Rezensionen


Clemens Fabrizio: Zwischen zwei Stühlen
Uehlin-Verlag, Schopfheim. ISBN 978-3-932738-51-7 € 13,90

 

Wenige Tage vor seinem 90. Geburtstag stellte der weit über die Grenzen Südbadens hinaus bekannte Clemens Fabrizio im Forum der Sparkasse Schopfheim seine Autobiografie »Zwischen zwei Stühlen« vor, in der er seine bewegte Lebensgeschichte schildert. Das Buch sei »ein äußerst lesenswertes Zeitdokument«, meinte Professor Gerold Blümle bei der Buchpräsentation. Die Ereignisse im Leben des leidenschaftlichen (Briefmarken-)Sammlers und Buchautors gäben Stoff für mehrere Romane ab.
Um seine »Memoiren« zu verfassen, lernte er sogar noch am Computer zu arbeiten. Vier Jahre lang hat er an dem Buch geschrieben, das 97 Fotografien enthält. In seiner Laudatio hob Blümle die Bedeutung der Gedächtniskultur hervor. Es sei wichtig, dass die immer älter werdenden Zeitzeugen von den wechselvollen Ereignissen des 20. Jahrhunderts erzählen und dadurch die Erinnerungen bewahren. Die Sammlerleidenschaft und das gute Gedächtnis rückten die Ausführungen des Autors in die Nähe eines Tagebuchs.

Da wird die Geschichte einer italienischen Einwandererfamilie im damals deutschen Mülhausen geschildert, aber auch das Leben in der Heimat der Großeltern väterlicherseits in einem kleinen Dorf in den Abruzzen. Dieses Dorfleben in Montenero bildet einen Kontrast zum Stadtleben in Mülhausen, wo Fabrizios Vorfahren mit dem Verkauf von Erdnüssen und Maroni begannen und einen Obst- und Gemüsehandel betrieben. Fabrizios abenteuerlustiger Vater stieg dann ins Kinogeschäft ein, mit Kinos in Colmar, Straßburg und Paris. Die Familie führte ein sorgloses Leben mit Chauffeur, Kindermädchen und Hausmusik, das sich aber in der Weltwirtschaftskrise 1929 gewaltig änderte. Nach einer Zeit bei den Großeltern im Abruzzendorf landete die Familie 1931 in Lörrach. Neben der Schule verdiente sich der kleine Clemens mit Erdnussverkauf etwas dazu und erlebte schon damals allerhand Abenteuer, die einen an »Huckleberry Finn« erinnerten.

Diese Lörracher Zeit, der aufkommende Nationalsozialismus, die Schwierigkeiten, in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit eine Lehrstelle und Arbeit zu finden, wird anschaulich dargestellt. Breiten Raum nehmen Fabrizios Soldaten-, Militär- und Kriegserlebnisse, Eindrücke aus der Gefangenschaft und bei der Flucht in die Heimat ein. »Das könnte Gegenstand eines mehrteiligen Films werden«, meinte Blümle. Auch die Jahre als Handelsvertreter, der Einsatz des begeisterten Leichtathleten beim Wiederaufbau des Sports, seine Sammelleidenschaft, die zahlreichen Ausstellungen und Ehrungen sind Gegenstand dieser Biografie. Das Buch sei »das Dokument eines Lebens im Dreiländereck« und gleichermaßen interessant für die ältere wie jüngere Generation.
Mit zahlreichen Briefmarkenausstellungen hat sich der Autor auch um die Philatelie verdient gemacht. Erst vor wenigen Wochen wurde er für seine mehr als 40-jährigeMitgliedschaft im Landesverband südwestdeutscher Briefmarkensammlervereine e. V. geehrt.

Roswitha Frey

2/2011
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