Die Faszination für das Okkulte. 1750-1950


 
 

Die Ausstellung „L’Europe des esprits oder die Faszination für das Okkulte. 1750-1950“ verfolgt einen interdisziplinären Ansatz und untersucht den Einfluss, den das Okkulte in entscheidenden Perioden der Neuzeit auf europäische Künstler, Denker und Gelehrte ausübte.

Die drei Schwerpunkte der Schau sind:

  • Kunst (Malerei, Zeichnung, Bildhauerei, Druckgrafik und Fotografie) und Literatur, betrachtet durch das Prisma des Übersinnlichen und Obskuren
  • esoterische Traditionen, zeitlich weit gespannt, von den Gründungstexten bis hin zu den ikonografischen Quellen
  • die Querverbindungen zwischen okkulten Phänomenen und Wissenschaft am Beispiel von Forscherfiguren, Versuchen und wissenschaftlichen Geräten.

Auf einer Ausstellungsfläche von mehr als 2000m2 zeigt die Ausstellung im Straßburger Museum für moderne und zeitgenössische Kunst rund 500 Werke und 150 wissenschaftliche Gegenstände sowie 150 Bücher und etwa 100 Dokumente aus 25 europäischen Ländern.

Europas Geister – Kunst und Literatur

Konzept: Museum für moderne und zeitgenössische Kunst Straßburg

Schon immer übten das Übersinnliche und Okkulte auf die Menschen eine große Faszination aus, die besonders in der Kunst ihren Niederschlag fand. Es mag paradox anmuten, dass gerade im Zeitalter der Aufklärung, als sich die Wissenschaft bemühte, die Welt auf rationale Weise zu erklären, mit den Vorläufern der Romantik spiritualistisches Gedankengut aufkam. Man zog damals als Erklärung für etwas, das man nicht verstand, gern Dinge heran, an die man einfach glauben wollte: Gespenster, Feen und Dämonen. Der Dichter und Maler William Blake glaubte an Geister, während Goethe versuchte, den Geheimnissen des Lebens und der Farben auf den Grund zu gehen. Wie Novalis, der von der Magie der Kunst sprach, verstanden sich manche Künstler als Hellseher oder Medium. Als in der Mitte des 19. Jahrhunderts die spiritistische Bewegung auf den Plan trat, war Victor Hugo einer der ersten großen Künstler, die in spiritistischen Sitzungen Geister anriefen. Der Spiritismus verbreitete sich schnell in allen Schichten und fand in Allan Kardec seinen Theoretiker (Buch der Geister, 1857). Erneut waren Feen, Teufel, Vampire, Geister und die Kommunikation mit Verstorbenen in Mode und wurden zum Gegenstand vieler Bilder und Darstellungen. Vom mystischen Straßburger Schriftsteller Édouard Schuré inspiriert, begeisterten sich die Symbolisten und die Künstler der Nabis-Gruppe für Okkultismus. Auch in Literatur, Architektur, Tanz und Musik, von Mozart über Wagner bis hin zu Satie und Varèse, in Fotografie, im noch jungen Film von Méliès bis Fritz Lang, waren diese Einflüsse spürbar. Um die Jahrhundertwende wurden Mediumismus und parapsychologische Phänomene leidenschaftlich diskutiert. Besonders kam dies in der europäischen Literatur und bildenden Kunst zum Ausdruck. Es gab überzeugte Spiritisten wie Conan Doyle und Hilma af Klint. Der tschechische Maler František Kupka beschäftigte sich eine Weile mit theosophischen Fragen, länger setzten sich Piet Mondrian und Theo van Doesburg damit auseinander. In Deutschland vertraten die Maler des Blauen Reiters, darunter Kandinsky und Arp, theosophische Standpunkte. Auch Surrealisten wie André Breton, André Masson, Victor Brauner und Kurt Seligmann wollten den Befehlen des Wunderbaren folgen.

In diesem der Literatur und der bildenden Kunst gewidmeten Teil beleuchtet die Ausstellung die tieferen Ursachen für die Hinwendung zu den Mythologien des Okkulten und ihren faszinierenden Bildern in diesen beiden Jahrhunderten.

160 Künstler sind vertreten, darunter Caspar David Friedrich, Francisco Goya, Henry Fuseli, Eugène Delacroix, Gustave Doré, Victor Hugo, Akseli Gallen-Kallela, Edvard Munch, Ferdinand Hodler, Odilon Redon, Jan Toorop, Nicholas Roerich, M. K. Ciurlionis, František Kupka, Wassily Kandinsky, Kasimir Malewitsch, Piet Mondrian, František Drtikol, Dimitri Paciurea, Jean Arp, Paul Klee, Max Ernst, André Masson, Roberto Matta, Wifredo Lam, Fleury-Joseph Crépin, Augustin Lesage, Hélène Smith…

Geschichte und Ikonografie des Okkultismus: eine Welt in Schriften und Bildern

Konzept: Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg und Kupferstichkabinett der Straßburger Museen

Dass es Esoterik schon in sehr frühen Zivilisationen gab, wissen wir aus Schriften und Stichen, die solche Phänomene gern aufgriffen. Dies veranschaulichen die Bestände der Straßburger Universitätsbibliothek und des Kupferstichkabinetts der Straßburger Museen, die in der Ausstellung ihre markantesten Werke zum Thema „Die Geister Europas“ zeigen: Spiritismus, Esoterik, Okkultismus, Zauberei, Hexerei, Wahrsagerei usw. Die BNU verfügt über eine ganze Sektion mit bedeutenden neuzeitlichen Texten über Okkultismus und andere Formen von Spiritualität. Papyrus- und Manuskriptsammlungen, Inkunabeln, wertvolle seltene Bücher und elsässische Schriften sowie religionswissenschaftliche Abhandlungen und literarische Werke veranschaulichen die ganze Vielfalt der Schriftstücke zu diesem Thema, ohne dabei Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu können.

Zahlreiche Bilder illustrieren die historischen Hintergründe. Die Besucher können nicht nur die Originalausgaben wichtiger Texte bewundern, sondern sich auch mit der Arbeit von Verlegern, Druckern, Grafikern und Illustratoren bekannt machen, die diese Tradition bis in die heutige Zeit fortführen. Vorgestellt werden die Schriften der bedeutendsten Autoren sowie die Schlüsselmomente der langen Geschichte des Okkultismus in Europa und darüber hinaus. Als Brückenschlag zum wissenschaftlichen Abschnitt der Schau werden Forschungsarbeiten zu übernatürlichen Erscheinungen vorgestellt und Querverbindungen zwischen der Wissenschaft und den mystischen und esoterischen Strömungen in diesen beiden Jahrhunderten aufgezeigt.

Die wichtigsten Autoren in diesem Abschnitt: Pythagoras, Plato, Virgil, Dante, Meister Eckhart, Marsile Ficin, Cornelius Agrippa, Paracelsus, Lavater, Milton, Swedenborg, Cagliostro, Goethe, Balzac, Novalis, Kardec, Schuré, Conan Doyle, Huysmans, Ivan Goll, André Breton, Fulcanelli. Die Werke stammen aus dem Bestand der Straßburger Universitätsbibliothek.

Einige Künstler: Baldung Grien, Brentel, Cranach, Dürer, Schongauer, Mantegna, Jacques Callot, Piranesi, Girodet-Trioson

Als die Wissenschaft Geister vermaß

Konzept: Zoologisches Museum der Stadt Straßburg und Jardin des sciences der Straßburger Universität

Im 19. Jahrhundert interessierten sich viele Wissenschaftler für Okkultismus und Spiritismus, von Chevreuls schwebenden Tischen bis hin zur métapsychique des Charles Richet. Um 1900 wurden sogar Geräte entwickelt, mit denen man Levitationen, Geistererscheinungen usw. rational erklären wollte. Diese Begegnung zwischen Wissenschaft und Esoterik dokumentiert die Ausstellung in drei Abschnitten:

- Elektrizität, Funktechnik, Radium, Röntgenstrahlen usw. – gegen Ende des 19. Jahrhunderts werden zahlreiche Entdeckungen gemacht und neue Techniken erfunden. Ausgehend von diesen Neuerungen werden Maschinen entwickelt, die diese neuen Ressourcen messen bzw. nutzbar machen sollen. Allerdings bleiben manche Phänomene ungeklärt. Die Europäer begeistern sich für die scheinbar unbegrenzten neuen Möglichkeiten und beschäftigen sich zunehmend mit wissenschaftlichen Fragen.

- Gleichzeitig begeistern sich viele Europäer aber auch für Okkultismus, und Wissenschaftler wie William Crookes, Pierre und Marie Curie, Camille Flammarion und Jean-Martin Charcot beginnen, den Mediumismus zu erforschen. In Experimenten mit dem Medium Eusapia Palladino sollen deren mediale Fähigkeiten nachgewiesen werden. Der Physiologe Charles Richet nennt das neue Forschungsgebiet métapsychique.

- Im Ersten Weltkrieg nimmt das allgemeine Interesse an Spiritismus weiter zu. Die Wissenschaft geht allerdings auf Abstand zu diesem Forschungsgegenstand, und unter Psychologen und Psychiatern gilt métapsychique fortan als Pseudowissenschaft. In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen wird die wissenschaftliche Forschung immer professioneller, die Grundlagenforschung gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Die Ausstellung zeigt zahlreiche Objekte aus dem Bestand renommierter Institutionen wie dem Musée des Arts et Métiers, dem Institut Curie und dem Musée de la Médecine Lyon. Einige Exponate stammen auch aus den umfangreichen Sammlungen der Straßburger Universität und der Association de muséographie et de médiation scientifique (AMUSS).

Zu sehen sind seltene Originalinstrumente, darunter das weltweit einzige Exemplar von Mesmers magnetischem Baquet, eine Röntgenröhre, eine Crookes’sche Lichtröhre, ein Telegraph, ein Branly-Fritter und ein Photophon von Bell. Briefe, Fotografien, Presseartikel und Videos ergänzen die Präsentation.

Begleitend zur Ausstellung wird ein pädagogisches und kulturelles Programm angeboten. Es ist in Kürze erhältlich.

Der Ausstellungskatalog erscheint beim Verlag der Straßburger Museen:
L’Europe des esprits ou la fascination de l’occulte, 1750-1950
ISBN: 978-2-35125-092-1, ca. 450 Seiten
Mit Beiträgen von Daniel Bornemann, Heloïse Conesa, Antonio Bonnet Corres, Osvaldas Daugelis, Michel Draguet, Serge Fauchereau, Savine Faupin, Marie-Jeanne Geyer, Olle Granath, Anny-Claire Haus, Annie Le Brun, Daniel Payot, Laurence Perry, Lucienne Peiry, Estelle Pietrzyk, Joëlle Pijaudier-Cabot, Roland Recht, Sébastien Soubiran, Christoph Wagner und Marie-Dominique Wandhammer

Parallel zu dieser Ausstellung präsentiert das Historische Museum der Stadt Straßburg vom 14. Oktober 2011 bis 5. Februar 2012 die Ausstellung „Les Frères Réunis à Strasbourg, une loge maçonnique engagée“. Anlass dieser Schau über die Geschichte der Straßburger Freimaurerei ist der 200. Jahrestag der Straßburger Loge. Zu sehen sind Stücke aus der umfangreichen Sammlung des Museums (Tempelausstattung, Schurze, Freimaurerschmuck, Patente, Logenbilder und Werke von Freimaurern), die von der Bedeutung und Vitalität der Straßburger Freimaurerei im 19. Jahrhundert zeugen.

Kuratorin der Ausstellung ist Monique Fuchs, Leiterin des Historischen Museums der Stadt Straßburg.

Diese Ausstellung wurde vom französischen Ministerium für Kultur und Kommunikation als Veranstaltung von nationalem Interesse eingestuft und erhält eine staatliche Sonderfinanzierung.

Oberster Schirmherr der Ausstellung ist der französische Minister für Kultur und Kommunikation.

Ferner steht sie unter der Schirmherrschaft von Herrn Thorbjørn Jagland, Generalsekretär des Europarates.

     

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