Augustiner
Museum Freiburg. Ausstellung vom 31. Januar bis 27. April
2003: Eichen - wiegen -messen um den Freiburger Münstermarkt.
Mit Beiträgen von Mona Djabbapour, Ulrich P. Ecker, Peter
Kalchthaler, Maria Schüly und Stephanie Zumbrink. 10,- Euro.
Die
Ausstellung im Augustinermuseum Freiburg spricht jeden Besucher
an. Weil das Thema jeden angeht, weil es unseren Alltag
bestimmt, die Zeit vor allem, die Temperatur, Körpergewicht
und sportliche Leistung usw. Volumina und Größen werden
in Maßen festgehalten, als maßvoll, maßlos, übermäßig verglichen.
Also ganz sicher ein wichtiges Ausstellungsprojekt, das
in Konzeption und Organisation Maria Schüly, Mona Djabbarpour
und Stephanie Zumbrink zu verdanken ist. Vieles ist hier
ausgestellt, gut kommentiert, aber - leider - eben nur zum
Anschauen, nicht zum Anfassen: 28 verschiedene Schneiderellen,
Schustermaße zum Abmessen eines Fußes bzw. eines Schuhs.
Wir erfahren, was ein Fuder, Malter, Sester, Meßlein, was
die Ohm und die Maas bedeutet. Wir werden informiert über
verschiedene badische Maße von "Cuttere", Schoppen. Recht
vielfältig war der Gebrauch von Waagen: Balkenwaagen, Hängewaagen,
Standwaagen usw. Von den "Eichmeistern" immer besonders
kontrolliert: die Münzwaagen und ihre Präzision und Zuverlässigkeit
usw. Alles sehr anschaulich, sinnfällig, einprägsam; alles
so brauchbar, zweckdienlich, wirtschaftlich. Rundum bestens
gelungen, was das Augustinermuseum aus der reichen Vielfalt
seiner eigenen Bestände heraus leisten kann.
Der Katalog ist eine Fundgrube. So der Text von Ulrich P.
Ecker über den Freiburger Münstermarkt bis ins 19. Jahrhundert,
wo nicht nur auf die Maß- und Jahrmarktsinschriften am Münster
(siehe den Artikel von Peter Kalchthaler) und auf die Funktionen
von "Kaufhaus" und "Kornhaus" im Wirtschaftsleben Freiburgs
hingewiesen wird. Marktordnung bedeutete Marktzwang: Alle
Waren durften -"von genau definierten Ausnahmen abgesehen"
- nur auf dem Markt angeboten werden. Welche Warenvielfalt
den Markt beherrschten, schildert sehr anschaulich Stephanie
Zumbrinck; denn zu den Marktbeschickern gehörten auch Metzger
und Bäcker, Seifenhändler und Nagelschmiede, Trödler und
Eisenhändler, die Krempler. Maria Schüly blättert in den
Erinnerungen eines Korbmachers, eines wichtigen Handwerkers,
als Plastikboxen noch keine Verpackungsmittel waren. Oder
in den Erinnerungen von Maria Fischer aus Betzenhausen,
Jahrgang 1896, die noch "in den Fünfziger-Jahren wöchentlich
zwei- bis dreimal im Sommer und einmal im Winter von Betzenhausen
nach Freiburg fuhr". Als die "Maßreform" im Großherzogtum
Baden mit seinen bunt zusammengefügten Regionen eine wichtiges
Element der Vereinheitlichung und Integration war, beschreibt
Mona Djabbapour. 1829 war eine erste Etappe erreicht. Bis
dahin gab es allein in Baden 111 Ellen, 92 Flächen- oder
Feldmaße, 65 Holzmaße, 123 Ohme, 80 Pfunde, 63 verschiedene
Wirts- oder Schankmaße.
In Freiburg galt übrigens bis ins 19. Jahrhundert, am Münsterturm
so festgehalten: l Elle = 537,99 mm; l Fuß - 316,73 mm.
Die Nachbarschaft Badens zu Frankreich, von Napoleon und
Descartes (!) geprägt, hatte vielfältige Folgen. In Frankreich
wurde der Meter als vierzigtausendster Teil des Erdumfangs
definiert, Baden folgte in Schritten, erst zum 1. Januar
1872 musste das vollständige metrische System im ganzen
Deutschen Reich übernommen werden. Mit Elle und Fuß rechnet
niemand mehr, aber den "Zollstock" (l Elle war eingeteilt
in 20 Zoll, 10 Zoll bildeten einen Fuß) führt noch heute
jeder Handwerker mit sich.$Köstlich ist die literarische
Würdigung dieses Problems bei Johann Peter Hebel in seiner
Erzählung "Des Adjunkts Standrede über das neue Maß und
Gewicht", der eindeutig bekennt: "Das neue Gewicht und Maß
bringt allgemeinen Nutzen" - mit einer kleinen Einschränkung:
"Die neue Weinmaß ist nur etwas zu klein ausgefallen" (Hebels
Erzählung erschien 1812 im "Schatzkästlein des Rheinischen
Hausfreundes", hier im Katalog nachgedruckt).
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