Rezensionen in der "Badischen Heimat"


 

 

Archäologie

Die frühe Eisenzeit zwischen Schwarzwald und Vogesen - Le premier âge du Fer entre la Forêt-Noir et les Vosges.
Zusammengestellt von Andrea Bräuning, Wolfgang Löhlein und Suzanne Plouin.
Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg Band Nr. 66
Freiburg 2012. 288 S. mit zahlreichen, meist farbigen Abbildungen
Bezug über: Gesellschaft für Archäologie in Baden-Württemberg und Hohenzollern, Berliner Str. 12, 73728 Esslingen a. N.
ISBN 978-3-942227-10-0 12,80 EUR

Die frühe Eisenzeit zwischen Schwarzwald und Vogesen - Le Premier âge du Fer entre la Forêt-Noire et les Vosges

Baden-Württemberg hat 2012 zum Keltenjahr erklärt. Höhepunkt ist die Mitte September in Stuttgart eröffnete große Landesausstellung mit herausragenden Exponaten aus ganz Europa.

Die frühe Eisenzeit zwischen Schwarzwald und Vogesen - TitelbildDie Archäologen der Denkmalpflege in Freiburg haben aus diesem Anlass zusammen mit elsässischen Forschern aus Museen, Denkmalpflege und Universität ein Buch über die frühe Eisenzeit (8.-4- Jh. v. Chr.) beiderseits des Rheins erstellt, das sein Augenmerk auf die Landschaft zwischen Schwarzwald und Vogesen richtet. Die grenzüberschreitende Kooperation trägt den prähistorischen Verhältnissen Rechnung, denn der Rhein bildete zu dieser Zeit weder eine kulturelle, noch eine politische Grenze.

Die zweisprachig aufgebaute Publikation stellt denn auch im deutschen, wie im französischen Teil die Entwicklung des eisenzeitlichen Siedlungswesens und der religiösen Äußerungen vor - jeweils mit den eigenen Besonderheiten, die von Beginn der archäologischen Forschungen an auch dem Finderglück, den Interessensschwerpunkten von Forscherpersönlichkeiten, oder den finanziellen Mitteln der Altertumsforscher geschuldet waren. Doch ungeachtet der wechselnden Verhältnisse kann heute ein dichtes und vielgestaltiges Bild dieser faszinierenden Epoche gezeichnet werden.

Zunächst wurzeln die Traditionen der in Hofgemeinschaften lebenden Menschen noch stark in den Traditionen der vorangehenden Bronzezeit. So spielt das neue Metall, das Eisen, für die Herstellung von Geräten, Werkzeugen und Waffen gegenüber der Bronzetechnologie erst nur eine untergeordnete Rolle. Auch im Grabbrauch werden die Bestattungssitten der Vorfahren beibehalten. Die Toten wurden verbrannt und in Einzelgräbern unter Grabhügeln bestattet. Einige Männergräber sind mit Schwertern ausgestattet, dem Statussymbol der Hofherren oder Clanchefs. Ganz überwiegend aber bestehen die Grabausstattungen der Toten beiderlei Geschlechts aus Keramikgefäßen, die als Behältnisse für Speisen und Getränke in reicher Zahl in die Gräber gegeben wurden.

Die vorherrschende Wirtschaftsform der frühen Eisenzeit war die Landwirtschaft.

Die frühe Eisenzeit zwischen Schwarzwald und Vogesen - Ritzverzierte und bemalte Keramik
Reich verziertes Keramikgefäüß der frühen Eisenzeit. Bild Regierungspräsidium Freiburg, Archäologische Denkmalpflege. Foto Ben Wiesenfarth.

Zu Beginn des 6. Jh. v. Chr. entstehen infolge von Kontakten zu den mediterranen Hochkulturen Siedlungszentren an wichtigen Verkehrsrouten. Diese liegen meist, wie der Britzgyberg bei Illfurth, oder der Breisacher Münsterberg, auf beherrschenden Höhen und sind befestigt. Ihre Bewohner werden Schiffe - denn der Handel erfolgte auf dem Wasserweg - durch schwierige Flussabschnitte geleitet, Zölle erhoben und die Verteilung der Waren in das Hinterland organisiert haben. Damit brachte es die lokale Aristokratie zu teilweise erheblichem Reichtum, der sich in den Gräbern in kostbaren Importen und goldenen Preziosen niederschlägt. Gegenüber den vorangegangenen Jahrhunderten beginnen sich auch die Bestattungsbräuche zu ändern. Von Westen her breitet sich die Körpergrabsitte aus. Nur noch wenige Personengruppen halten - vermutlich aus religiösen Gründen - am Brandgrab fest. Allgemein werden die Beigaben gegenüber der Frühzeit reichhaltiger. Allen gemeinsam bleibt, dass die Ahnenverehrung eine zentrale Rolle im Grabbrauch spielt. Im Mittelpunkt steht dabei der Hügel als Grabmonument. Häufig werden in bereits bestehende Grabhügel neue Gräber eingebracht, wodurch ein Bezug zur Erstbestattung des Hügels manifest wird und familiäre oder soziale Bindungen ihren sichtbaren Ausdruck finden. Bisweilen erfahren die Grabmonumente im Zuge solcher Neubelegungen einen Ausbau und es entstehen Grabmale von beeindruckenden Dimensionen. Zu den größten Grabhügeln der Zeit gehören der ‚Magdalenenberg’ bei Villingen oder das ‚Bürgle’ bei March-Buchheim mit Durchmessern von rund 100 m.

Die frühe Eisenzeit zwischen Schwarzwald und Vogesen - Keltenzeitlicher Armreif

Die hervorgehobene Bedeutung der früheisenzeitlichen Zentralorte beruhte auf dem Ansehen und der Vormachtstellung einzelner Familien oder Clans. Die Prachtentfaltung als Ausdruck ihres politischen und wirtschaftlichen Erfolgs scheint jedoch in der Regel nur wenige Generationen lang angedauert zu haben. Heute entsteht der Eindruck, dass sie es nicht vermochten, familienunabhängige Strukturen zu schaffen, die es erlaubt hätten die Herrschaft zu institutionalisieren und damit auf Dauer zu festigen.

Die Blüte der politischen und wirtschaftlichen Zentren endet im 4. Jh. v. Chr. Die Siedlungen werden aufgelassen, die Friedhöfe nicht weiter belegt und viele der Prunkgräber ausgeraubt. Die neuen Machtzentren finden sich nun in anderen Landstrichen, wie Lothringen, der Rheinpfalz, dem
Hunsrück-Eifel-Gebiet oder in der Champagne.

Bild unten: Bronzearmspangen aus Bad Krozingen-Schlatt. Bild Regierungspräsidium Freiburg, Archäologische Denkmalpflege. Foto Ben Wiesenfarth.

   

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