Kunstwerk des Monats

März 2003

Zwei Schröpfköpfe - Attribute eines römischen Arztes
HD-Neuenheim, Bronze (2. Jh.n.Chr.)

Bei der Ausgrabung des römischen Gräberfeldes von Heidelberg-Neuenheim kam im Jahre 1964 ein Paar bronzener Schröpfköpfe ans Licht, die zum Inventar einer Bestattung aus der ersten Hälfte des 2. Jh.n.Chr. gehören. Die typengleichen Schröpfköpfe sind Saugglocken, die aus dünnem, höchstens 0,5 mm starkem Bronzeblech getrieben sind.

 

Von Schröpfköpfen anderer Epochen unterscheidet sich der römische Typ durch seine ungewöhnliche Größe (Höhe ca. 12 cm!) und die ausgeprägte "Pilzform". Das Schröpfen galt als schonende Alternative zum berüchtigten "Aderlass", besonders bei geschwächten Patienten, deren Zustand eine Öffnung der Blutgefäße nicht erlaubte, und wurde bei Epilepsie, Lähmung, Kopfschmerz, Lungenentzündung, Durchfall, aber auch zum Säubern von Wunden empfohlen. Sowohl die Praxis des Aderlasses wie die des blutigen und des trockenen Schröpfens gründen in der "Säftelehre" des Hippokrates von Kos (460 bis etwa 380 v. Chr.), die in der abendländischen Heilkunst lange Zeit eine unangefochtene Autorität besaß. Während des Mittelalters hantierten Bader mit Schröpfköpfen aus Ton, Metall und Glas, und noch bis ins 19. Jahrhundert war deren Anwendung geläufig. Als Grabbeigabe weisen die Schröpfköpfe deutlich auf den medizinischen Bereich hin. Der Medicus von Neuenheim könnte als Feldarzt im Kohortenkastell Dienst getan haben, vielleicht hatte er sich auch im Vicus niedergelassen. Als er auf dem Friedhof an der Straße nach Ladenburg a. N. (Lopodunum) beigesetzt wurde, erwiesen ihm Angehörige und dankbare Patienten mit dieser Beigabe die letzte Ehre.

Text: Andreas Hensen

 

siehe auch: Sammlungsblatt
Bronze, 1. Hälfte 2. Jh. n. Chr.
Heidelberg-Neuenheim
H. ca. 12 cm, Inv.-Nr. 1964/81.i/t
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