Siegfried
Epperlein: Bäuerliches Leben im Mittelalter. Schriftquellen
und Bildzeugnisse. Köln/ Weimar/Wien: Böhlau Verlag, 2003.
360 Seiten, gebunden, 104 s/w Abbildungen, ISBN 3-412-13602-6.
32,90 €
Glücklicherweise
erlebt das Mittelalter seit einigen Jahren seine Wiederentdeckung.
Niemand, dem die abfällige Bemerkung entfährt, dieser oder
jener Missstand sei ja "wie im Mittelalter", kann sich nicht
länger herausreden, denn noch nie war es so leicht wie heute,
sich ein sachliches Bild vom Mittelalter zu machen, von
einer der anregendsten und aufregendsten Epochen der Menschheitsgeschichte.$In
den letzten Jahrzehnten ist in Deutschland die Gestalt des
Bauern, sein Leben und seine Arbeit im Mittelalter stärker
in das Blickfeld der Forschung getreten. In zahlreichen
Spezialaufsätzen und in Gesamtdarstellungen wurden die wirtschaftliche
Lage, der rechtliche Status und die sozialen Beziehungen
der ländlichen Bevölkerung zu den Oberschichten erörtert
und untersucht.
"Eine inhaltliche Begriffsanalyse und der Versuch einer
sozialen Standortbestimmung werden davon auszugehen haben,
dass sich seit dem Neolithikum aus Jägern (Wildbeutern)
und Sammlern im Laufe einer langen historischen Entwicklung
Ackerbau und Viehzucht treibende Bevölkerungsgruppen entwickelten,
die immer mehr jene Merkmale hervorbrachten, welche schließlich
für den Bauern im Mittelalter charakteristisch waren.
Dazu gehören vor allem Sesshaftigkeit, Verfügung über Haus
und Hof mit eigenem Landbesitz, eine einigermaßen kontinuierliche
Produktion mit eigenen Werkzeugen, Bestell- und Erntegeräten
in eigener Wirtschaft, zunächst vorwiegend für die Befriedigung
der eigenen Bedürfnisse, später, besonders seit der Entstehung
der Stadt im 11. Jahrhundert in wachsendem Maße auch für
den Markt.
Im frühen Mittelalter fehlt zunächst der Begriff des ,Bauern'
im Sinne von Landwirt", konstatiert Siegfried Epperlein
in der Einleitung zum 1. Kapitel (Seite 7). Das vorliegende
Buch über die mittelalterliche Lebenswelt der Bauern ist
Quellenwerk und Darstellung zugleich. Der Leser erfährt,
wie die Bauern mit Naturkatastrophen, Hungersnöten und Seuchen
umgingen. Die Bestellung des Feldes, Ernte und Weinbau sowie
die Leistung von Abgaben und Frondiensten prägten den Rhythmus
des Jahres. Auch Trinken, Raufen, Beleidigen und Tanzen
gehörten zum Lebensalltag. Die Quellentexte dokumentieren,
wie eine Bauernhochzeit gefeiert wurde und worin die Werte
bäuerliche Ehe und Familie bestanden. Neben Annalen, Chroniken
und Urkunden lässt der Autor auch Fabeln, Sprüche, Schwanke
und Volkslieder sprechen. Ergänzend zu den Schriftquellen,
die alle übersetzt sind, wird eine Vielzahl zeitgenössischer
Bildzeugnisse präsentiert und kommentiert. Besonders hervorzuheben
ist auch die aus den Quellen schöpfende Darstellung des
Verfassers. Der Leser hat am Ende dieser 360 Seiten einen
ausgezeichneten Überblick über das bäuerliche Leben im Mittelalter.
So bleibt dem Buch zu wünschen, das es breites Interesse
weckt und der Forschung neue Impulse gibt.
Elmar
Vogt
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