Zu den Protagonisten
der Heidelberger Geistesgeschichte in den zwanziger Jahren des
vergangenen Jahrhunderts gehörte neben Max Weber, Friedrich Gundolf,
dem Baron Alexander von Bernus und dem Kunsthistoriker Henry Thode
auch der Dichter Alfred Mombert. Geboren als Sohn eines jüdischen
Kaufmanns in Karlsruhe, eröffnete der spätere Wegbereiter des
Expressionismus nach seinem mit der Promotion abgeschlossenen
Jurastudium 1897 zunächst eine Rechtsanwaltspraxis im Haus Hauptstraße
132. Bereits neun Jahre später entschied er sich, sein Leben ganz
der Poesie zu widmen, 1928 wurde der "Dichter-Seher" zum Mitglied
der Sektion Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste ernannt.
Das vorliegende Flugblatt "Aeons Völker Zeit ist um" , im Besitz
des Museums aufgrund einer privaten Schenkung, verweist auf Momberts
dramatische Trilogie "Aeon", die zwischen 1907 und 1911 in Berlin
im Verlag Schubert und Loeffler erschien. Bei ihr handelt es sich
um eine in dialogischen Versen geschriebene mythische Version
vom Wesen und Weg des Menschen im Laufe der Entwicklung der Welt:
AEON's Völker-Zeit ist um /
Dröhnend war sie, sie war sehr herrlich, / in der schönen Helden-Lust
und - Kraft; / gewaltig umdrang sie die rollende Erde. / O es
waren da die Räume jung. / Auch tönten dazwischen göttliche Stimmen;
/ ich horchte sie freudig ein ) in irdischen Landschaften, an
geliebten Strömen: / am Nil, am Hwangho, an den Donau-Fluten;
/ ein seliger Jüngling hielt indes mein schnaubendes Roß. /
Momberts dichterisches Werk ist stark von Friedrich Nietzsche
beeinflusst. In Nietzsches Tradition feiert er seine Zeit als
fruchtbare Unruhe, "aus der Geist geboren werden wird". Dass dies
sehr bald der Geist des Nationalsozialismus sein und auch ihn,
Alfred Mombert, ins Verderben reißen würde, ahnte er nicht. Mit
über sechstausend aus dem badischen Raum stammenden Juden am 22.
Oktober 1940 nach Gurs verschleppt, erfasste der knapp Siebzigjährige
nur mit Mühe das Ausmaß der Katastrophe. Dem Schweizer Freund
Hans Reinhard gelang schließlich 1941 der Loskauf Momberts und
seiner Schwester und deren Emigration in die Schweiz. 1942 ist
Mombert dort in Winterthur an den Folgen der Internierung gestorben.
N.N.
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