Leisner legt eine intensiv recherchierte Biographie
von Bertha Benz vor. Die Aufgabe bestand darin, im Lebenslauf
einer Frau aus bürgerlichen Milieu in der Zeit von 1849
bis 1929, dem Tode ihres Mannes, zu zeigen, dass sie zwar »die
bürgerliche Frauenrolle voll ausfüllte« (S. 176),
doch »dort blieb, wo das Schicksal und ihr eigener Wunsch
sie hingestellt hatte« (S. 218), sich aber »trotz
des herrschenden Frauenbildes »sich ihrem Mann durchaus
gleichberechtigt fühlte« (S. 136).
Das zeigt sich insbesondere in der »Lebensfahrt«,
die der Welt bewies, »was eine Frau wirklich leisten konnte,
dass nicht nur ein Mann, sondern auch eine Frau Ungewöhnliches
unternehmen konnte« (S. 136). Den Eintrag ihrer Mutter
in die Familienbibel bei ihrer Geburt: »Heute ist uns -
leider - wieder ein Mädchen geboren«, scheint ein
Leben lang ein »schmerzender Punkt« in Berthas Leben
geblieben zu sein (S. 41). Aus dem Eintrag in die Familienbibel
leitet die Autorin einen »unbewussten Ansporn« ab,
die Herausforderung der Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim »anzunehmen
und zu meistern« (S. 136). Sie wurde mit dieser Fahrt,
zu jener außergewöhnlichen Frau, die sich zutraute,
allen Spöttern und Zweiflern und sogar ihren eigenen Mann
vorzuführen, dass der neue Motorwagen viel besser und leistungsfähiger
war, als allgemein angenommen« (S. 136).
Bertha Benz hatte im Laufe der Erfindung »an allem teil,
was ihr Mann in seiner Werkstatt plante und ausdachte« (S.
89). Sie durchbrach auch hier, »mit ihrer Wissbegier das
für eine Frau vorgesehene Rollemuster der reinen Hausfrau
und Mutter« (S. 89). Allerdings ist - entgegen dem Buchtitel
- nicht sicher, ob Bertha Benz wirklich das Steuer ergriffen
und den Wagen gelenkt hat oder ob sie das Fahren allein ihren
beiden Söhnen, Eugen und Richard, überlassen hat.
Die Jugendzeit in Pforzheim wird von der Autorin auch erschlossen über
Texte zur Frauenrolle in der damaligen Zeit.
Heinrich Hauß |