Kunstwerk des Monats
Juni 2009

Eisenschaber und Glasflakon
Roms Badekultur an der Nordgrenze des Imperiums

 

Baden war ein unverzichtbarer Teil römischer Lebensqualität, wobei die Körperreinigung nur einer der Gründe für den täglichen Besuch des Bades war. Man trieb hier auch Sport, hielt Geschäftsbesprechungen ab, hörte Vorträge und –besonders wichtig- tauschte Klatsch und Tratsch aus. Bäder gehörten zu den öffentlichen Orten mit der längsten „Verweildauer“ und waren bei den Römern die Kommunikationszentralen schlechthin.

Die Badeanlagen waren dem Raumbedarf der jeweiligen Zielgruppe angepasst. Die Größenordnungen reichen vom kleinen Privatbad, das in einen Wohntrakt eingegliedert sein konnte, über Militärbäder bis hin zu öffentlichen Badepalästen in den Metropolen. Wenn möglich wurden die Bauwerke so platziert, dass Warm- und Heißbaderäume im Süden lagen, um die bestmögliche Nutzung von Sonneneinstrahlung und Licht zu erzielen. Auch die Auslastung der benötigten Wassermenge war stets im Baukonzept berücksichtigt: Überlauf- und abgelassenes Wannenwasser wurde in einem Hauptkanal gesammelt, um in letzter Verwendung die Latrine zu spülen.

Ein Besuch im römischen Bad hatte Ähnlichkeit mit einem heutigen Wellnesstag mit Saunabesuch.

Damals wie heute wurde der Körper einem Wechsel aus Heiß und Kalt ausgesetzt, wie es etwa der römische Arzt Galenos von Pergamon (129 - 199 n. Chr.) beschreibt. Danach entrichtete der Besucher sein Eintrittsgeld (balneaticum) und kleidete sich im Umkleideraum (apodyterium) aus.

Nach dem Ablegen der Kleidung in eigens dafür vorgesehenen Wandnischen folgte eine kurze Reinigung im Kaltbad (frigidarium). Im lauwarmen, nur indirekt beheizten Übergangsraum (tepidarium) herrschten Temperaturen um die 28 Grad.

Wasser spielte in diesem Raum keine Rolle. Vielmehr wärmte man sich hier auf und entspannte sich, indem ein Masseur (unctor) mit wohltuendem Salböl massierte. Bevor man diesen Raum verließ, entfernte man mit einem Hautschaber (strigilis) Öl, Schweiß und abgestorbene Hautschüppchen von der Haut. Hiernach konnte der Badegast im Heißwasserbassin des caldariums mit feuchtwarmer Luft von etwa 45 Grad schwitzen.

Danach folgte eine leichte Abkühlung beim nochmaligen Besuch im tepidarium. Den Badeablauf beendete man mit einem Eintauchen in das Kaltwasserbecken des frigidariums. Verfügte das Badehaus (balneum) über einen Heißluftraum (laconicum), in dem etwa 90 Grad und eine sehr geringe Luftfeuchtigkeit herrschten, oder über ein feuchtwarmes Dampfschwitzbad (sudatorium) mit einer Raumatmosphäre von 40 Grad und annähernd 100 % Luftfeuchtigkeit, konnte der Badegast den abhärtenden Schockeffekt von warm zu kalt noch intensiver betreiben.

Das akustische, weithin vernehmbare Signal für die tägliche Öffnung des Bades wurde mit dem aes thermarum gegeben, einer bronzenen Glocke oder einem Gong. In der Regel wurde nackt gebadet, getrennt nach Geschlechtern und zu festgelegten Zeiten während des Tages; kurz vor Sonnenuntergang wurden die Bäder geschlossen.

Gab es in einer Anlage keine getrennten Trakte für Männer und Frauen, so wurden die Räumlichkeiten in der Regel am Vormittag von den Frauen benutzt. Für die Männer blieben dann die Nachmittagsstunden. Anrüchig war es, wenn Männer und Frauen gemeinsam ein öffentliches Bad benutzten. Eintrittspreise in ein öffentliches Bad waren niedrig. So zahlten Männer ein Viertel As (quadrans), Frauen das Zwei- bis Vierfache und Soldaten und Kinder hatten freien Eintritt.

Auch im römischen Heidelberg gab es neben mehreren Privatbädern mindestens eine öffentliche Badeanlage. Diese – von der Besatzung des Heidelberger Steinkastells erbaut - lag vor der Südfront des Lagers, dicht am Neckar. Der Straßenname „Am Römerbad“ erinnert heute noch an diesen wichtigen Treffpunkt für alle Bewohner des Heidelberger Römerortes.

Zu den benötigten Badeutensilien zählten neben Badetüchern ein verschließbares Gefäß für Salböl (balsamarium), ein paar strigiles, eine flache Bronzeschale zum Überschütten mit Wasser sowie hölzerne Badesandalen. Zum Repertoire der Frauen zählten auch Ohrlöffelchen und vor allem kleine Pinzetten zum Epilieren der Körperhaare.

Die beiden hier vorgestellten Balsamarien haben eine kugelbauchige Form und zwei Henkel in Delphinform. Die „Delphinhenkel“ entstanden, indem der zähweiche Glasstrang auf der Schulter des Gefäßes dick aufgesetzt, am Hals entlang aufwärtsgezogen, unter dem Mündungsrand in freier Öse gebogen und zurückgeführt wurde.

Häufig wurde das Ende auch ausgezogen und in bisweilen bizarrer Form, wellig und gekniffen aufgesetzt.

Verblüffend ist, dass das Ergebnis dieser Verfahrensweise ein delphinähnliches Gebilde war. Delphine als wunderbare Schwimmer und Springer, als liebenswürdige Freunde des Menschen mit dem Badevorgang zu verbinden, liegt nahe. Wie ihre griechischen Vorläufer gehörten solche Glaskügelchen (aryballoi) als Salbölbehälter zu jedem Badeaufenthalt. Dort trug man sie mittels Kettchen, durch die beiden ösenartigen Henkelchen geführt, um das Handgelenk, meist in Verbindung mit den Schabeisen (strigiles), die an ihren Schlaufengriffen aufgehängt waren.

Beide Heidelberger Körperschaber sind aus einem Stück geschmiedet, haben ein zur rechteckigen Schlaufe umgebogenes Griffende und ein geschwungenes Schabteil. Mit der scharfen Kante des gewölbten Schabers wurde der mit Salböl vernetzte Körperschmutz abgeschabt und sammelte sich in der breiten Rinne.

Aryballoi und strigiles waren vier in Heidelberg– Neuenheim verstorbenen und dort begrabenen Männern als Ausstattung im Jenseits mit ins Grab gelegt worden. Die öffentliche Badeanlage am Nordufer des Neckars und die vielen ausgegrabenen Badeutensilien belegen für Heidelberg einen hohen Zivilisationsgrad der damals hier lebenden Bevölkerung. Auch im Tagesablauf der Menschen hier spielte Körperhygiene und –pflege eine bedeutende Rolle, für die man sich Zeit nahm. Das römische Badewesen verkörperte wie kaum ein anderer Lebensbereich für Heidelberg ein Stück hochwertiger Lebensqualität, eben auch: ein Stück Rom.

Renate Ludwig
Foto: E.Kemmet

 

Literatur:
Erika Brödner: Die römischen Thermen und das antike Badewesen (1983)
Emilie Riha:Römisches Toilettgerät und medzinische Instrumente aus Augst und Kaiseraugst (1986) bes. S. 23-26
C. Sebastian Sommer: Waren Frauen in der Römerzeit schmutziger als Männer? Überlegungen zur Eintrittspreisgestaltung in römischen Thermen. Fundber. Baden-Württemberg 21, 1996 S. 301-306
Marga Weber: Antike Badekultur (1996)


 

Zwei Körperschaber (strigiles), Eisen und zwei Flakons (aryballoi), blaugrünes Glas
Römisches Gräberfeld Heidelberg-Neuenheim, 2. Jh.n. Chr.

 
 
siehe auch:

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