit im Sinne des
Autors nicht gewachsen sind. Der Dürftigkeit entsprechen
dann nach der Beurteilung des Autors auch »die vorsätzliche
Unverständlichkeit und Unverbindlichkeit kurioser Assoziationen« gegenwärtiger
Lyrik. Diesen Poeten entzieht sich das Absolute wegen ihrer »verarmten
Gewöhnung« (»Flüchtige Offenbarung<)
und ihrem »Mitwerkeln« (>Koope- ration<). »Wo
keiner den Plan kennt, kann jeder mitwerkeln und mitbestimmen
wie alle«. So wie das Glück zum Dasein gehört,
so auch das Schöne zu Gott: »Wo Schönes aufs
neue entsteht, feiert Gott Auferstehung« (>Weihnachten<).
Aber: »Nur Glück wird belohnt mit Offenbarung« und
nur »Glück erhält Anteil am Glanz und an den
Farben der Welt«. (>Restsicherheit<).
Der Leser wird dem zustimmen müssen, was Josef Pieper so
beschrieben hat: »Alles, was in diesem Buche gesagt worden
ist, beruht auf dem Glauben, dass es mit der Welt im Letzten
stimmt, dass alles Geschaffene gottgeliebt ist« und »dass
Glück etwas ganz und gar Göttliches ist« (Glück
und Kontemplation, 1957).
Heinrich Hauß |