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30.3.2021

Schloss Heidelberg

30. März 1890: Die Bergbahn zum Schloss wird eröffnet

(ssg) Am 30. März 1890, heute vor 131 Jahren, wurde nach nur einjähriger Bauzeit die untere Bergbahn, eine der ältesten Standseilbahnen Deutschlands, in Betrieb genommen: Ein bequemer Zugang zur berühmten Touristenattraktion war geschaffen. Binnen eines Jahres wurden 190.000 Fahrgäste vom Kornmarkt zum Schloss gebracht und weiter zur Molkenkur. Bis heute nutzen Hunderttausende Gäste jährlich die Bergbahn für ihren Schlossbesuch.

Umstrittenes Grossprojekt

Der Bau der unteren Bergbahn gehörte zu den größten und umfassendsten Investitionen Heidelbergs am Ende des 19. Jahrhunderts – entsprechend heftig wurde in der Planungsphase seit 1882 über das Projekt gestritten. Zu dieser Zeit war die Schlossruine bereits weltbekannt und Ziel vieler internationaler Besucher, die mühsam zum Schloss emporstiegen. Der Bau einer Bahn lag da nahe: Die Fahrt zur Touristenattraktion sollte so bequem wie möglich sein, die Bahnstation möglichst nahe am Schloss.

Bergbahntunnel am Schloss. Foto: Petra SchaffrodtHeidelberg, Schloss mit Bergbahnstrecke. Foto: Petra SchaffrodtEinladung zur Eröffnung, 29.3.1890. Bld: Heidelberger Straßen- und BergbahnBergbahntunnel am Schloss. Foto: Petra Schaffrodt

Heidelberg, Schloss mit Bergbahnstrecke. Foto: Petra Schaffrodt

Einladung zur Eröffnung, 29.3.1890. Bld: Heidelberger Straßen- und Bergbahn

Einwände der Bürgerschaft konnten das Projekt nicht verhindern: 1888 erteilte die Stadt den Brüdern Leferenz mit ihrer 1885 gegründeten ‚Heidelberger Straßen- und Bergbahn Gesellschaft‘ die Konzession zum Bau und Betrieb einer Standseilbahn über die Stationen Kornmarkt und Schloss zur Molkenkur. Der Bau der Bahn war vor allem eines: Handarbeit. Mit Pickeln und Schaufel arbeitete man sich die Steigung empor. Für die Trasse waren Grundstücke aufgekauft und Häuser abgerissen worden. Acht Unterführungen und ein Tunnel von 110 Metern mussten durchstochen werden. Pferdewagen brachten die Erdmassen weg. Rund 25.000 Kubikmeter Erde wurden abgetragen, hinzu kamen 4.200 Kubikmeter Tunnelausbruchmassen. Auf 450 Metern Länge überwand die Bergbahn eine Steigung von 173 Metern. Am 16. November 1889 waren die Bauarbeiten beendet.

Technische und touristische Attraktion

Am 30. März 1890 wurde die 489 Meter lange und an ihrer steilsten Stelle um 41 Prozent ansteigende untere Bergbahnstrecke vom Kornmarkt über das Schloss zur Molkenkur für alle Fahrgäste freigegeben. Am Tag zuvor war sie in einem feierlichen Festakt und einer Testfahrt mit den „hohen Herren“ der Stadtverwaltung eröffnet worden. Die beiden treppenförmig aufgebauten Wagen boten jeweils Platz für 50 Personen und fuhren mit einer Geschwindigkeit von etwa zwei Metern pro Sekunde, also gut sieben Kilometern pro Stunde. Bereits im ersten Jahr ihres Betriebs beförderte die Bergbahn 189.904 Fahrgäste – und das zu einer Zeit, als Heidelberg gerade einmal 31.000 Einwohner hatte.

Die Fahrgäste waren von der Fahrt begeistert. Ein Journalist berichtet über seinen ersten Eindruck: „Anfangs geht die Fahrt durch einen kühlen, also im Sommer sehr behaglichen Tunnel, der kurz vor der Schloßstation sich öffnet und ein herrliches Bild auf den schönen Neckar und sein gegenüberliegendes Ufer mit der Philosophen-Höhe bietet. Von hier ab beginnt die größte Steigung, die aber gleichzeitig für den Fremden den schönsten Genuß gewährt. [ ... ] Die landschaftlichen Reize Heidelbergs sind aber, namentlich, wenn der Frühling erst ein grünes Kleid über die jetzt noch kalten Erdmassen werfen wird, selbst nach Ansichten der erbittersten Gegner der Drahtseilbahn keineswegs so beeinträchtigt."

Eine Erfolgsgeschichte beginnt

Die Verantwortlichen der Bergbahn waren ebenfalls zufrieden und schrieben in den Geschäftsbericht 1890 zur Beruhigung der Aktionäre: ,,Die Bahn, welche am 30. März eröffnet wurde, lieferte in ihrem Betriebsergebnis den Beweis, dass in die Lebensfähigkeit des Unternehmens kein Zweifel zu setzen ist. In dem Maße, als das im Publikum noch zuweilen herrschende Vorurteil bezüglich der Betriebssicherheit der Bahn schwindet und die Benutzung der Bahn auch denjenigen zur Gewohnheit wird, welche noch in seitheriger Weise die Molkenkur und Umgebung zu Fuß besuchten, ist eine Steigerung des Verkehrs wohl zu erwarten. Ebenso dürften die im vergangenen Sommer verbreiteten Plakate und die Reklamen in ungefähr 20 größeren Zeitungen ihren Einfluß für die Zukunft nicht versagen."

Erweiterung 1907 und Erneuerung 1962

1890 als Wasserballastbahn bis zur Molkenkur in Betrieb genommen, wurde die Bergbahn 1907 bis zum Königstuhl ausgebaut und beide Abschnitte wurden elektrifiziert. Der untere Teil der eingleisigen Standseilbahn wurde 1962 vollständig erneuert und modernisiert; die obere Bahn blieb im Originalzustand, nämlich als Holzkonstruktion, erhalten. Die insgesamt ein Kilometer lange Bahnstrecke überwindet einen Höhenunterschied von 436 Metern – die Steigung beträgt im oberen Teil bis zu 41 Prozent! Mit einer Fahrgeschwindigkeit von 4 bzw. 2 Metern pro Sekunde werden jährlich über eine Million Fahrgäste auf den Königstuhl befördert. Bei der Fahrt zum Schloss ist das Kombiticket im Erlebnis inklusive, das außer der Bergbahnfahrt den Besuch von Schlosshof, Fasskeller und Deutsches Apotheken-Museum ermöglicht.

 

Zitate aus: Brigitte Neff: Die Heidelberger Bergbahnen, 2006.

 

bildnachweis

 


Schloss Heidelberg

Die ÖFFNUNG oder SCHLIESSUNG von Schloss Heidelberg richtet sich nach den aktuellen Inzidenzwerten der Stadt Heidelberg.
Informationen zur Öffnung oder Schließung sind auf der Website www.schloss-heidelberg.de erhältlich.

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