Projekt kulturer.be
16.10.20
Um gleich von vorneweg keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wir waren begeistert vom Gartenreich Wörlitz. Ein absolutes Muss für den Freund historischer Gärten. Etwas anderes hatten wir aber auch gar nicht erwartet.
Großer Saal mit Säulenstellung
Replik einer antiken Statue
Unten: Bibliothek und Eisschrank
Wir begannen mit dem Plan einer kleinen Runde um den Park. Betonung liegt auf Plan. Es kann natürlich sein, dass wir den kürzesten Weg nicht gefunden haben, aber wir landeten dann in den Elbwiesen weit ab vom Schuss, konnten von dort aber schon erste Blicke in die offene Gartenlandschaft werfen.
Zweite Überraschung: Wir suchten den Eingang. So einen richtigen Eingang mit Kassenhäuschen, Besucherzentrum, Tor. Am besten noch mit einer großen Infotafel „Sie betreten den Wörlitzer Garten!“ Gabs nicht. Kein Eingang, kein Eintritt, kein Tor. Also Eingang schon, denn unversehens waren wir drin. Gingen an der Gondelanlegestelle vorbei, das Schloss kam in den Blick – wir hatten ein Ziel.
Schlossführung unter Corona-Regeln, kleine Gruppe, Mundschutz. Abstand halten war eher schwierig, aber machbar. Die Führung übrigens exzellent.
Das Schloss gilt als der erste Schlossbau des Klassizismus in Deutschland, ist aber gleichzeitig mit dem Badhaus des Kurfürsten Carl Theodor in Schwetzingen entstanden. Die Architektur ist wahrhaft klassisch, der Säulenportikus erinnert tatsächlich an palladianische Villen im Veneto. Viel Liebe zum klassischen Säulendekor auch im Innern, ganz nebenbei aber auch eine sehr schöne und sehr feine Seidentapete im chinesischen Stil. Der Fortschritt der Zeit zeigt sich in einem als klassizistisches Postament verkleideten Eisschrank und in einem handbetriebenen Speiseaufzug.
Hinter dem Gartenreichladen eine neugotische Kirche. Liegt im Park, ist aber die Kirche für die Gemeinde. Vor der Kirche, auf der Gartenseite, ein Sarkophag. Er gehört als Grab zum englischen Landschaftsgarten einfach dazu, und vor der Kirche ist er auch gleich stimmungsvoll in Szene gesetzt. Ebenso wie der neugotische Brunnen.
Der Rundgang durch den Park, der Blick über die Kanäle, über die offenen Flächen, von genau konzipierten Blickpunkten aus – ein Traum. Immer wieder das Schloss, immer wieder der Kirchturm, immer wieder ein anderes Objekt im Blick, das nur dazu im Garten steht, um gesehen zu werden. Kanäle werden überquert mit kleinen, von Hand gezogenen Fähren.
Wir erkundigen uns nach der Wasserversorgung in den Kanälen. Schließlich ist die Elbe nicht weit. Fehlanzeige. Kein Zufluss, Grundwasser. Letztes Jahr war der Wasserstand schon sehr deutlich gesunken.
Ein Nachmittag reicht für einen „richtigen“ Besuch auf gar keinen Fall.
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