Mit seinen 12 PS konnte der knallrote Porsche 111 in den
späten 1950er Jahren glänzen – nicht auf
der Straße, aber auf dem Acker. Insgesamt produzierte
das Unternehmen bis zur Einstellung der Schlepperfertigung
1963 etwa 120.000 Traktoren – fast doppelt so viele
wie Porsche-Automobile im selben Zeitraum.
Der Traktor ist eines von rund 600 Exponaten der neuen
Wechselausstellung „Hauptsache Arbeit. Wandel der
Arbeitswelt nach 1945“. Vom 2. Dezember 2009 bis
5. April 2010 fragt die Stiftung Haus der Geschichte der
Bundesrepublik Deutschland am Beispiel verschiedener Branchen
nach den Veränderungen in der Arbeitswelt, besonders
der Entwicklung von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft.
Welchen Stellenwert hat Arbeit heute noch für den
Einzelnen? Hat sich die gesellschaftliche Einstellung zur
Arbeit verändert?
Auch die zahlreichen Medien und künstlerischen Installationen
in der Ausstellung machen Wandlungsprozesse erlebbar und
regen zum Nachdenken an: Am Beispiel der Produktion eines
Mobiltelefons zeigt eine Projektion zur globalen Arbeitsteilung
und Vernetzung Beteiligte rund um den Globus nicht nur
am Arbeitsplatz, sondern auch im privaten Umfeld; ein Künstlerkollektiv
lässt den Besucher in der Ausstellung im Wortsinn
auf einem Ergometer arbeiten, um Informationen zum Thema „Arbeit“ zu
bekommen.
Stiftungspräsident Prof. Dr. Hans Walter Hütter
erläutert: „Arbeit geht über die unmittelbare
Existenzsicherung weit hinaus. Arbeit ist Teil der menschlichen
Identität“.
Rund 50 Zeitzeugen kommen in „Hauptsache Arbeit“ zu
Wort: Sie geben Auskunft über ihre Berufsbiografien
und berichten über den Wert der Arbeit in ihrem Leben.
Die Interviews belegen, dass Arbeit keine abstrakte ökonomische
Größe ist, sondern Menschen existenziell berührt.
Diese Lebensläufe sind Bestandteil der neun Ausstellungsbereiche,
in denen sich das Thema konkretisiert. Jedes Fallbeispiel
veranschaulicht eine andere Branche und dokumentiert strukturelle
Veränderungsprozesse: So repräsentiert das Volkswagenwerk
in Wolfsburg in den 1950er Jahren den Übergang zur
Massenproduktion in der deutschen Automobilindustrie und
die daraus erwachsenden Chancen für eine attraktive
betriebliche Lohn- und Sozialpolitik.
Anfang der 1960er Jahre – lange bevor der Begriff
der Globalisierung Allgemeingut wurde – geriet die
deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie verstärkt
unter internationalen Konkurrenzdruck. Dies hatte teils
dramatische Konsequenzen für den Produktionsstandort
Deutschland – vor allem für die überwiegend
weiblichen Arbeitskräfte. Weitere Bereiche in der
Ausstellung sind die Entwicklungen in der Landwirtschaft
und im Dienstleistungssektor z. B. bei der Deutschen Post,
die sich vom Staatsbetrieb zum „global player“ wandelte.
Arbeit in der DDR
Der Gegensatz zwischen der Arbeitswelt in der Bundesrepublik
Deutschland und der DDR ist ein weiterer Schwerpunkt der
Ausstellung, wobei die Zeitzeugen trotz unterschiedlicher
politischer Rahmenbedingungen den Wert der Arbeit für
ihr Leben ähnlich einschätzen. Das unter den
Bedingungen der Zentralplanwirtschaft seit 1950 neu errichtete
Eisenhüttenkombinat Ost (EKO) erlaubt einen Blick
in den Alltag eines sozialistischen „Musterbetriebes“,
der als Vorzeigeprojekt entstand. Sein voller Ausbau scheiterte
jedoch an der einseitigen Ausrichtung des ersten Fünfjahrplans
an der Schwerindustrie und an den Ereignissen rund um den
Volksaufstand am 17. Juni 1953.
Zukunft der Arbeit
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wandelt sich die Arbeitswelt
durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien,
beschleunigte Rationalisierung, Automatisierung und Flexibilisierung
sowie verschärfte internationale Konkurrenz rasant.
Die Ausstellung gibt den Besuchern auch Anstöße, über
die Zukunft von Arbeit nachzudenken: Welche Auswirkungen
hat der demografische Wandel auf die sozialen Sicherungssysteme?
Wird es Erwerbsarbeit in den vorhandenen Formen bald nicht
mehr geben? Hauptsache Arbeit. Wandel der Arbeitswelt nach 1945
2. Dezember 2009 – 5. April 2010 Öffnungszeiten:
Di-So, 9-19 Uhr, Eintritt frei |