Dieses Gefühl kennen sicherlich viele - auch heute
noch als Höhepunkt im alltäglichen Trott oder
in einer "blauen Stunde" - sich mit einem frischen
Kaffee zu verwöhnen oder eine Tasse Tee zu “zelebrieren”.
Und sich eine Zeit der Muse, des Genusses, der guten Gespräche
und des geselligen Beisammenseins zu gönnen. Da spielt
es eine Rolle, ob es die alte, schon angeschlagene Lieblingstasse
ist oder das feine Feiertagsservice, die das Wohlbehagen
unterstreichen. Egal ob Porzellan, Steingut, Keramik -
ob rustikal, antik, feines Porzellan oder robuster Scherben,
hier verbindet sich der Genuss mit der schönen Form
oder dem vertrauten Stück. Das Deutschordensmuseum
Bad Mergentheim zeigt bis Mitte Februar eine vergnügliche
Ausstellung, die sich dieses Themas genießerisch
annimmt und dabei über 1.000 Objekte präsentiert.
Zum Auftakt der Ausstellung findet man fein bemaltes
Porzellan des 18. Jahrhunderts aus der Manufaktur Ludwigsburg
aus
dem höfischen Bereich. Dem gegenüber stehen Kannen,
Tassen und Gedecke aus Zinn, Fayence und Steingut aus dem
einfacheren, bürgerlichen Gebrauch. In einem prachtvollen
Vitrinenschrank aus dem Biedermeier findet man den Stolz
einer Hausfrau des 19. Jahrhunderts: Steingut aus Hornberg
und Crailsheim, Porzellan von Villeroy & Boch und aus
der Tettauer Manufaktur, Silber aus Schwäbisch Gmünd
usw.
Am 8. November 1846 umgab sich der Dichter Eduard Mörike,
der damals in Mergentheim lebte, mit einer reinen Damenrunde.
Der Dichter, der knapp bei Kasse war, gab dagegen für
den Kuchen zur Einladung 9 Kreuzer aus und für die
Milch zum Kaffee
1 Kreuzer. Im Haushaltungsbuch gibt es eine Skizze, wie
der Tisch damals gedeckt war. Ein ähnlich gedeckter
Kaffeetisch findet sich in der Ausstellung.
Weitere Impressionen aus der Schau: Eine lange Tafel
mit originell gestalteten Tortenplatten bildet das imaginäre
Kuchenbüffet. Begleitet von Arrangements von Tortenschaufeln,
Zuckerzangen und Tropfenfängern (für die Kaffeekannen,
damit die Tischdecke geschont wurde). Ein Blick in den
eleganten Mergentheimer Kursaal vor 100 Jahren bildet den
Hintergrund für einen mit Hotelsilber gedeckten Tisch
aus dieser Zeit. Ein Höhepunkt der Ausstellung ist
eine prachtvoll gedeckte Hochzeitstafel mit Meißener
Porzellan und einem wundervollen Porzellan mit Rosendekor.
Kindergeschirre, Festtags- und Andenkenporzellan erinnern
an vergangene Zeiten. Sammlerleidenschaft zeigt sich bei
der Präsentation von zauberhaften Mokka-Tässchen
und bunten Sammel-Tassen.
In China und Japan entstand eine ganz eigene Kultur,
bei der man den Genuss des Tees mit großer Einfachheit
zelebrierte. Kostbare Teekannen aus Steinzeug, Porzellan
und Metall aus dem 18. und 19. Jahrhundert zeugen hiervon.
In Europa entstand auch eine eigene Kultur des Teegenusses.
Ein berühmter Stuhl von Charles Mackintosh, der für
den Oberkellner gedacht war, verweist auf die Tearooms
in England. Prachtvoll glänzende Teekannen aus Silber
und Zinn, aus Klassizismus und Jugendstil, passen gut zu
Teetassen aus Porzellan.
Auch das Bauhaus hat sich mit dieser Alltagskultur des
Tee- und Kaffeetrinkens befasst. Ein Teegeschirr aus feuerfestem
Glas, das Wilhelm Wagenfeld 1931 entwarf, ist ein gutes
Beispiel hierfür. Für die breite Bevölkerung
war die „Braunware“ aus dem schlesischen Bunzlau,
dekoriert mit geometrischen Mustern.
Einen Schwerpunkt in der Ausstellung bildet der Kaffee.
In einer großen Inszenierung stößt man
auf eine Apotheke, denn früher bekam man dort die
Genussmittel Tee und Kaffee. Wie Kaffee gemahlen und geröstet
und zubereitet wurde, kann man an einer Armada von Kaffeemühlen
sehen, ebenso an Röst- und an Kaffeemaschinen, die
vom Filtern über den Percolator bis zur modernen Kaffeemaschine
die ganze Entwicklung zeigen. Eindrücke vom Kosmos
Kaffeehaus geben eine Reihe von Grafiken aus der Zeit von
1900 bis heute.
Witzige Akzente setzen ganz verschiedenartig gestaltete
Tische, die die Lehrlingswerkstatt der Möbelfirma
Rauch in Freudenberg beigesteuert hat. Jeder Tisch ist
mit einem besonderen Porzellanarrangement ausgestattet.
Die Ausstellung zeigt auf 500 qm mit über 1.000 Objekten
ein großes Panoptikum zum Genuss von Kaffee und Tee,
erzählt an Porzellan und Steingut und vielem mehr
vom
18. Jahrhundert bis heute.
Für die Ausstellung kamen Leihgaben aus dem Landesmuseum
Württemberg (Porzellanmuseum Ludwigsburg), dem Schlossmuseum
Aschach, den Städtischen Museen Bamberg, vom Kaffeehaus
Hagen in Heilbronn und von vielen privaten Leihgebern.
Ein Programm mit Kaffeeseminaren, Japanischer Teezeremonie,
Teeverkostung, Herstellung von Pralinen, Vortrag über
die Kaffeehauskultur in Bad Mergentheim, Lesung für
Kinder, Kaffeeklatsch und „Plauderei“ sowie
Führungen begleitet die Ausstellung.
Bild oben: Kanne aus den Sammlungen des Deutschordensmuseums
Foto: Foto Besserer, Lauda-Königshofen
Bild Mitte: Sommerliche Kaffeetafel in Bad Mergentheim, 1930er Jahre (Sammlung
Behr)
Bild unten: Inszenierung einer Apotheke mit Kaffeeverkauf.
Foto: Deutschordensmuseum
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