Kurpfälzisches Museum Heidelberg:

Das Kunstwerk des Monats

September 2000

Lichter in der Finsternis -
Lampen aus dem römischen Gräberfeld von Heidelberg-Neuenheim

Zu den zahlreichen technischen und kulturellen Errungenschaften, welche die Römer von den Griechen übernommen hatten, gehört auch die Öllampe, lat. „lucerna".
Ihr technisches Prinzip blieb trotz großer Formenvarianten unverändert: Der meist tönerne Behälter mit runder oder ovaler Grundform wird an der Oberseite von einer Deckplatte mit Einfüll-Loch abgeschlossen. Gelegentlich befindet sich dort noch eine weitere kleine Offnung, durch die beim Einfüllen die Luft entweichen kann. Eine vorne offene „Schnauze" nimmt den Docht aus Flachs-, Hanf- oder Binsenwerg auf. Anfangs werden die Lampen noch auf der Töpferscheibe gedreht, später aber meist aus einer zweiteiligen Form, einer Matrize, geformt.

Ollampen waren leicht zu transportieren, nicht so feuergefährlich, gaben eine rußarme Flamme und die Größe der Flamme ließ sich durch die Länge des Dochtes regulieren. Brennmaterial war im Mittelmeergebiet Olivenöl, nördlich der Alpen behalf man sich oft auch mit Öl aus Nüssen und Samen.

Die hier abgebildeten Lampen stammen aus dem großen Gräberfeld von Heidelberg-Neuenheim, das sich vom ausgehenden 1. bis in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. entlang der Straße nach Lopodunum erstreckte. Zwischen 1951 und 1969 konnten hier fast 1400 Bestattungen geborgen werden.

Die mittlere der drei abgebildeten Lampen ist „Massenware" mit langgezogener Schnauze und der Marke des Werkstattbesitzers auf der Unterseite. Der erfolgreiche Markenname wurde dabei oft einfach kopiert, um die eingeführte Qualität vorzutäuschen.

Zu den selteneren Formen gehört die kopfförmige Lampe aus gelbem Ton: Augen, Nase und Mund des langgezogenen Gesichts sind plastisch herausgebildet, die Ohren angesetzt. Mit Ritzlinien wird ein Kinnbart angedeutet. Es scheint sich um eine Darstellung des Schmiedegottes Vulcanus zu handeln, der als Wächter des Feuers verehrt wurde.

Von besonderer Qualität ist die Lampe mit Blattaufsatz auf dem Henkel. Der helle Ton ist vor dem Brand mit einer feinen, rotbraunen Bemalung versehen worden. Der Boden zeigt den Namen des Töpfers, Vitalis. Es stammt aus der Mitte des 2. Jahrhunderts aus den Töpfereien von Frankfurt-Nied hergestellt, wo man sich auf die Produktion eines besonders feinen Geschirrs mit roter Bemalung (sog. „Wetterauer Ware") spezialisiert hatte. Mit fast 13 cm Länge ist diese Lampe überdurchschnittlich groß; sie konnte mindestens 8 Stunden lang Licht spenden, ohne nachgefüllt zu werden.

Die drei Lampen waren jeweils in unversehrtem Zustand in die Grabgrube gestellt worden und wiesen keinerlei Gebrauchsspuren auf. Sie gehörten wie Speisegeschirr, Münzen und Parfumölgläser zu den charakteristischen Beigaben des römischen Totenbrauchs. Sie waren unverzichtbare Requisiten in allen Stadien der Beisetzung und des Totengedenkens: Sie brannten während der Aufbahrung im Haus, bei der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen sowie während des Totenmahls, das zu Beginn und am Ende der neuntägigen Trauerzeit abgehalten wurde. Man stellte sie auch auf die Grabaufschüttung oder in Nischen der steinernen Grabmäler, um so den Toten zu ehren und ihm im Dunkel der Unterwelt Licht zu spenden.

In ländlichen Gebieten der Provinz, wo die Bevölkerung länger an einheimischen Sitten festhielt, blieben die Lampen während des 1. und 2. Jahrhunderts im Totenkult im Gegensatz zu den städtischen Zentren oft die Ausnahme. So kann die Sitte der Lampenbeigabe auch als ein Gradmesser für die Übernahme römischen Lebensstiles in den Provinzen gelten.

Andreas Hensen

Die Objekte:
Ton, Ende1./2.  Jh. n. Chr.
Grabfunde in Heidelberg-Neuenheim
Inv. Nr. HD-Neu 1968/54a, HD-Neu 1966/259a, HD-Neu 1961/180a
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