Wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag stellte der weit über
die Grenzen Südbadens hinaus bekannte Clemens Fabrizio im
Forum der Sparkasse Schopfheim seine Autobiografie »Zwischen
zwei Stühlen« vor, in der er seine bewegte Lebensgeschichte
schildert. Das Buch sei »ein äußerst lesenswertes
Zeitdokument«, meinte Professor Gerold Blümle bei
der Buchpräsentation. Die Ereignisse im Leben des leidenschaftlichen
(Briefmarken-)Sammlers und Buchautors gäben Stoff für
mehrere Romane ab.
Um seine »Memoiren« zu verfassen, lernte er sogar
noch am Computer zu arbeiten. Vier Jahre lang hat er an dem Buch
geschrieben, das 97 Fotografien enthält. In seiner Laudatio
hob Blümle die Bedeutung der Gedächtniskultur hervor.
Es sei wichtig, dass die immer älter werdenden Zeitzeugen
von den wechselvollen Ereignissen des 20. Jahrhunderts erzählen
und dadurch die Erinnerungen bewahren. Die Sammlerleidenschaft
und das gute Gedächtnis rückten die Ausführungen
des Autors in die Nähe eines Tagebuchs.
Da wird die Geschichte einer italienischen Einwandererfamilie
im damals deutschen Mülhausen geschildert, aber auch das
Leben in der Heimat der Großeltern väterlicherseits
in einem kleinen Dorf in den Abruzzen. Dieses Dorfleben in Montenero
bildet einen Kontrast zum Stadtleben in Mülhausen, wo Fabrizios
Vorfahren mit dem Verkauf von Erdnüssen und Maroni begannen
und einen Obst- und Gemüsehandel betrieben. Fabrizios abenteuerlustiger
Vater stieg dann ins Kinogeschäft ein, mit Kinos in Colmar,
Straßburg und Paris. Die Familie führte ein sorgloses
Leben mit Chauffeur, Kindermädchen und Hausmusik, das sich
aber in der Weltwirtschaftskrise 1929 gewaltig änderte.
Nach einer Zeit bei den Großeltern im Abruzzendorf landete
die Familie 1931 in Lörrach. Neben der Schule verdiente
sich der kleine Clemens mit Erdnussverkauf etwas dazu und erlebte
schon damals allerhand Abenteuer, die einen an »Huckleberry
Finn« erinnerten.
Diese Lörracher Zeit, der aufkommende
Nationalsozialismus, die Schwierigkeiten, in einer Zeit hoher
Arbeitslosigkeit eine Lehrstelle und Arbeit zu finden, wird anschaulich
dargestellt. Breiten Raum nehmen Fabrizios Soldaten-, Militär-
und Kriegserlebnisse, Eindrücke aus der Gefangenschaft und
bei der Flucht in die Heimat ein. »Das könnte Gegenstand
eines mehrteiligen Films werden«, meinte Blümle. Auch
die Jahre als Handelsvertreter, der Einsatz des begeisterten
Leichtathleten beim Wiederaufbau des Sports, seine Sammelleidenschaft,
die zahlreichen Ausstellungen und Ehrungen sind Gegenstand dieser
Biografie. Das Buch sei »das Dokument eines Lebens im Dreiländereck« und
gleichermaßen interessant für die ältere wie
jüngere Generation.
Mit zahlreichen Briefmarkenausstellungen hat sich der Autor auch
um die Philatelie verdient gemacht. Erst vor wenigen Wochen wurde
er für seine mehr als 40-jährigeMitgliedschaft im Landesverband
südwestdeutscher Briefmarkensammlervereine e. V. geehrt.
Roswitha Frey
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