Avignon
1305
beschloss der neu gewählte Papst Clemens, wegen der andauernden
Unruhen zunächst nicht nach Rom zurückzukehren. Für die
folgenden Jahre wählte er zunächst keine feste eigene Residenz
und bezog erst 1309 das außerhalb der Mauern von Avignon
gelegene Dominikanerkloster. Nach seinem Tod 1314 und einer
2 Jahre währenden Vakanz richtete sich sein Nachfolger Johannes
XXII im bischöflichen Palast in Avignon ein, den er als
ehemaliger Bischof der Stadt behielt, und vergrößerte ihn
durch umfangreiche Um- und Neubaumaßnahmen. Dieser erste
Papstpalast hatte in etwa bereits den Umfang des Neubaus,
den sein Nachfplger Bebedikt XII (1334-42) an dessen Stelle
setzte. Clemens VI. (1342-1352) vollendete den Bau und fügte
die zwei Flügel des Neuen Palais hinzu.
Unter seiner Regierung kaufte die Kurie auch von der Königin
der Provence 1348 die Stadt Avignon, die dann bis zur Eingliederung
in Frankreich 1791 päpstlicher Besitz blieb.
Sowohl für die Erweiterung
des Bischofspalastes als auch für den Bau des Neuen Palais,
der dann die über die Stadt verstreuten päpstlichen Dienststellen
aufnahm, mussten viele Häuser der Stadt abgebrochen werden. Der
alte Palast (Palais Vieux) liegt südlich der Bischofskirche
Notre Dame des Doms und gruppiert sich in vier Flügeln und
einem Kreuzgang. Er war von einem Hauptportal im Hof des
späteren Palais Nouveau aus zugänglich. Für seinen Bau musste
die Pfarrkirche der Stadt unmittelbar neben der Bischofskirche
abgebrochen werden, an ihre Stelle trat dann die Kapelle
Benedikts XII. Der alte Palast zeigt sich zum Platz hin
in der Front aus Tour de la Campagne und Ail des Familiers.
In seinem Ostflügel enthält er den Saal des Grand Tinel.
Dieser Ostflügel wird im Süden abgeschlossen mit dem Engelsturm,
der die Privatgemächer des Papstes enthält. An den durch
den Ail de Consistoire und die Privatgemächer des Papstes
gebildeten Winl schloss Clemens VI. dann den zweiflügeligen
Palais Nouveau an, der im Süden vor allem den großen Audienzsaal
mit der darunter liegenden Kapelle Clemens VI. enthält,
zugänglich durch die breite Escalie d`Honneur. Die Westfront
des Palais Nouveau wird wie die Front des alten Palais von
großen, über alle Stockwerke reichenden Blendarkaden bestimmt,
hinter denen die Wurfschächte für die Senkrechtverteidigung
liegen. Sie ist heute die eigentlich Schauseite des Papstpalastes
zum Platz hin, wo der Haupteingang (nach ihrer Widerherstellung)
von zwei kleinen angesetzten Türmchen betont wird. Insgesamt
vermittelt das Palais des Papes das Bild von Abgeschlossenheit
und Wehrhaftigkeit und passt damit so gar nicht in das Bild,
das sich die Gegenwart vom Papsttum macht. Auch dieser Palast
folgt darin aber nur dem vom Adel und seinen kriegerischen
Traditionen geprägten Typus der Königs- und Bischofspfalz,
in der sich fürstliches Prestige im Bild der durch Türme
und hohe Mauern dargestellten äußeren Wehrhaftigkeit zeigte.
Prunk und Reichtum fanden sich erst im Inneren.
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