Wer
kosten will die süße Nuss,
Die harte Schal erst knacken muss!
Nüsse sind seit Urzeiten ein beliebtes und gehaltvolles
Nahrungsmittel, doch galt es, vor dem Verzehr die Schale
zu knacken. In der Frühzeit mochte man das mit den
Händen oder dem eigenen Gebiss bewerkstelligt haben.
Auch Steine waren nützliche Werkzeuge zum Aufklopfen
der Nüsse. Im Mittelalter waren neben Nussknackern aus Eisen hölzerne
Nusszangen im Gebrauch.
Seit dem 16. Jh. findet man neben Schraubennussknackern
meist die Hebelnussknacker.
Nussbeißer
Die Werkzeuge nehmen Gestalt an: Hund und Eichhörnchen,
vorwiegend aber die menschlichen Nussbeißer in zahllosen
Varianten wurden in vielen Gebieten des hausgewerblichen
Schnitzens und Drechselns hergestellt. Immer ist es eine
kräftige Gestalt mit großem Kopf und beweglichen
Kiefern, in deren Mund die Nuss gelegt wurde. Mit Betätigung
des Hebels am Rücken wurde sie geknackt und „aufgebissen“.
Als Hebel zum Knacken der Nüsse dienen je nach Figur
der Zopf, die Nase, der Schnabel, der Arm oder die Beine.
In etwa 130 Arbeitsschritten wurden die Nussknacker aus
Holz gedrechselt, gefräst, gesägt oder geschnitzt,
anschließend bemalt, lackiert, die Haare und der
Bart aus Kaninchenfell aufgeklebt.
Nussknacker aus dem Erzgebirge und aus Thüringen
Die in der Ausstellung gezeigten Nussknacker stammen vorwiegend
aus Thüringen und aus dem Erzgebirge. In Thüringen
kann die Herstellung von geschnitzten und gedrechselten
Nussknackern bereits ab 1730 nachgewiesen werden.
Im Erzgebirge führte der völlige Niedergang des
Bergbaus ab dem Ende des 18. Jahrhunderts zur Entwicklung
neuer Erwerbszweige. In Seiffen, Annaberg und Freiberg
wurden Weihnachtsartikel und Nussknacker von Handwerkern
zunächst für das eigene Weihnachtsfest und die
Familienfeier hergestellt. Ende des 19. Jahrhunderts vergrößerte
sich die Produktion und mündete in die Spielwarenindustrie
der Erzgebirges.
Der berühmteste „Männelmacher“ (Holzfigurenhersteller)
war Friedrich Wilhelm Füchtner, der 1870 in genialer
Formvereinfachung und traditioneller Farbgebung die klassische
Form des Seiffener Nussknackers schuf, nämlich den
Nussknackerkönig in bunter Uniform mit Epauletten,
die Krone auf den schwarzen Bergmannshut aufgemalt, mit
Krone und Szepter.
Die Vertreter der Obrigkeit, die mit Gesetzen und Vorschriften
die verarmten Erzgebirgler drangsalierten - König,
Soldat und Gendarm mit grimmigem Gesicht und die riesiger
Mundöffnung - sind im Sortiment besonders häufig
zu finden. Offensichtlich hat die Bevölkerung die
Obrigkeit gerne zum Nüsse knacken in Dienst genommen.
Dazu gesellt sich der Räuber mit Pistole, der Türke
mit Turban, der Förster mit Gewehr, der Feuerwehrmann,
der Weihnachtsmann mit Geschenken, Märchenfiguren,
Pinocchio, Kasper, Vogel und Zwerg und viele andere mehr.
Groteske und Karikatur
Auch für groteske und karikierende Darstellungen bot
sich der Nussknacker an. So etwa Napoleon, der sich an
der „harten Nuss“ Leipzig die Zähne ausbiss,
als groteske zwergenhafte Gestalt mit übergroßem
Kopf und zahnlosem Mund, hergestellt in Catterfeld, Thüringen
um 1820. Napoleon musste in der Völkerschlacht bei
Leipzig 1813 die entscheidende Niederlage hinnehmen, sie
zwang ihn dazu, sich mit der verbliebenen Restarmee aus
Deutschland zurückzuziehen.
Soldat Schweijk als Nussknacker
Nussknacker im orientalischen Stil
Nicht ohne Ironie und bewusst zweideutig ist auch der Nussknacker
in der Gestalt eines liegenden Mannes, dessen übertriebene
Mimik zweifellos von den Charakterköpfen Franz Xaver
Messerschmidts inspiriert ist. Weihnachtsschmuck und Spielzeug
Der Nussknacker wandelt sich durch Bilderbücher und
Märchen vom reinen Gebrauchsgegenstand zum Kinderspielzeug
und Schmuckstück in der Weihnachtszeit. Berühmt
wurde E.T.A. Hofmanns 1816 verfasstes Märchen „Nußknacker
und Mäusekönig“, Heinrich Hofmanns „König
Nussknacker und der arme Reinhold“ 1851, und das
Ballett „Nussknacker-Suite“ von Peter Tschaikowsky,
1892.
Der Nussknacker ist das Markenzeichen der erzgebirgischen
Volkskunst und der bekannteste Exportartikel, beliebt in
Japan wie in den USA.
Dabei darf nicht übersehen werden, dass billige Nachahmerware
in Massen in Taiwan und in Billiglohnländern produziert
wird.
Öffentliche Führungen:
Mi 28.10.09 17 Uhr
So 15.11.09 15 Uhr
Mi 9.12.09 18 Uhr
So 20.12.09 16 Uhr
und nach Vereinbarung
Fränkisches Museum Feuchtwangen
Museumsstr. 19
91555 Feuchtwangen
Tel. 09852-615224
www.fraenkisches-museum.de
Öffnungszeiten:
Mi – So, 14 – 17 Uhr
und nach Vereinbarung
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