Çatal Höyük, auch Çatal Hüyük
(türk.: çatal = Gabel, Gabelung; höyük = Hügel), ist eine
in der Türkei ausgegrabene Siedlung aus der Jungsteinzeit,
knapp 40 km südöstlich der Stadt Konya auf der Hochebene
Anatoliens und hatte zu ihrer Blütezeit etwa 5.000 bis 6.000
Einwohner.
Forschungsgeschichte
Entdeckt wurde die Siedlung in den späten 1950er Jahren.
Zwischen 1961 und 1965 legte der britische Archäologe James
Mellaart auf einer Fläche im Südwesten des Hügels die Reste
von über 160 Häusern frei. Seit 1993 finden unter Leitung
von Ian Hodder, Stanford, Surveys, 1995-1999 Ausgrabungen
statt. Hodder arbeitete in dem alten Schnitt Mellaarts,
einem neuen Schnitt im Norden des Hügels, auf dem chalkolithischen
Westhügel und einem Schnitt an der Nordkante des Hügels
(KOPAL, "Konya-Plain palaeoenvironmental project"). Wegen
seines außerordentlichen Alters, seiner Größe, der Wandmalereien
und sonstiger Kunst innerhalb der Häuser wurde Çatal Höyük
schnell weltweit berühmt.
Datierung
Mellaart definierte
14 Schichten, 0-XII (VI in A und B unterteilt). Nach C14-Daten
bestand die Siedlung von 7400/7100 bis 6500/6300 v. Chr.
Bestehende Dendrodaten konnten bisher nicht in eine durchgehende
Kurve eingepasst werden.
Mellaart versuchte die Dauer der Schichten auch durch die
Zahl der Putzschichten in den Häusern zu ergründen, von
denen er annahm. dass. der Putz jährlich erneuert wurde.
Schicht |
Zahl der Putzschichten |
II |
50-60 |
III |
40 |
IV |
40 oder weniger |
V |
50 |
VI A |
60 und mehr |
VI B |
100-120 |
VII |
120 |
Nach neueren C14-Daten scheint dieser Zeitrahmen aber zu
lang zu sein.
Bedeutung
Erste Besiedlungsanzeichen
von Çatal Höyük deuten auf 7400 v. Chr.. Nach jetzigem Forschungsstand
war sie vor 8.000 Jahren die größte Siedlung der Welt. Das
Besondere an dieser Siedlung ist nicht die Art der Bildnisse,
sondern ihr Aufbau. Darstellungen einer weiblichen Göttin,
manchmal als Magna Mater (lat. "große Mutter") bezeichnet,
sind aus dieser Zeit auch von anderen Orten bekannt. Die
Siedlung bestand aus dicht an dich gebauten Häusern, vergleichbar
den Pueblos in Nordamerika. Gassen, Durchgänge, Straßen
und Plätze fehlten ganz. Es gab auch keine Türen und Fenster
an den Häusern. Man stieg über eine Leiter aufs Dach und
von dort durch eine Luke ins Haus. Durch die Bauweise und
ohne effiziente Belagerungstechnik erübrigte sich auch eine
"Stadtmauer". Allerdings waren die bewaffneten Männer der
Stadt, die auf einigen Bildern als Jäger mit Speeren abgebildet
sind, schon aufgrund ihrer Zahl für umherziehende Sammler-
und Jägergruppen selbst im Stammesverband unangreifbar.
Konkurrierende Siedlungen, die eine vergleichbare Kriegerzahl
hätten aufbieten können, sind nicht bekannt. In Çatal Höyük
wurden Kugeln aus Ton gefunden, die wahrscheinlich Schleudergeschosse
sind, sowie Darstellungen von Menschen mit Schleudern. Diese
gravierenden Unterschiede zum urbanen Bild des allerdings
viel späteren Uruk etc. machen deutlich, dass die Siedlung
eine ganz andere Sozialstruktur als die späteren Städte
hatte. Allem Anschein nach gab es in Çatal Höyük keine für
Städte kennzeichnenden zentralen Einrichtungen wie Palast
und Tempel in einem Regierungsviertel. Daher gibt es Theorien,
wonach die Menschen in einer Art von Anarchie lebten, jedenfalls
aber ohne große Klassenunterschiede. Alles deutet bis jetzt
auf die Abwesenheit von großen Eigentums- oder Machtunterschieden
hin. Die Abwesenheit nicht nur von Palästen und Herrschaftshäusern,
sondern auch von Villen, also besonders großen Häusern,
lässt einige Autoren annehmen, dass hier eine Urform des
Kommunismus geherrscht habe. Möglich ist aber auch, dass
jede Familie Eigentum am Familienhaus (Familienpueblo) und
einem Stück Land besaß und die Stadt genossenschaftlich
organisiert war. Alle Aussagen über die soziale Struktur
der Gesellschaft von Çatal Höyük enthalten aber wegen des
Alters der Fundstelle und des Mangels an schriftlichen Quellen
einen hohen Anteil an Spekulation. Darüber hinaus ist Çatal
Höyük in der Matriarchatsforschung ein viel zitiertes Beispiel
für eine matriarchale Kultur, in der die Geschlechter gleichberechtigt
waren.
Funde
Hier wurde im Jahre 1963 auch die bisher
älteste kartographische Darstellung in der Menschheitsgeschichte
gefunden. Die Wandmalerei zeigt die Siedlung um 6200 v.
Chr. mit ihren Häusern und dem Doppelgipfel des Vulkans
Hasan Dagi.
Literatur
* James Mellaart: Çatal Hüyük
- Stadt aus der Steinzeit. Bergisch Gladbach 1967. * Heinrich
Klotz: Die Entdeckung von Çatal Höyük - Der archäologische
Jahrhundertfund. München 1997. ISBN 3406432093 * Klaus-Dieter
Linsmeier, Klaus Schmidt: Ein anatolisches Stonehenge. in:
Spektrum der Wissenschaft - Spezial. Spektrumverlag, Heidelberg
2003,2, S.10-15. ISSN 0943-7996 ISBN 3936278350 * Ian Hodder,
Excavating Çatalhöyük: South, North and Kopal area reports
from the 1995-1999 seasons. McDonald Institute for Archaeological
Research, 2006, Çatalhöyük Research Project 3.
* Ian Hodder, Çatalhöyük: the leopard's tale: revealing
the mysteries of Turkey's ancient 'town'. London : Thames
& Hudson, 2006.
* Ian Hodder, Inhabiting Çatalhöyük: reports from the 1995-99
seasons (Cambridge: McDonald Institute for Archaeological
Research ; London: British Institute of Archaeology at Ankara
2005), BIAA monograph 38.
Weblinks
* Offizielle
Website des Grabungsteams
* Catal
Höyük. Interpretation am Scheideweg. openbook
von Gabriele Uhlmann (Matriarchats-orientiert)
* Totenkult
in Çatal Hüyük
* Çatal
Hüyük (mit Karte)
* Klassenlose
Gesellschaftsstruktur (Archäologische Belege)
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