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Ein lichter Spiegel...   Landschaftsbilder vom Bodensee

Friedrich Thurau, G´Detail aus der Abendstimmung am Untersee In ihrer traditionellen Sommerausstellung präsentiert die Städtische Wessenberg-Galerie ausschließlich Werke aus dem eigenen, reichen Sammlungsbestand. In diesem Jahr steht das Landschaftsbild des Bodensees im Mittelpunkt.

Der heitere See mit seinem im Sommer so südlichen Licht, der sich wie ein lichter Spiegel vor der imposanten Alpenkulisse erstreckt, aber auch der wilde, ungestüme und im Winter nebelverhangene See, hat Künstler von jeher inspiriert. Die Ausstellung zeit den Bodensee daher aus vielfältigen Blickwinklen - als ein Stück ebenso idyllischer wie bedrohter Natur, als Landmarke, als Identitätsstifter und auch als ein Stück Heimat. Der zeitliche Bogen spannt sich von der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert bis zur Gegenwart; neben Gemälden und Graphiken sind auch neue Medien wie Video oder Fotografie vertreten. So lässt der abwechslungsreiche Gang durch die Jahrzehnte sowohl lokale Entwicklungen als auch überregional wirksame Einflüsse deutlich werden.

Die Ausstellung ermöglicht nicht nur eine Begegnung mit Werken bekannter Künstler wie Adolf Dietrich, Alexander Koester, Dieter Krieg, Heinrich Lotter, Rudolf Wacker und anderen, sondern stellt auch bemerkenswerte Arbeiten weniger prominenter Künstler vor.

Zur Ausstellung

Die Ausstellung "Ein lichter Spiegel. Landschaftsbilder vom Bodensee" spannt den zeitlichen Bogen von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts über das 20. Jahrhundert bis zur Kunst der Gegenwart. Neben Gemälden und Graphiken sind auch neue Medien wie Fotografie und Video vertreten, ohne dass jedoch der Anspruch erhoben wird, eine repräsentative Auswahl von Bodenseekünstlern zeigen zu wollen. Stattdessen liegt der Schwerpunkt der Präsentation auf den vielfältigen Landschaften, die den Bodensee zwischen Bregenz und dem Rheinfall von Schaffhausen, Bodman und Ermatingen, Reichenau und Mainau prägen und deren überraschende Mannigfaltigkeit durch die oft wechselnden Wetterverhältnissen noch unterstrichen wird. Der facettenreiche Gang durch die Jahrzehnte lässt in künstlerischer Hinsicht sowohl lokale Entwicklungslinien erkennen wie überregionale Einflüsse deutlich werden. Die Ausstellung zeigt den Bodensee als ein Stück ebenso idyllischer wie bedrohlicher aber auch bedrohter Natur. Als Landschaft besticht die Bodenseeregion durch ihre scheinbar zeitlose Schönheit, die Touristen anzieht und entsprechend klischeehaft vermarktet wird, die für ihre Bewohner an den österreichischen, Schweizer und deutschen Ufern jedoch weitaus mehr ist, nämlich Identität stiftende Heimat.

Friedrich Thurau, G´Detail aus der Abendstimmung am Untersee Landschaft ist mehr als Natur

"Es drängt sich alles zur Landschaft…" verkündete der Maler Philipp Otto Runge 1802. Tatsächlich entwickelte sich die Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert zu einer der wichtigsten Gattungen der Kunst. Vorausgegangen war das Gefühl einer Entfremdung zwischen Mensch und Natur. Zivilisation, Industrialisierung und der Fortschritt der Wissenschaften hatten die Wahrnehmung von Natur stark verändert. Das Landschaftserlebnis erfolgte jetzt aus der Distanz eines Betrachters, der sich selbst erstmals als Teil einer geschichtlichen Entwicklung begriff. Aus diesem Blickwinkel heraus konnte sich die Landschaftsmalerei als eigenständige Bildgattung etablieren.

Landschaftsbilder wurden zum Ausdrucksmittel für Sehnsüchte, Hoffnungen und Ängste. Landschaft diente nicht mehr nur als Kulisse für Heldentaten oder biblische Ereignisse. Die unterschiedlichen Typen von Landschaftsbildern konnten Ehrfurcht vor den Naturgewalten vermitteln oder geologische Besonderheiten zeigen. Die Romantiker entdeckten die Landschaft als Sinnbild für das menschliche Dasein und schufen Entsprechungen zwischen Gemütsstimmungen und Naturzuständen. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts traten symbolische Bedeutungen immer mehr in den Hintergrund. Jetzt wurde die Natur malerisch erforscht, in ihren geographischen Bedingungen und in der Wechselwirkung von Lichtverhältnissen und Jahreszeiten. Nicht mehr das Besondere einer Landschaft, sondern das Alltägliche stand im Vordergrund.

Im 19. Jahrhundert zogen u.a. das Schweizer Hochgebirge, das bayrische Voralpenland oder die Moorlandschaft bei Worpswede die Künstlerscharen an. Eine vergleichbare "Entdeckung" hat die Bodenseelandschaft nicht erfahren und sich damit auch nie zu einer Keimzelle einer neuen Landschaftssicht entwickelt. Dennoch besuchten hochrangige Künstler im Zuge der Ausweitung des Fremdenverkehrs den See und hielten ihn in Bildern fest. Es waren aber vor allem die hier aufgewachsenen bzw. dauerhaft ansässigen Künstler, deren Darstellungen der Bodenseelandschaft dauerhaft bildwirksam wurden.

Friedrich Thurau, G´Detail aus der Abendstimmung am Untersee Zwischen Sein und Schein

Schon lange hatten Künstler in der Natur Skizzen angefertigt. Die Ausführung eines Landschaftsbildes erfolgte jedoch im Atelier. Als künstlerische Leistung galt das Durchkomponieren und Idealisieren der einzelnen Landschaftselemente, nicht jedoch der unmittelbare Natureindruck. Das änderte sich erst, als die akademischen Regeln der Malerei zunehmend als Einschränkung empfunden wurden. Im beginnenden Industriezeitalter begann man den Blick auf eine vom Menschen unberührte Natur zu schätzen. Realismus, auch in der Naturschilderung, war gefragt.

Eng gekoppelt an diesen Realismus war der Beginn der Freilichtmalerei, die stilistisch zum Impressionismus führen sollte, der in Deutschland allerdings eine andere Ausprägung als in Frankreich erfuhr. Gegen den Impressionismus und damit eine zu starke Betonung des äußerlichen Erscheinungsbildes wandte sich der Expressionismus, dem es mehr darum ging, Vorgänge im Innern künstlerisch zum Ausdruck zu bringen. Kräftige, vom Naturvorbild befreite Farben und Formen unterstrichen die Aussagekraft der Kompositionen. In den 1920er Jahren wandte man sich wieder gegen diese betont individuelle Sicht und suchte sachlichere Wege der Gestaltung.

Nach dem II. Weltkrieg wandelte sich unter dem Einfluss der Abstraktion das Landschaftsbild zum formelhaften Kürzel bzw. lösten sich dessen lineare Umrisse ins Formlose auf. Seit den 1960er Jahren traten an die Stelle des festen Ortes und einer bestimmten Ansicht der kritische Blick des Menschen, seine Vereinzelung und die Geschichtlichkeit seines Wirklichkeitsbezugs. Das war u.a. folgenreich für den Begriff der Heimat, der seitdem eher persönlich als vorgegeben definiert wird. Denn heute liegt, das Internet machts möglich, alles gleich weit voneinander entfernt. Daher ist nicht mehr die vordergründige, abbildhafte Auseinandersetzung mit der Landschaft das Anliegen der Künstler, sondern das Aufspüren und Darstellen ihrer strukturellen, historischen und typisierenden Merkmale. Joachim Schwitzlers Fotoarbeit "Lake of Constance", Markus Brenners Video "Wasserzeichen" und Dieter Kriegs Triptychon "Bod'n See Blues" stehen beispielhaft für diese neue, offene Form des Landschaftsbildes.

Text und Bilder: Wessenberg-Galerie

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