Bereits 1938 waren in Freiburg mindestens 80% der jüdischen
Betriebe "arisiert", ab 1939 galt Freiburgs Wirtschaft als
"judenfrei". Dieses Buch von Andrea Brucher-Lembach klärt
auf, wie diese Entwicklung - bevor es irgend ein Gesetz
gab (erst im Dezember 1938 gab es die "Verordnung zur Ausschaltung
der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben"), das Juden
wirtschaftlich benachteiligte -möglich war. Seit 1933 waren
viele auf "Schnäppchen-jagd" nach jüdischem Besitz, "wie
Hunde auf ein Stück Brot"; es kam so zum "größten Besitzwechsel
der jüngeren deutschen Geschichte". 1933 lebten in Freiburg
1138 Personen jüdischen Glaubens; bis 1940 wanderten 657
aus, bei der Deportation am 22. Oktober 1940 wurden 350
Personen nach Gurs verschleppt. Ein besonders dramatisches
Beispiel: Wo "früher" das größte jüdische Kaufhaus - Warenhaus
Knopf - stand, steht heute die Sparkasse: Der Jude Arthur
Knopf wurde systematisch zum Verkauf genötigt, durfte über
den Verkaufserlös nicht verfügen, wurde am Tag nach der
"Reichskristallnacht" verhaftet und nach Dachau deportiert.
Am 22. Dezember 1939 wurde Knopf entlassen - unter der Auflage,
sofort aus Deutschland zu verschwinden. Erworben wurde das
beachtliche Gebäude in der Kaiserstraße 190/192 von der
Sparkasse Freiburg. Es wurde 1944 zerstört - und nach dem
Krieg wieder erstellt.
Viele solcher Fälle sind hier gut dokumentiert. In Freiburg
führten alle diese Maßnahmen zu einer "konsequenten Entjudung".
- Nach 1945 wurde die "Wiedergutmachung" versucht: Bis heute
wurden deutscherseits etwa 130 Milliarden DM sowohl an Einzelpersonen
als auch an Staaten ausbezahlt. Gewisse Unstimmigkeiten
und eine insgesamt recht restriktive Praxis kennzeichneten
das Bemühen dieser Politik.
Wir lesen hier ein sehr gut recherchiertes Buch mit gesicherten
Informationen über ein zentrales Thema der NS-Zeit. Die
Namen der Firmen im Besitz von Freiburger Juden, die Listen
der jüdischen Freiburger Rechtanwälte und Ärzte ergänzen
diese wichtige Dokumentation.
Adolf Schmid