Die schönsten Villen Mannheims konzentrieren sich in der
Oststadt und dort wiederum an der Werderstraße. Dieses
Buch handelt von der Hausnummer 44: Die Villa Engelhorn, das
1902 bis 1905 für Dr. Friedrich und Marie Engelhorn erbaute
luxuriöse Wohnhaus, gilt noch heute als Gesamtkunstwerk.
Sein Schöpfer, der Villenarchitekt Rudolf Tillessen, versah
es mit neubarocken Jugendstilformen im Anklang an die gleichzeitig
am Friedrichsplatz entstandene Festhalle Rosengarten des Berliner
Stararchitekten Bruno Schmitz. Tillessen prägte durch seine
zahlreichen Villenbauten die Oststadt wie kein anderer Architekt
und machte sich damit selbst zur Legende.
Ähnlich wie der Industriellensohn Karl Lanz, der Bauherr
der kolossalen Lanzvilla in der Nachbarschaft, stand auch Dr.
Friedrich Engelhorn (1855— 1911) im Schatten eines übermächtigen
Vaters. Friedrich Engelhorn (1821-1902), der Gründer der
BASF, war die wohl erfolgreichste Mannheimer Unternehmerpersönlichkeit.
Erst nach seinem Tod war der Weg frei für den wohl schon
längst beschlossenen Neubau in der Oststadt. Bis dahin wohnte
Dr. Friedrich Engelhorn, der Besitzer der Firma Boehringer & Söhne,
mit seiner Frau Marie und den vier Söhnen im elterlichen
Palais in A 1, 2. Nur wenige Wochen nach dem Ableben der Mutter
und kurz darauf des Vaters erfolgte der Grundstückskauf.
Der Bau des Wohnhauses nach eigenen Wünschen konnte beginnen.
Der Autor Tobias Möllmer ist durch mehrere Buchveröffentlichungen über
Bauten des Mannheimer Großbürgertums und durch seine
lebendigen Führungen an diesen Orten bekannt. Er führt
uns unterhaltsam und auf anschauliche Weise in die Geschichte
der Villa Engelhorn als Kunstwerk, als Familienhaus und als Baudenkmal
ein. Sie war Gesamtkunstwerk, gab den Rahmen für große
Gesellschaften ab und bot ihren Bewohnern gleichzeitig Komfort
und Geborgenheit. Die erhaltenen Teile genießen Denkmalschutz
als besonderes architektonisches Zeugnis für die Architektur-
und Heimatgeschichte des Landes.
Die Villa brannte im Zweiten Weltkrieg aus, wurde mit veränderter
Dachzone und neuem Innenleben wiederaufgebaut und 1999-2012 durch
die Architekten Kessler De Jonge im Innern modern umgestaltet
und an der Außenhülle denkmalgerecht restauriert.
Sie ist seitdem Sitz des Herausgebers des Bandes, dem Friedrich
Engelhorn-Archiv e. V., das - am historisch richtigen Ort - sich
quasi unter den Schutz der Engelsgestalt auf der Fassade zur
Werderstraße gestellt hat.
Ein bemerkenswertes Buch, das auch optisch (dezentes Format,
roter Leineneinband mit Golddruck) anspricht und nach den beiden
vorausgegangenen Veröffentlichungen des Friedrich Engelhorn-Archivs
(beide Tobias Möllmer: »Grabmale der Familie Engelhorn« und »Das
Palais Engelhorn in Mannheim«) die Reihe über die
Bauwerke der Familie Engelhorn abschließt. Es sollte in
keiner Mannheim-Sammlung fehlen.
Volker Keller |