Kurpfälzisches Museum Heidelberg:

Das Kunstwerk des Monats

November 2000

Jan Anthonisz van Ravesteyn (um1572 - 1657):

Herzog Christian d. J. von Braunschweig-Lüneburg (1599 - 1626)

Herzog Christian d.J. von Braunschweig-Lüneburg war eine der schillerndsten Persönlichkeiten aus der Zeit des 3Ojährigen Krieges. 1599 geboren, trat er 1619 in die Dienste des niederländischen Heeres und begann 1621 seine Laufbahn als „Condottiere" mit der Anwerbung von Truppen in Niedersachsen und Westfalen im Auftrag des „Winterkönigs" Friedrich V., der sich im Exil in Den Haag befand. Es folgte ein langer verheerender Feldzug durch Deutschland, auf dem es zu Brandschatzungen und Plünderungen in Westfalen kam. Erbeutete Fahnen und Standarten sandte er als Triumphalia an Elisabeth Stuart, die er in höfischer Minne, einer an klassischen Idealen orientierten Vorstellung von ritterlichen Tugenden, verehrte, und deren Handschuh er am Helm trug.
Christians militärische Erfolge waren nicht von Dauer. 1622 wurde er bei Höchst von Tilly zum ersten Mal vernichtend geschlagen, im selben Jahr trug er bei Fleurus eine schwere Schussverletzung davon, die zu einer Teilamputation des linken Armes führte. 1623 erlitt er bei Stadtlohn eine erneute schwere Niederlage gegen Tilly. Durch Verwundung und Krankheit erschöpft, zog sich Christian nach Wolfenbüttel zurück, wo er 26jährig im Juni 1626 verstarb.

Das Porträt van Ravestyns stellt den militärischen Status des knapp 20jährigen Welfenfürsten dar und verweist zugleich auf seine religiöse Überzeugung. Sein mit vergoldeten Nieten versehener modischer Kavallerieharnisch ist geschwärzt, was ein verräterisches Aufblitzen der Rüstung bei Scharmützeln verhindern sollte. In der Rechten trägt Christian eine hochmoderne Waffe mit kompliziertem Radschloss-Zündmechanismus, der die glimmende Lunte entbehrlich machte. Nach dem Abfeuern konnte sie auch als „Streitkolben" eingesetzt werden. Die modische Haarlocke über der linken Schulter ist hier nicht als amouröses Attribut zu deuten, sondern wurde als Ausweis protestantischer Gesinnung verstanden. Die gelbe Schärpe über der Rüstung ist militärisches Erkennungszeichen in einer Zeit, als Uniformen noch nicht üblich waren.

Das Porträt folgt dem seit Tizian verbindlichen klassischen Typus der Feldherrndarstellungen, die den Porträtierten in leichter Körperdrehung vor Stoffdraperien zeigen. Kommandostab und Degen als übliche Attribute sind hier durch Pistole und Degen ersetzt, als weitere Standardattribute sind auch hier Helm mit Federbusch und Handschuh wiedergegeben.

Annette Frese

Jan Anthonisz van Ravesteyn (um1572 - 1657):
Herzog Christian d. J. von Braunschweig-Lüneburg (1599 - 1626)
Öl auf Holz, 1620
Leihgabe des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst
Inv.-Nr. L 158
zurück zur Übersicht

weiter: Dezember 2000


Zurück:
zur Heidelberg-Seite - zum Städte-Menü - zum Hauptmenü
Register - Impressum
ZUM
© Badische Heimat 2000