Heuneburg
(Herbertingen-Hundersingen)
Genese und soziale Struktur
Was zunächst Hypothese war, konnte durch ein Forschungsprojekt
1999 - 2003 nachgewiesen werden: Grundlage der Entstehung
der Heuneburg und der großen Grabhügel in der Umgebung gleichermaßen
ist eine Festigung der vorangegangenen verstreuten bäuerlichen
Siedlung durch Prosperität, verbunden mit der Herausbildung
lokaler Eliten, was zur Konzentration dieser verschiedenen
kleineren Siedlungsverbände in der Neusiedlung Heuneburg
geführt hat. Die lokalen Eliten, die zur Schaffung einer
Festung dieses Ausmaßes allein in der Lage waren, hatten
ihren Schwerpunkt weiterhin in den umliegenden Siedlungen,
wo sie auch ihre aufwendig errichteten Grabhügel errichteten.
Diese Phase der Prosperität lag gleichzeitig mit der Blütezeit
der Heuneburg, also im 7. Jahrhundert, und erbrachte für
die Siedlungen dieser Zeit das Bild sowohl von rapider Zunahme
der Bevölkerung als auch Hinweise auf spezialisiertes Handwerk.
Rang und Fähigkeiten der Burgherren zeigen sich im Import
von Weinamphoren aus dem Mittelmeerraum und griechischen
Tongefäßen und damit in vielfältigen Kontakten der Burgherren
mit den Hochkulturen des Mittelmeerraumes im 6. und 5. Jh
v.Chr.
Die
Heuneburg war in dieser Zeit mit einer Blockwerkmauer befestigt
und hatte die Struktur einer lockeren Ansiedlung mit einzelnen
Gehöften. Mitte des 6. Jahrhunderts aber wurde diese
alte und traditionelle Struktur zu Gunsten einer regelmäßigen
und dichten Bebauung verändert, und - wohl etruskischen
Vorbild folgend - eine Fesdtungsmauer aus luftgetrockneten
Lehmziegeln errichtet. Die Anlage zeigte sich in dieser
Phase - zumindest in der Modellvorstellung - als befestigte
"Höhenburg mit planmäßig angelegten Gebäuden, mit Wohn-,
Wirtschafts- und ausgesprochenen Repräsentationsbauten".
In weiteren Grabungen konnte die Außensiedlung - in der
Vorstellung "mit gehöftweise gruppierten Wohn-, Wirtschafts-
und Werkstattgebäuden" (beide Zitate S. Kurz, 2000) - statt
ursprünglich nur auf ca 10 ha auf einer Fläche von mindestens
35 ha und einer ständig hier lebenden Bevölkerung
von einigen tausend Menschen nachgewiesen werden.
Das Ende der Außensiedlung ist offenbar auch das Ende der
die Heuneburg bestimmenden Gesellschafts- und Herrschaftsstruktur.
Gegen Ende des 6. Jh. v. Chr. ließen die zentralistischen
Kräfte nach, die altgewohnte Streusiedlung in Einzelhöfen
und Weilern erhielt wieder den Vorrang. Die Heuneburg smt
ihrer Lehmziegelmuer wurde zerstört, die Außensiedlung
aufgelassen und planiert, auf ihrem Gelände wurden
neue Grabhügel der (neuen?) Burgherren errichtet.
Betrachtet man die Entstehungsgeschichte der Heuneburg mit
ihrer Außensiedlung und die mit der Größe verbundenen Problemlösungsfähigkeit
in Wirtschaftskraft und Versorgung, stellt diese Siedlung
den "nördlich der Alpen ältesten Ansatz zur Stadtbildung"
dar (S. Kurz, 2003). Größe und Kraft dieser Siedlung lassen
inzwischen an der Annahme, dass der Brand der Heuneburg
und das Verlassen der Außensiedlung am Ende des 6. Jh. mit
einem feindlichen Überfall zusammenhängen, erhebliche Zweifel
aufkommen.
Die Rückkehr zu "traditionellen" Siedlungsformen
brachte auch eine Rückkehr zur alten Holz-Erde-Befestigung
mit sich. Um die Wende des 6. zum 5. Jahrhundert lässt
sich im Südosten der Burg ein Herrensitz nachweisen,
währenddessen im unmittelbaren Vorfeld der Burg eine
neue Siedlung mit einer Umwehrung entstand. Das Areal der
alten Außensiedlung gab Platz für die Großgräber
der neuen Herren.
Die Heuneburg samt ihrer vorgelagerten Siedlung wurde gegen
400 v. Chr. zerstört, verlassen und nicht wieder aufgebaut.
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