Kurpfälzisches Museum Heidelberg:

Das Kunstwerk des Monats

August 2001

Dreischubige Kommode, um 1765/68

Eine dreischubige Kommode aus der Zeit Carl Theodors gehört seit wenigen Wochen zum kostbaren Inventar der Abteilung Kunsthandwerk des Kurpfälzischen Museums. In ihrer Machart spiegelt sie auf vielfältige Weise den Einfluss der französischen Möbelkunst auf die Vorlieben des Pfälzer Hofes wider, der vor allem auf Elisabeth Augusta, die Gemahlin Carl Theodors, zurückzuführen ist.
Bei der Ausstattung des Mannheimer Residenzschlosses unter Leitung des Architekten Nicolas de Pigage wurden ab etwa 1755 vor allem Erzeugnisse Straßburger Meister bevorzugt, während vorher einheimische Ebenisten wie etwa Johann Georg Wahl aus Ostofen mit seiner engen Anlehnung an Mainzer Möbel den Hof belieferten. Hoflieferant wurde - und blieb bis zum Wegzug des Hofs 1778 - der Straßburger Marchand-Mercier Gerard Walter, der außer einigen besonders kostbaren Pariser Objekten vor allem Erzeugnisse Straßburger Meister nach Mannheim und Schwetzingen verkaufte.

Die Straßburger Kommoden zeichnen sich durch eine Dreischubigkeit aus, die bei den Pariser Stücken dieser Zeit schon aufgegeben ist, und durch eine gewisse Schwere in der Linienführung, die sonderbarerweise mit einer fortschrittlichen, den neuen Ornamentformen des Stiles Louis Seize verpflichteten Marqueterie kontrastiert. Oft werden statt der im französischen Bereich üblichen Marmorplatten auch Holzdeckplatten verwendet, was eine gewisse bürgerliche Behaglichkeit aufkommen lässt.

Die Werkstatt des Mannheimer Hofebenisten Jacob Kieser nimmt gerade diese stilistischen Eigenheiten auf und schafft fast identische Stücke. Tradition und Fortschritt verbinden sich - die Mischung aus französischer Grazie und bürgerlicher Behäbigkeit entspricht in idealer Weise auch den Lebensformen des Pfälzer Hofes.

Gesicherte Zeugnisse aus der Werkstatt Kiesers finden sich im Badhaus des Kurfürsten Carl Theodor im Schwetzinger Schlosspark in den beiden Kommoden im Schlafzimmer, den Vertäfelungen und dem Sekretär des Schreibzimmers und den vier „Encoignuren" (Eckschränken) des chinesischen „Theezimmers".

Die Kommode kam vermutlich  aus dem Besitz der Fürsten von Bretzenheim, die sich zu Beginn des 19. Jahrhundert in Ungarn niederließen, an die Vorbesitzer.

Carl Ludwig Fuchs

Kommode
Weichholzkorpus mit Nussbaum, Rosenholz und Obsthölzern marquetiert, vergoldete Bronzebeschläge
H 82 cm, B 139 cm, T 68 cm, Mannheim, um 1765 - 68
Erworben aus dem besitz der Grafen von Mensdorf Pouilly

Inv.Nr.  Mb 268

Textvorlage: Kurpfälzisches Museum, Carl Ludwig Fuchs

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siehe auch: Badhaus des Kurfürsten im Schwetzinger Schlossgarten


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