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Etrusker - Antike Hochkultur im Schatten Roms

Sie gelten als eines der innovativsten Völker der Antike und haben lange vor den Römern die erste grosse Zivilisation Italiens geschaffen: die Etrusker. In einer umfassenden Sonderschau präsentiert das Museum zu Allerheiligen das faszinierende Volk in seiner ganzen Vielfalt.

Rom war eine noch unbedeutende Siedlung, als die Etrusker im 6. und 5. Jh. v. Chr. in der Blute ihrer kulturellen Entfaltung standen. Dank üppiger Metallvorkommen, einer blühenden Landwirtschaft und florierendem wirtschaftlichem und kulturellem Austausch mit anderen Mittelmeerkulturen entwickelten sich die Etrusker zu einem der wichtigsten Völker der Antike. Ihr Stammland umfasste die heutigen Provinzen Toskana, Umbrien und nördliches Latium.

Aufsatz eines Kandelabers zweites Viertel 4. Jh. v.Chr., Bronze, Körbchenohrringe zweite Hälfte 6. Jh. v.Chr., GoldDer Schaffhauser "Etruskologe" und Maler Heinrich Wüscher (1855-1932)Ein Panorama der etruskischen Kultur und Lebenswelt
Die Ausstellung entfaltet auf rund 750 m² Ausstellungsflache ein Panorama der etruskischen Kultur und Lebenswelt. Schmuck, Vasen, Skulpturen und kunstvoll gearbeitete Gebrauchsgegenstände erzählen von weitläufigen Handelsbeziehungen und einer ausgeprägten Festkultur, aber auch von Wahrsagekunst, Totenkult und Ahnenverehrung. Die rund 250 Exponate stammen mehrheitlich aus der museumseigenen Sammlung, die knapp 40 ausgesuchten Leihgaben reisen aus dänischen, deutschen und Schweizer Museen nach Schaffhausen. Verschiedene Medienstationen vertiefen die Informationen zu den sorgfältig inszenierten Exponaten.

Beim Eintritt in die Ausstellung wirft die Marmorbuste des ersten romischen Kaisers Augustus seinen Schatten symbolisch voraus. Sie versinnbildlicht das Aufgehen der etruskischen Kultur im romischen Reich: Im Jahr 27 v. Chr. wird Etrurien offiziell in die romische Verwaltung eingegliedert und die Etrusker, Begrunder der ersten Hochkultur Italiens, verschwinden im Dunkel der Geschichte.

Hochkaratige Preziosen, aber auch zahlreiche schlichte, bisher nie ausgestellte Alltagsobjekte – etwa verzierte Garnspulen aus Ton – lassen die Besucher in die Welt der Etrusker eintauchen. Dort begegnen sie zahlreichen Meisterwerken der etruskischen Metallbearbeitung wie zum Beispiel einem achtteiligen Kerzenhalter mit Aufsatz in Form eines Pferdebandigers oder dem Griff eines kostbaren Behalters, der in Form eines Satyrn und einer nackten Frau gestaltet ist. Dass die Etrusker zu den begnadetsten Goldschmieden der Antike zahlten, beweisen nebst vielen anderen Kostbarkeiten eine goldene Fibel mit Glasbugel oder ein in aufwandiger Granulations-Technik gefertigtes Ohrringpaar.

Aufsatz eines Kandelabers zweites Viertel 4. Jh. v.Chr., Bronze, Museum zu Allerheiligen Schaffhausen, Sammlung Ebnöther. Dieses Meisterwerk der etruskischen Metallurgie gehört zu einem Kerzenhalter und zeigt einen Pferdebändiger. Wahrscheinlich handelt es sich um einen der beiden Dioskuren, Kastor oder Polydeukes. Foto: Ivan Ivic

Körbchenohrringe zweite Hälfte 6. Jh. v.Chr., Gold, Museum zu Allerheiligen Schaffhausen, Sammlung Ebnöther. Die Etrusker gehörten zu den begnadetsten Goldschmieden der gesamten Antike. Bei diesem Ohrringpaar sind verschiedene hoch komplexe Techniken angewendet worden. Foto: Ivan Ivic

Der Schaffhauser "Etruskologe" und Maler Heinrich Wüscher (1855-1932)

Ein vergessener Schaffhauser Etruskologe
Aus Kopenhagen nach Schaffhausen reist ein Faksimile einer weltberuhmten tarquinischen Grabmalerei. Es entstand 1895 und stammt aus der Hand des vergessenen Schaffhauser Kunstlers Enrico Wuscher-Becchi (1855 – 1932), der es innerhalb eines etruskologischen Grabmalerei-Projekts im Auftrag des danischen Kunstsammlers Carl Jabosen anfertige. Es gehort heute zum Bestand der Ny Carlsberg Glyptotek Kopenhagen.

Das Faksimile fuhrt den Besucherinnen und Besuchern nicht nur eindrucklich die Dimensionen der etruskischen Grabmalereien vor Augen. Es ist gleichzeitig auch eine Reverenz an den Schaffhauser Maler, der mit dem Museum zu Allerheiligen auf besondere Weise verbunden ist: Er war es, der in den 1920er Jahren die Umgestaltung des damals baufalligen Klosters in ein Museum anregte.

Der Ausstellung kommt noch eine zusatzliche Bedeutung zu: Erstmals seit 60 Jahren wird in einem Schweizer Museum wieder ein umfassender Einblick in die Kultur der Etrusker geboten. Die letzte grosse Ausstellung zu den Etruskern fand 1955 im Kunsthaus Zurich statt.

Katalog
Im Verlag Philipp von Zabern erscheint ein Sammlungskatalog mit samtlichen 235 etruskischen Objekten der Sammlung Ebnother. Viele davon werden hier zum ersten Mal publiziert und wissenschaftlich aufgearbeitet. CHF 57.-, erhaltlich im Museumsshop.

Die Sammlung Ebnöther und die Etrusker
Mit der Sammlung Ebnother besitzt das Museum zu Allerheiligen Schaffhausen eine Antikensammlung von internationaler Bedeutung. Über 6000 Objekte aus zahlreichen antiken Kulturen hat der leidenschaftliche Sammler Dr. Marcel Ebnother (1920 ̶ 2008) wahrend gut zweier Jahrzehnte zusammengetragen. 1991 schenkte er seine Sammlung der Stadt Schaffhausen. Seither bildet sie ein Highlight unter den breit gefacherten Bestanden des Museums zu Allerheiligen.

235 Objekte aus der Sammlung Ebnother entstammen der etruskischen Kultur. Im Vergleich mit den Kollektionen italienischer Museen ist diese Objektgruppe zwar weniger umfangreich, geniesst in Fachkreisen aufgrund ihrer feinen Qualitat jedoch grossen Respekt. Dank der klugen Auswahl Ebnothers bildet die Schaffhauser Sammlung eine ideale Basis fur unsere Sonderausstellung, zeigt sie doch die gesamte Bandbreite des herausragenden etruskischen Kunsthandwerks. Nahezu alle Techniken und Materialien sind vertreten – vom schlichten tonernen Alltagsutensil bis hin zur kostbaren Preziose, die verschiedenste raffinierte Goldschmiedetechniken kombiniert.

Ebnother selbst begegnete der etruskischen Kultur erstmals anlasslich der bedeutenden Ausstellung Leben und Kunst der Etrusker im Kunsthaus Zurich 1955. Diese Begegnung markierte den Beginn einer lebenslangen Faszination fur eine Kultur, die bis heute einer breiten Offentlichkeit nur wenig bekannt ist.

Henkelattasche mit Darstellung eines Haruspex, 5. Jh. v.Chr., Bronze


Ciste, Praeneste, 3. – 2. Jh. v. Chr., Bronze

Aschenurne, 3. Jh. v. Chr., Ton

Enrico Wüscher-Becchi, Faksimile der Wandmalerei in der Tomba dei vasi dipinti Tarquinia, 1895

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