Bourdalou mit Blumenmalerei
Die ungewöhnliche Form dieses Porzellangefäßes
wird mit einer besonderen Geschichte verbunden: Angeblich
wurde es erfunden wegen der langen Predigten des Jesuitenpaters
Louis Bourdaloue (1632-1704). Er war Geistlicher am Hof
des französischen Königs Ludwig XIV. und soll
sehr fesselnde, aber auch sehr lange Predigten gehalten
haben. Die Gottesdienste, denen man stehend folgte, gingen über
Stunden. Die Kirchgängerinnen waren von dem Geistlichen
und seinen Predigten so fasziniert, dass sie den Gottesdienst
nicht einmal für ihre Notdurft verließen. Den
Nachttopf, den man – dank der weiten Reifröcke – auch
im Stehen benutzen konnte, nannte man daher nach dem Hofprediger.
Das zumindest erzählt man…
Das anatomisch geformte Geschirr fand bald in ganz Europa
Verwendung – und bis ins frühe 20. Jahrhundert.
China und Japan exportierten diese Gefäße auf
den europäischen Markt, aber auch deutsche Manufakturen,
wie Meißen oder Frankenthal, produzierten solche
Stücke. Heute, da die Verwendung in Vergessenheit
geraten ist, werden die Bourdalous gelegentlich mit großen
Saucieren verwechselt.
Bemerkenswert an dem Exemplar der Ausstellung sind die
Blumenmalerei auf den Längsseiten und der elegant
geschwungene Henkel mit einem Daumenrast in Blütenform.
Das abgebildete Bourdalou wird in Schwetzingen nicht mehr
gezeigt, sondern durch ein Stück aus einer privaten Sammlung
ersetzt.
Bourdalou mit Blumenmalerei
Manufaktur Frankenthal, um 1756-1759
Porzellan
Höhe 8,5 cm, Breite 22,5 cm, Tiefe 11 cm
Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg
Leibstuhl des Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz
Im Badhaus im Schlossgarten von Schloss Schwetzingen stand
dieser Leibstuhl; sein Platz war seit 1775 in der sogenannten
Retirade, einem kleinen Raum, der an das kurfürstliche
Schlafzimmer anschließt. Ziemlich sicher gehörte
also dieser Leibstuhl dem Kurfürsten Carl Theodor
von der Pfalz. Er ist vermutlich der einzige originale
Leibstuhl zumindest der Kurpfalz, der mit einer bestimmten
Person in Verbindung gebracht werden kann.
Seit 1775 hat sich sein Aussehen auch nur geringfügig
verändert. Man mag daran zweifeln, dass der prachtliebende
Kurfürst dieses einfache Möbel aus farbig gestrichenem
Tannenholz und mit einem Polster aus ehemals grünem
Saffianleder wirklich verwendet haben soll. Für den
Anfang des 19. Jahrhunderts ist ein Überwurf über
diesen einfach gestrichenen Holzstuhl aus weißem
Stoff nachgewiesen.
Im Inventar des Schwetzinger Badhauses aus dem Jahr 1804
heißt es über die Retirade und ihre Ausstattung: „mit
einer verschließigen Tapeten Thür aus dem Schlafzimmer
[versehen], übrigens ganz ausboisirt und grün
angestrichen. [Darin:] 1 grün angestrichener und auf
Sitz und Rückwand mit grünem Carduan überzogener
Leibstuhl mit weis barchandem Sitz-Überzug und weis
fayencenem Geschirr“
Leibstuhl des Kurfürsten Carl Theodor von der
Pfalz
Mannheimer Hofschreinerei, um 1770
Tannenholz, farbig gefasst, Leder
Höhe 99 cm, Breite 51 cm, Tiefe 49 cm
Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
Zwei Porzellangruppen aus einer allegorischen Folge der
fünf Sinne
Die beiden Porzellanpaare gehören zu einer Serie
der Fünf-Sinne-Darstellung aus der Frankenthaler Manufaktur.
Der Modelleur Friedrich Lück (1727-1797) versetzte
die Allegorien, also die bildhaften Darstellungen der Sinnesempfindungen,
in repräsentative Szenen der alltäglichen höfischen
Hygiene. Die Motivwahl ist reizvoll und zeigt viel von
der im 18. Jahrhundert üblichen Schönheitspflege.
Die links abgebildete Gruppe hat den Sehsinn als Thema.
Eine Dame vor einem Schminktisch beendet gerade ihre Toilette,
indem sie sich ein Blütenbouquet in die weißgepuderte
und zeitgemäße Frisur befestigt. Ein Kavalier
beobachtet sie mit einem kleinen Fernrohr in der Hand.
Er trägt die zu der Zeit typische Hofkleidung mit
Rock, Weste, Kniebundhosen und schwarzen Lederschuhen.
Die rechte Figurengruppe stellt den Geruchssinn dar. Hier
führt der Kavalier eine Prise Schnupftabak zur Nase.
Die vor ihm sitzende Dame erfreut sich an dem betörenden
Duft der Blumen auf dem Tisch.
Zwei Porzellangruppen aus einer
allegorischen Folge der fünf Sinne
Manufaktur Frankenthal, um 1760
Porzellan
Das Sehen: Höhe 19,5 cm, Breite 17 cm, Tiefe 16,5
cm
Der Geruch: Höhe 20,5 cm, Breite 20 cm, Tiefe 11,5
cm
(Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg)
abgebildet sind zwei Porzellanfiguren aus dem Bestand der
Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim
Reisenecessaire des Oberhofmarschalls Gayling
Vermutlich im Jahr 1826 schenkte Großherzogin Stéphanie
(1789-1860) ihrem Oberhofmarschall Freiherr Christian Gayling
von Altheim (1775-1832) ein wertvolles Reisenecessaire.
Die Schatulle aus Mahagoni nimmt in passgenauen Einsätzen
mit zahlreichen Aussparungen die unterschiedlichsten Utensilien
auf.Darunter sind nicht nur Gegenstände, wie man sie
heute in einem Reisenecessaire erwartet, also Gerätschaften
zur Körperpflege und Hygiene. Das Sortiment umfasst
genauso Schreibzeug, Essgeräte und Nähutensilien.
Insgesamt 58 Gegenstände aus den verschiedensten und
durchweg kostbaren Materialien wie Elfenbein, Leder und
Seide verbergen sich in dem äußerlich unauffälligen
Etuikasten.
Das luxuriöse Ensemble ist heute noch besonders gut
erhalten: Wahrscheinlich war es nicht wirklich als Reiseausstattung
gedacht und wurde eher als Schaustück verwendet.
Reisenecessaire des Oberhofmarschalls Gayling
Frankreich (?) / Süddeutschland (?), um 1820
Mahagoni, Messing Silber, Glas, Porzellan, Elfenbein, Perlmutt
mit Goldemaille etc.
Höhe 21,4 cm, Breite 50 cm, Tiefe 31,3, cm (Kasten)
Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
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