Baden war ein unverzichtbarer Teil römischer Lebensqualität,
wobei die Körperreinigung nur einer der Gründe für
den täglichen Besuch des Bades war. Man trieb hier auch
Sport, hielt Geschäftsbesprechungen ab, hörte Vorträge
und –besonders wichtig- tauschte Klatsch und Tratsch aus.
Bäder gehörten zu den öffentlichen Orten mit der
längsten „Verweildauer“ und waren bei den Römern
die Kommunikationszentralen schlechthin.
Die Badeanlagen waren dem Raumbedarf der jeweiligen Zielgruppe
angepasst. Die Größenordnungen reichen vom kleinen
Privatbad, das in einen Wohntrakt eingegliedert sein konnte, über
Militärbäder bis hin zu öffentlichen Badepalästen
in den Metropolen. Wenn möglich wurden die Bauwerke so platziert,
dass Warm- und Heißbaderäume im Süden lagen,
um die bestmögliche Nutzung von Sonneneinstrahlung und Licht
zu erzielen. Auch die Auslastung der benötigten Wassermenge
war stets im Baukonzept berücksichtigt: Überlauf- und
abgelassenes Wannenwasser wurde in einem Hauptkanal gesammelt,
um in letzter Verwendung die Latrine zu spülen.
Ein Besuch im römischen Bad hatte Ähnlichkeit mit
einem heutigen Wellnesstag mit Saunabesuch.
Damals wie heute wurde der Körper einem Wechsel aus Heiß und
Kalt ausgesetzt, wie es etwa der römische Arzt Galenos von
Pergamon (129 - 199 n. Chr.) beschreibt. Danach entrichtete der
Besucher sein Eintrittsgeld (balneaticum) und kleidete sich im
Umkleideraum (apodyterium) aus.
Nach dem Ablegen der Kleidung in eigens dafür vorgesehenen
Wandnischen folgte eine kurze Reinigung im Kaltbad (frigidarium).
Im lauwarmen, nur indirekt beheizten Übergangsraum (tepidarium)
herrschten Temperaturen um die 28 Grad.
Wasser spielte in diesem Raum keine Rolle. Vielmehr wärmte
man sich hier auf und entspannte sich, indem ein Masseur (unctor)
mit wohltuendem Salböl massierte. Bevor man diesen Raum
verließ, entfernte man mit einem Hautschaber (strigilis) Öl,
Schweiß und abgestorbene Hautschüppchen von der Haut.
Hiernach konnte der Badegast im Heißwasserbassin des caldariums
mit feuchtwarmer Luft von etwa 45 Grad schwitzen.
Danach folgte eine leichte Abkühlung beim nochmaligen Besuch
im tepidarium. Den Badeablauf beendete man mit einem Eintauchen
in das Kaltwasserbecken des frigidariums. Verfügte das Badehaus
(balneum) über einen Heißluftraum (laconicum), in
dem etwa 90 Grad und eine sehr geringe Luftfeuchtigkeit herrschten,
oder über ein feuchtwarmes Dampfschwitzbad (sudatorium)
mit einer Raumatmosphäre von 40 Grad und annähernd
100 % Luftfeuchtigkeit, konnte der Badegast den abhärtenden
Schockeffekt von warm zu kalt noch intensiver betreiben.
Das akustische, weithin vernehmbare Signal für die tägliche Öffnung
des Bades wurde mit dem aes thermarum gegeben, einer bronzenen
Glocke oder einem Gong. In der Regel wurde nackt gebadet, getrennt
nach Geschlechtern und zu festgelegten Zeiten während des
Tages; kurz vor Sonnenuntergang wurden die Bäder geschlossen.
Gab es in einer Anlage keine getrennten Trakte für Männer
und Frauen, so wurden die Räumlichkeiten in der Regel am
Vormittag von den Frauen benutzt. Für die Männer blieben
dann die Nachmittagsstunden. Anrüchig war es, wenn Männer
und Frauen gemeinsam ein öffentliches Bad benutzten. Eintrittspreise
in ein öffentliches Bad waren niedrig. So zahlten Männer
ein Viertel As (quadrans), Frauen das Zwei- bis Vierfache und
Soldaten und Kinder hatten freien Eintritt.
Auch im römischen Heidelberg gab es neben mehreren Privatbädern
mindestens eine öffentliche Badeanlage. Diese – von
der Besatzung des Heidelberger Steinkastells erbaut - lag vor
der Südfront des Lagers, dicht am Neckar. Der Straßenname „Am
Römerbad“ erinnert heute noch an diesen wichtigen
Treffpunkt für alle Bewohner des Heidelberger Römerortes.
Zu den benötigten Badeutensilien zählten neben Badetüchern
ein verschließbares Gefäß für Salböl
(balsamarium), ein paar strigiles, eine flache Bronzeschale zum Überschütten
mit Wasser sowie hölzerne Badesandalen. Zum Repertoire der
Frauen zählten auch Ohrlöffelchen und vor allem kleine
Pinzetten zum Epilieren der Körperhaare.
Die beiden hier vorgestellten Balsamarien haben eine kugelbauchige
Form und zwei Henkel in Delphinform. Die „Delphinhenkel“ entstanden,
indem der zähweiche Glasstrang auf der Schulter des Gefäßes
dick aufgesetzt, am Hals entlang aufwärtsgezogen, unter
dem Mündungsrand in freier Öse gebogen und zurückgeführt
wurde.
Häufig wurde das Ende auch ausgezogen und in bisweilen
bizarrer Form, wellig und gekniffen aufgesetzt.
Verblüffend ist, dass das Ergebnis dieser Verfahrensweise
ein delphinähnliches Gebilde war. Delphine als wunderbare
Schwimmer und Springer, als liebenswürdige Freunde des Menschen
mit dem Badevorgang zu verbinden, liegt nahe. Wie ihre griechischen
Vorläufer gehörten solche Glaskügelchen (aryballoi)
als Salbölbehälter zu jedem Badeaufenthalt. Dort trug
man sie mittels Kettchen, durch die beiden ösenartigen Henkelchen
geführt, um das Handgelenk, meist in Verbindung mit den
Schabeisen (strigiles), die an ihren Schlaufengriffen aufgehängt
waren.
Beide Heidelberger Körperschaber sind aus einem Stück
geschmiedet, haben ein zur rechteckigen Schlaufe umgebogenes
Griffende und ein geschwungenes Schabteil. Mit der scharfen Kante
des gewölbten Schabers wurde der mit Salböl vernetzte
Körperschmutz abgeschabt und sammelte sich in der breiten
Rinne.
Aryballoi und strigiles waren vier in Heidelberg– Neuenheim
verstorbenen und dort begrabenen Männern als Ausstattung
im Jenseits mit ins Grab gelegt worden. Die öffentliche
Badeanlage am Nordufer des Neckars und die vielen ausgegrabenen
Badeutensilien belegen für Heidelberg einen hohen Zivilisationsgrad
der damals hier lebenden Bevölkerung. Auch im Tagesablauf
der Menschen hier spielte Körperhygiene und –pflege
eine bedeutende Rolle, für die man sich Zeit nahm. Das römische
Badewesen verkörperte wie kaum ein anderer Lebensbereich
für Heidelberg ein Stück hochwertiger Lebensqualität,
eben auch: ein Stück Rom.
Renate Ludwig
Foto: E.Kemmet
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