Kunstwerk des Monats

im Kurpfälzischen Museum Heidelberg

 

August 2000

Das Laufrad des Freihern von Drais

Das Kunstwerk des Monats August ist ein Kunstwerk „zum Anfassen": um die 80 cm hoch, mehr als 1 ½ m lang und aus den 3 Holzarten Esche, Pappel und Kirschbaum bestehend - ein sogenanntes „Laufrad" aus dem 19. Jh.

Voller Stolz posierte Freiherr Karl von Drais auf diesem von ihm entwickelten Modell. 1818 hatte ihm der Großherzog von Baden hierfür das Patent erteilt. Eine Revolution in der individuellen Fortbewegung des Menschen war geschehen, denn mit dieser sog. Draisine konnte eine Strecke von 15 km, damals etwa 4 Poststunden, in nur 1 Stunde zurückgelegt werden.


Freiherr Karl von Drais auf seiner Laufmaschine
Lithografie, um 1820

Das Wesentliche an der Erfindung der Laufmaschine war die Reduzierung des Fahrwiderstands und damit des Energieaufwands beim Zurücklegen einer Strecke. Drais formulierte dieses Prinzip zwar nicht aus, fand aber durch Versuche das einfache Prinzip, dass die Verringerung der Anzahl der Räder den Fahrreibungswiderstand entscheidend minimierte. Mit dem ersten einspurig fahrenden Gerät wurde allerdings auch die Tatsache, dass die Laufmaschine ständig aus-balanciert werden musste, als erhebliches Problem gesehen. Dadurch, dass ferner der Mensch die Probleme der Fahrtechnik fortan am eigenen Leibe erfuhr und nicht nur irgend-ein stummes Zugtier, wurden auch Verbesserungen wie Kugellager und Luftreifen überhaupt erst als sinnvolle und notwendige Verbesserungen erwogen.

Die Kleinstaaterei in Mitteleuropa führte dazu, dazu Drais zwar 1818 ein badisches Patent auf seine Laufmaschine erhielt, dass sie aber im Rest Europas fleißig nachgebaut wurde.


Laufrad des Freiherrn Karl von Drais, um 1818
Esche, Pappel und Kirschbaum, H ca. 80 cm, L 1,68 m. Inv.Nr. GH 46

Das Laufrad des Kurpfälzischen Museums ist wohl ein nicht lizensierter, immerhin aber zeitgleicher Nachbau der Drais‘schen Erfindung. Das Museum erhielt es als Geschenk des Heidelberger Radlerclubs im Jahr 1896. Es handelt sich um ein zweirädriges hölzernes Laufrad mit Vorderradlen-kung. Der Rahmen fällt nach vorne ab und hat einen recht-eckigen Querschnitt. Abweichend vom Original ist der rück-wärtige Teil als Kasten ausgebildet und über dem zehn-speichigen Rad durch zwei Leisten zur Radaufhängung verlängert. Schwarz-gelbe-Farbspuren der ursprünglichen Bemalung sind noch deutlich erkennbar. Als Nabe dient eine große eiserne Schraube. Am unteren Rand ist ein eiserner Schmutzabstreicher montiert. Zwei gleichfalls eiserne Klam-mern mit je zwei Ösen dürften zur Befestigung der Sattelta-schen gedient haben. Die Sitzfläche ist nach unten ge-schwungen, Lenker und Sitz sind ergänzt, ebenso das Balan-cierbrett, von dem aus man die Lenkstange bewegen konnte.

Mit der Ermordung Kotzebues durch den Burschenschafter Karl Sand im Jahre 1819 kam die Wende für Drais und seine Erfindung. Die Karlsbader Beschlüsse Metternichs untersagten jeden Freiluftsport, die Draisinen verschwanden von den Straßen und den Parkwegen. So blieb dem Erfinder Ende des Jahres 1820 nur die Auswanderung nach Brasilien. 1827 kehrte Drais bereits wieder nach Deutschland zurück. 1851 starb er verarmt und verspottet in Karlsruhe.

Frieder Hepp

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