Fundsache Luther


Ausstellungsrundgang

 
Die Ausstellung stellt das Leben des Privatmanns Luther in den Mittelpunkt. Anhand Fundstücken aus Lutherstätten in Eisleben, Mansfeld und Wittenberg sowie ergänzender Referenzobjekte aus der Lutherzeit und zahlreichen Darstellungen von Alltagsszenen in der Kunst des 16. Jahrhunderts veranschaulicht die Ausstellung das Alltagsleben der Familie Luther sowie die Zeit um 1500.

6.1. Zeit im Umbruch
Der Ausstellungsbeginn führt den Besucher in die historische Epoche der frühen Neuzeit ein. Luther und seine Familie lebten in einer Zeit am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Sein reformatorisches Wirken fand in einer Zeit des Umbruchs statt. Neue Erkenntnisse, Technologien und Entdeckungen wie beispielsweise die Entdeckung Amerikas und neuer Seewege in den Jahrzehnten um 1500 beeinflussten die gesellschaftlichen und religiösen Veränderungen und führten zu enormem Wissenszuwachs. Innovative Technik ließ industrielle Gewerbszweige erblühen, in Mitteldeutschland besonders Bergbau und Metallverarbeitung. Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks ermöglicht eine schnelle und preiswerte Vervielfältigung von Druckerzeugnissen. Luther wusste dieses neue Medium für die Verbreitung seiner Schriften zu nutzen. Er war auch gegenüber neuen Technologien aufgeschlossen. So zeigt die Ausstellung eine mechanische Uhr aus dem 16. Jh. wie sie auch Luther besessen hat.

6.2. Herkunft Luthers
Nach Luthers eigenen Angaben war sein „Vater, in seinen jungen Jahren [... ] ein armer Häuer gewesen. Die Mutter hat all ihr Holz auf dem Rücken getragen...“ Schon erste Schriftquellen, jetzt aber die Funde aus den Grabungen in Eisleben und Mansfeld widerlegen Luthers Aussage. Martin Luther war keineswegs Spross darbender Bauern oder mittelloser Bergarbeiter. Seine Vorfahren stammen aus dem thüringischen Dorf Möhra im Wartburgkreis. Dort ist die Familie seit dem 14. Jh. nachweisbar, schrieb sich allerdings noch Luder. Mit fünf Höfen und ausgedehntem Landbesitz zählte sie zur ländlichen Oberschicht.

Martins Vater Hans hatte nach lokalem Erbrecht als ältester Sohn keinen Anspruch auf den Gutsbesitz und konzentrierte sich demzufolge auf die Metallurgie, ein durchaus prestigeträchtiger und profitabler Broterwerb. Zur Intensivierung seiner Geschäfte zog er in die benachbarte Stadt Eisenach. Dort heiratete er die Patriziertochter Margarethe Lindemann. Diese Ehe wäre nie geschlossen worden, wenn seine Schwiegereltern ihn nicht für ebenbürtig oder standesgemäß gehalten hätten.

Martin Luther kam 1483 in Eisleben zur Welt. Schon nach kurzer Zeit zog die Familie nach Mansfeld, wo Luthers Vater mehrere Schmelzhütten und Kupfergruben pachten konnte. Das Haus, in dem Martin Luther aufwuchs, war ein stattliches Anwesen in guter Hauptstraßenlage. Eine Handschrift aus dem 16. Jh. – die Spangenberg-Chronik – dokumentiert in der Ausstellung die Geschichte des Mansfelder Landes.

6.3 Mansfeld
Die Funde der Grabung am Elternhaus Luthers in Mansfeld reflektieren die Lebensführung der Familie Luder und ihres jugendlichen Sohnes Martin. In thematischen Gruppen präsentiert die Ausstellung Gegenstände aus dem Lutherschen Elternhaus – von Wallfahrtsgegenständen, Kinderspielzeug, Essensgewohnheiten, Hygiene und Heilmitteln, Kleidung, Geld bis zu Einrichtungsgegenständen. Die einzelnen Funde zeugen von einem Großhaushalt mit bürgerlichem Wohnkomfort.

Das Anwesen der Familie Luder bestand aus drei Bereichen, dem zur Straße hin gelegenen Wohnhaus, den Stall- und Wirtschaftsgebäuden und der Scheune. Der Wohnbereich war mit verglasten Fenstern und gekachelten Öfen ausgestattet. Funde von Geschirrfragmenten belegen ein reichhaltiges Sortiment an Töpfen, Pfannen und Tiegeln, um zur Versorgung der Familie und des Gesindes zu kochen. Auch die Qualität des Kleiderschmucks und der Accessoires belegen den bürgerlichen Wohlstand von Hans und Margarethe Luder. Der Mutter kam damit die Organisation eines Großhaushaltes zu, die nicht allein die Sorge um Vater und Kinder, sondern zugleich um Mägde und Knechte umfasste. Waren damals die Kinder auch verstärkt in die Erledigung der Arbeiten in Haus und Hof mit einbezogen, so zeugen Funde von Spielzeug auch von der kindlichen Beschäftigung des jungen Martin Luther. Tonmurmeln, zu Kegeln geglättete Rinderknochen und diverse Klangspielzeuge sind Zeugen der Kindertage Luthers und seiner Geschwister.

Die in der Ausstellung präsentierten zersplitterten Brocken von Kupferschlacke im Hausmüll sind Hinweise auf die Körperpflege. Mit glühender Schlacke wurde das Badewasser erhitzt, wobei sie durch die plötzliche Abkühlung zersprang. Diese in holzarmen Bergbaurevieren übliche Methode sparte wertvolles Brennmaterial. So griff man auch beim Hüttenmeister Luder lieber auf kostenfreie Schlacke aus dem eigenen Betrieb zurück, um sich ein heißes Bad zu gönnen.

Erhitzte Samenkörner von Heilpflanzen lassen erahnen, dass im Hause Luder manch Leiden und Verletzung gelindert werden musste.

Mit Johanniskraut konnte man Depressionen, aber auch Wunden, Gicht und Rheuma behandeln. Das giftige Bilsenkraut diente – richtig dosiert – als Beruhigungs- oder Betäubungsmittel. Aus Schlafmohn wurde, je nach Zubereitung und Anwendung, Medizin gegen Schmerzen, Hustenreiz und Verdauungsstörung gewonnen.

Unter den Grabungsfunden fand man auch ein sogenanntes „Aachenhorn“, ein aus Ton gefertigtes Signalhorn, das Pilger als Zeichen ihrer Wallfahrt zu den Heiligtümern in Aachen kauften. Hans Luder oder einer der Seinen hatte demnach an einer Pilgerfahrt nach Aachen teilgenommen.

Wird man im Alltag sicherlich hölzernes Geschirr für das Essen genutzt haben, so belegen Scherbenfunde von Glas und glasierten Vorlegetellern, von Messern und Tafeldekorationen, dass die Familie in festlichem Rahmen durchaus zu repräsentieren wusste. Die entsorgten Tierknochen widerlegen die Mär vom armen Elternhaus Luthers. Es gab häufig Fleisch und zwar qualitätvolles vom jungerwachsenen Schwein, weit weniger von Schaf, Ziege und kaum Rind. Hausgeflügel, Huhn, Ente, Taube und vor allem Gans wird man wohl selbst gehalten haben. Als Freizeitvergnügen und als Delikatesse sind der Fang und Verzehr von Singvögeln belegt.

Regelmäßig wurde sowohl Süßwasser- als auch Salzwasserfisch gegessen. Brotgetreide und diverse Obstsorten ergänzten den Speisezettel, wobei Weintrauben- und Feigenreste ein gewisses Wohlleben anzeigen.

Immer wieder berichtet der Gerichtsschreiber von Mansfeld von Schlägereien und Messerstechereien. Auch ein Onkel des kleinen Martin war einschlägig bekannt und wurde letztlich im Wirtshaus erstochen. Man war gut beraten, sein Hab und Gut zu sichern.

Vorhängeschlösser, wie sie in der Ausstellung gezeigt werden, sind Zeugnisse verriegelter Türen und Truhen. Zur aktiven Verteidigung bewaffnete sich auch Hans Luder mit einer „Bauernwehr“ – einem langen und schweren Hiebmesser, das Landleute und Bürger führen durften.

Der Abfallfund in Luthers Elternhof unterscheidet sich von „normalem“ Hausmüll. Er enthielt nicht nur Unrat und Schutt, sondern auch Dinge, die sonst niemand weggeworfen hätte. Vor allem die vielen Kleiderzierteile und Münzen machen stutzig. Üblicherweise warf man die kupfernen Kleider- und Gürtelapplikationen – wie sie in der Ausstellung in einer großen Anzahl präsentiert werden – nicht weg, sondern trennte sie ab zum weiteren Gebrauch. Auch die Beseitigung eines Börseninhaltes im Werte eines Guldens ist ungewöhnlich.

Zudem zeigen die Münzen Hitzespuren. Offenbar wollte man all dies loswerden, wohl aus Angst, wahrscheinlich vor der Pest, die damals in Mansfeld wütete und der man auch hier recht hilflos gegenüberstand. Das Verbrennen verseuchter Habe – oft in speziellen Feuerkörben – noch im Haus des Patienten sollte die Ansteckungsgefahr mindern. Ärzte trugen bei der Behandlung von Pestkranken Schnabelmasken, die mit Aromakräutern gefüllt waren, um sich vor der Seuchenluft zu schützen. Leihgaben wie der Feuerkorb aus dem Stadtarchiv Nienburg/Weser und die Pestmaske aus einer Privatsammlung sind Beispiele für den Umgang mit der Pest. Auch ein verkohltes Textilstück in der Ausstellung verweist auf das Verbrennen von Kleidung aus dem Umfeld von Pestkranken.

Möglicherweise dokumentiert der in der Ausstellung zu sehende Stoffrest ein solches Drama in Luthers Elternhaus. Tatsächlich berichtete ein nahezu vergessener Zeitzeuge, dass anno 1505 zwei Brüder von Martin Luther in Mansfeld an der Pest verstarben. Beide wohnten noch bei den Eltern.

6.4. Luther als Mönch
1497 schickte der Vater den jungen Martin in die höhere Schule nach Magdeburg, dann nach Eisenach und schließlich zum Studium nach Erfurt, um ihn zum Juristen ausbilden zu lassen. Doch es kam anders: Nach einem außerplanmäßigen Besuch in Mansfeld geriet Martin auf dem Rückweg nach Erfurt bei Stotternheim in ein Unwetter, gelobte in Todesangst den Klostereintritt und durchkreuzte dabei den Lebensplan, den ihm sein Vater inklusive einer lukrativen Heirat bereits zugedacht hatte. Im Kloster erkannte man das Talent des jungen Bruders Martin und ließ ihn in Erfurt zum Theologen ausbilden.

Für den Abschluss seines Studiums schickte man ihn 1508 in das jüngst eröffnete Augustiner-Eremiten-Kloster nach Wittenberg. Hier erwirbt Luther den theologischen Doktorgrad (1512). Seine Zeit als junger Augustinermönch ist in der Ausstellung beispielsweise anhand einer Predigtkasel dokumentiert. Es handelt sich hierbei um ein Messgewand aus dem 16. Jh., das Luther der Überlieferung nach getragen haben soll, als er auf dem Weg nach Rom 1510 im Kloster Memmingen Station machte und dort die Messe las.

Zu dieser Zeit floriert im Land der Ablasshandel. Der Ablass ist ein Gnadenakt der katholischen Kirche, Sündenstrafen – etwa Gebetspflichten, Pilgerfahrten, Almosen – im Dies- und Jenseits zu verkürzen oder aufzuheben. Die Sünden selbst sind damit aber nicht vergeben. Im Spätmittelalter konnte man sich missbräuchlich von Bußaufgaben und Fegefeuerleiden durch Geldgaben an die Kirche freikaufen. Besonders Papst Leo X. (Amtszeit 1513 – 1521) steigerte diesen Ablasshandel, um sein Wohlleben und den teuren Bau des Petersdomes zu finanzieren. Führende Kraft in Deutschland war Kardinal Albrecht von Brandenburg, der mit dem Ablassgeld seine Ämterkäufe – Kurfürst, Bischof von Mainz und Magdeburg – finanzierte.

Der wuchernd missbräuchliche Ablasshandel widersprach dem theologischen Denken des akademisch geschulten Luther. Vor allem die falsche Versprechung, man könne sich generell von Schuld frei kaufen missfiel ihm. 1517 forderte er Kardinal Albrecht auf, diesem Irrglauben entgegenzuwirken. Als Disputationsgrundlage fügte Luther seinem Brief eine Thesenliste bei, die im handschriftlichen Original nicht erhalten blieb, aber schon bald als Druck weite Verbreitung fand.

Das Schreiben verfehlte seinen ursprünglichen Zweck, eine theologische Grundsatzdiskussion über die Ablasspraxis zu eröffnen.

Die Veröffentlichung der Thesen markiert jedoch unbestreitbar den Beginn der Reformation. Ihre populäre Wirkung entfaltete sich aber erst mit Luthers deutschsprachiger Schrift „Ein Sermon von Ablass und Gnade“ vom März 1518.

In der Ausstellung dokumentiert unter anderem ein Ablasszettel aus dem Jahr 1515 diese einschneidende Epoche in der Kirchengeschichte. Der ebenfalls in diesem Ausstellungsbereich ausgestellte Titelholzschnitt der Schrift „Ein Sermon gepredigt zu Leipzig auf dem Schloss am Tage Petri und Pauli“ aus dem Jahr 1519 zeigt den predigenden Augustinermönch Luther mit Kutte und Doktorhut – die älteste bekannte Darstellung des Reformators.

6.5. Wittenberg
In Wittenberg war Luthers beständiger Wohnsitz das Augustiner- Eremitenkloster – eine der Universität angegliederte Bildungsstätte des Ordens, mit deren Bau 1504 begonnen wurde. Erstmals zog Luther 1507 als Mönch hier ein. Quartier bot der Südflügel mit Schlafund Arbeitsräumen, Speisesaal und Klosterküche. 1522 löste sich der Konvent auf, das Anwesen fiel in kursächsischen Besitz. Im selben Jahr kehrte Luther aus seiner Schutzhaft auf der Eisenacher Wartburg an seine Universität zurück. Abermals bot der Klosterbau Luther eine Heimstatt. Sie wurde ihm vom sächsischen Kurfürsten zunächst zur Nutzung und 1532 schließlich als Eigentum überlassen. Mit dieser Förderung bot der Landesherr dem populärsten Theologieprofessor seiner Universität adäquate Wohn- und Arbeitsräume.

Am 13. Juni 1525 heiratete Martin Luther die ehemalige Zisterzienser- Nonne Katharina von Bora. Die Hochzeit zwischen Mönch und Nonne war ein noch größerer Skandal als Luthers ketzerische Papstkritik. Sie markiert seinen endgültigen Bruch mit der traditionellen Kirche. Die Bedeutung jenes Aktes spiegelt sich in etlichen Luther-Eheringen wider, deren Zuweisung zumeist nachträglich erfolgt ist. In der Ausstellung ist ein goldener Ring zu sehen, der vermutlich einer Dame von gehobenem gesellschaftlichen Rang gehörte. Vielleicht sogar Katharina von Bora selbst. Auf dem Doppelporträt von Lucas Cranach von 1526 anlässlich der Hochzeit von Luther und Katharina wird sie mit einem ähnlichen Ring dargestellt, den ein blauer Stein in Krappenfassung ziert.

Als Luther im einstigen Augustinerkloster seinen Wohnsitz nehmen durfte, begann sein bürgerliches Leben. Anhand der archäologischen Grabungsfunde in der Ausstellung wird deutlich, welchen Lebensstil Martin Luther und sein Frau Katharina von Bora mit ihren sechs Kindern führten. Spätestens seit seiner Vermählung und seinen Pflichten als Familienvater entsprach die Lebensführung großbürgerlichen Verhältnissen.

Außer der eigenen Familie lebten in Luthers Haushalt ältere Tanten, verwaiste Nichten und Neffen sowie Hausangestellte und eingemietete Studenten, insgesamt zwischen 35 und 50 Personen.

Zudem waren beständig Gäste zu bewirten, die dem Hausherrn ihre Referenz erwiesen. Ob einfacher Frühstückstisch oder prunkvolle Abendtafel – die Funde weisen darauf hin, dass der Luthersche Haushalt über das passende Servier- und Speisegeschirr verfügte.

Besonders die Qualität des Tafelgeschirrs ist hervorzuheben. Die Ausstellung zeigt hochwertiges Steinzeug und Trinkgläser heimischer Produktion sowie mit Fayencen und Glasgefäßen aus Venedig und Prunkkeramik aus der Türkei exotische Erzeugnisse von beträchtlichem Wert. Luther konnte durchaus mit feudalem Repräsentationsstil aufwarten. Scherzgefäße zeigen überdies, dass man mit Humor bei geselligem Trunke beisammen saß.

Die Knochenfunde im Hinterhof des Lutherschen Wohnhauses in Wittenberg zeigen, dass sowohl Hausvieh als auch Hoch- und Niederwild verzehrt wurden. Den Fleischbedarf deckte zum Großteil der eigene Bestand, doch es mussten noch beträchtliche Mengen hinzugekauft werden, jährlich im Wert von etwa 300 Gulden. Fisch erhielt Luther wohl auch aus eigenen Teichen. Wildbret gelangte sicherlich als kurfürstliches Geschenk in den Haushalt.

Prägnante Fundstücke aus dem Lutherhaus gewähren Einblicke in die tatsächlichen Wohnverhältnisse des Reformators. Als Reste der Inneneinrichtung sind mehrere Kachelöfen, etliche Wandbrunnenkästen, Butzenscheibenfenster, Möbelbeschläge, Öllampen und Kerzenleuchter zu identifizieren. Bemerkenswert ist die hohe Qualität des Interieurs. So versah man zumindest einige Fensterscheiben mit entfärbtem Glas, das teurer als gewöhnliches Grünglas war. Aber sie erhöhte die Raumhelligkeit, was bei der immensen Schreibtätigkeit des Hausherrn nützlich war. Auch die anderen Beleuchtungshilfen – u.a. spezielle Standleuchter – sind Hinweise auf die Raumausstattung eines bekennenden Vielschreibers, der auch zur Nachtstunde über den Manuskripten saß.

Die Zimmeröfen sorgten für ein behagliches Ambiente.

In den Resten des Wittenberger Lutherhaushalts hat sich nur vereinzeltes Kleiderzubehör aus Metall erhalten. All diese kleinteiligen Kleidernadeln, Haken und Ösen sind allerdings keine Hinweise auf entsorgte Kleidung, sondern Zufallsverluste.

Eine beachtliche Anzahl von Medikamentbehältern aus dem Wittenberger Anwesen Luthers sind Indizien für einen erheblichen medizinischen Behandlungsbedarf. Die zylindrischen Töpfchen und beutelförmigen Fläschchen aus Glas und Keramik sind charakteristische Apothekengefäße, in denen Salben und andere Heilmittel verkauft wurden. Luther selbst litt auch an chronischen Beschwerden wie beispielsweise Tinnitus und Herzbeklemmungen.

6.6 Luthers Tod und Nachleben
Luther starb am 18. Februar 1546 in seiner Geburtsstadt Eisleben.

Sein Tod war ein Politikum. Schon zu seinen Lebzeiten machten Gerüchte von Selbstmord und Höllenfahrt die Runde. Umso dringender musste die protestantische Seite den Heimgang des Reformators im Einklang mit Gott darstellen. Dies sollte auch die Rechtmäßigkeit ihrer Konfession beweisen. Die Mitstreiter verbreiteten Berichte über Luthers Sterbestunden. In der Ausstellung zeigt das Bildnis „Martin Luther im Tode“, von Lucas Cranach d. J. um 1574 geschaffen, den toten Luther mit friedlich entspannten Gesichtszügen und in ein weißes faltenreiches Totenhemd gekleidet mit übereinander geschlagenen Händen auf einem angedeuteten weißen Kissen.

Gleichzeitig sollte auf landesfürstlichen Willen ein prächtiges Grab Luther ein monumentales Andenken bewahren. Die Stätten seines Wirkens avancierten zu regelrechten Wallfahrtsorten, obwohl Luther doch Heiligenverehrung allgemein wie auch eigenen Personenkult strikt abgelehnt hatte. Persönliche Hinterlassenschaften des Reformators wurden – bisweilen reliquiengleich – in Ehren gehalten.

Sein Konterfei war schon im 16. Jh. weithin präsent: durch zahllose Darstellungen auf Gemälden aus der Cranach-Werkstatt, aber auch auf Drucken, Ofenkacheln und nicht zuletzt Medaillen wurde geradezu eine Ikone geschaffen. Mit der Reformationszeit begann die Medienära. Politische und religiöse Informationen, Propaganda und Hetze wurden mit seriell herstellbaren Schrift- und Bildträgern weithin verbreitet. Die ständige Wiedergabe eindrücklicher und symbolträchtiger Motive sollte Stärke zeigen, Überzeugung leisten und einprägend wirken. Daher gehört Luther zu den am häufigsten dargestellten Personen seiner Zeit.

Zu den kuriosesten Hinterlassenschaften, die man der Person Martin Luthers zugerechnet hat, dürfte der im Thüringischen Staatsarchiv Altenburg aufbewahrte so genannte Lutherfloh sein. Auf einem separaten Bogen Papier, der einer Abschrift eines Originalmanuskriptes Luthers beilag, findet sich ein aufgeleimter Floh nebst folgender Beschreibung: „Floh, gefunden in Luthers Collegienheft über die kleinen Propheten vom Jahre 1524 / 25, auf der Seite, welche am 5. April 1525 beschrieben wurde. Papier und Handschrift wirken jedoch relativ modern, so dass der „Fund“ – ernst gemeint oder nicht – wohl nicht vor dem Ende des 19. Jh. stattgefunden haben wird.


    alle Texte & Bilder: REM Mannheim
 

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