Rezensionen

 

Andrea Brucher-Lembach: ...wie Hunde auf ein Stück Brot - Die Arisierung und der Versuch der Wiedergutmachung (Alltag & Provinz, Band 12, Hrsg. Arbeitskreis Regionalgeschichte Freiburg e.V.) Donzelli-Kluckert-Verlag, Bremgarten 2004, 330 Seiten, 35 Abbildungen, 19,80 Euro. ISBN 3-933284-12-1.

Bereits 1938 waren in Freiburg mindestens 80% der jüdischen Betriebe "arisiert", ab 1939 galt Freiburgs Wirtschaft als "judenfrei". Dieses Buch von Andrea Brucher-Lembach klärt auf, wie diese Entwicklung - bevor es irgend ein Gesetz gab (erst im Dezember 1938 gab es die "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben"), das Juden wirtschaftlich benachteiligte -möglich war. Seit 1933 waren viele auf "Schnäppchen-jagd" nach jüdischem Besitz, "wie Hunde auf ein Stück Brot"; es kam so zum "größten Besitzwechsel der jüngeren deutschen Geschichte". 1933 lebten in Freiburg 1138 Personen jüdischen Glaubens; bis 1940 wanderten 657 aus, bei der Deportation am 22. Oktober 1940 wurden 350 Personen nach Gurs verschleppt. Ein besonders dramatisches Beispiel: Wo "früher" das größte jüdische Kaufhaus - Warenhaus Knopf - stand, steht heute die Sparkasse: Der Jude Arthur Knopf wurde systematisch zum Verkauf genötigt, durfte über den Verkaufserlös nicht verfügen, wurde am Tag nach der "Reichskristallnacht" verhaftet und nach Dachau deportiert. Am 22. Dezember 1939 wurde Knopf entlassen - unter der Auflage, sofort aus Deutschland zu verschwinden. Erworben wurde das beachtliche Gebäude in der Kaiserstraße 190/192 von der Sparkasse Freiburg. Es wurde 1944 zerstört - und nach dem Krieg wieder erstellt.

Viele solcher Fälle sind hier gut dokumentiert. In Freiburg führten alle diese Maßnahmen zu einer "konsequenten Entjudung". - Nach 1945 wurde die "Wiedergutmachung" versucht: Bis heute wurden deutscherseits etwa 130 Milliarden DM sowohl an Einzelpersonen als auch an Staaten ausbezahlt. Gewisse Unstimmigkeiten und eine insgesamt recht restriktive Praxis kennzeichneten das Bemühen dieser Politik.

Wir lesen hier ein sehr gut recherchiertes Buch mit gesicherten Informationen über ein zentrales Thema der NS-Zeit. Die Namen der Firmen im Besitz von Freiburger Juden, die Listen der jüdischen Freiburger Rechtanwälte und Ärzte ergänzen diese wichtige Dokumentation.

Adolf Schmid

3/2004
   

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