18.7.16
Le Corbusiers Werk ist UNESCO-Welterbe
Zwei Häuser der Stuttgarter Weissenhofsiedlung
ausgezeichnet
(unesco) Das UNESCO-Welterbekomitee hat am gestrigen Sonntag in
Istanbul eine Serie von 17 Bauten und Ensembles des schweizerisch-französischen
Architekten Le Corbusier (Charles-Édouard Jeanneret-Gris,
1887-1965) in die Welterbeliste aufgenommen. Die Bauten in Argentinien,
Belgien,
Frankreich, Indien, Japan, der Schweiz und Deutschland verdeutlichen
die herausragende Rolle Le Corbusiers für die Architektur
des 20. Jahrhunderts und sind Zeugnisse der Globalisierung der
Moderne. Zwei Häuser der Stuttgarter Weissenhofsiedlung zählen
zu dieser transnationalen UNESCO-Welterbestätte. Sie sind
die 41. Welterbestätte Deutschlands.
Le Corbusier & P. Jeanneret, Doppelhaus der Weißenhofsiedlung,
Stuttgart. Bild: Wikimedia Commons/Andreas Praefcke (eig. Werk
- CC.BY 3.0)
"Gemeinsam mit weiteren Architekten hat Le Corbusier die
Architektur der Moderne seinerzeit neu definiert. Seine nun zum
Erbe der gesamten Menschheit gehörenden Werke verkörpern
typologisch den radikalen Bruch mit vormals verwendeten Stilen,
Designs, Methoden, Technologien und Bautechniken", erklärt
Prof. Dr. Hartwig Lüdtke, Vizepräsident der Deutschen
UNESCO-Kommission. "Sie stehen symbolisch für die damalige
Erfindung einer neuen Architektursprache auf globaler Ebene und
geben Aufschluss über unsere Geschichte. Ich freue mich sehr,
dass das Welterbekomitee diese einzigartigen Werke in die Welterbeliste
aufgenommen hat. Es liegt nun in der Verantwortung der gesamten
Staatengemeinschaft, sie zu schützen."
Die als Welterbe ausgezeichneten Regierungsgebäude von Chandigarh
(Indien), das Nationalmuseum für westliche Kunst in Tokio
(Japan), das Haus von Dr. Curutchet in La Plata (Argentinien) oder
die Unité d’Habitation in Marseille (Frankreich) und
weitere Werke Le Corbusiers sind Zeugnisse einer Architektur, die
sich an den Bedürfnissen der Menschen des 20. Jahrhunderts
ausrichten sollte. Sie belegen die Internationalisierung der Architektur
in einer globalen Dimension. Die zwei zu der Welterbestätte
gehörenden Häuser der Stuttgarter Weissenhofsiedlung
wurden 1927 erbaut. Sie gelten heute als Ikonen der Baugeschichte.
Le Corbusier setzte dort seine Fünf Punkte einer neuen Architektur
um. Zentrale Merkmale davon sind der Dachgarten, ein verschiebbares
Langfenster, eine freie Grundrissgestaltung, Stützen statt
massiver Mauern als tragende Konstruktion und eine freie Fassadengestaltung.
Funktionelles Wohnen sollte durch eine Flexibilität in der
Innenarchitektur ermöglicht werden.
Fassade der Häuser La Roche und Jeanneret, Paris, des ersten
Baus von Le Corbusier. © FLC/ADAGP/Oliver
Martin-Gambier
Kapelle Notre-Dame-du-Haut, Ronchamp. © AONDH
Die in die Welterbeliste aufgenomme Serie von Le Corbusiers Werk
umfasst die folgenden 17 Bauten und Ensembles:
1923: Maisons La Roche et Jeanneret, Paris, Frankreich
1923: Petite villa au bord du lac Léman, Corseaux, Schweiz
1924: Cité Frugès, Pessac, Frankreich
1926: Maison Guiette, Antwerpen, Belgien
1927: Häuser der Weissenhof-Siedlung, Stuttgart, Deutschland
1928: Villa Savoy et loge du jardinier, Poissy, Frankreich
1930: Immeuble Clarté, Genf, Schweiz
1931: Immeuble locatif à la Porte Molitor, Paris, Frankreich
1945: Unité d'habitation, Marseille, Frankreich
1946: Manufacture à Saint-Dié, Saint-Dié-des-Voges,
Frankreich
1949: Maison du Docteur Curutchet, La Plata, Argentinien
1950: Chapelle Notre-Dame-du-Haut, Ronchamp, Frankreich
1951: Cabanon de Le Corbusier, Roquebrune-Cap-Martin, Frankreich
1952: Complexe du Capitole, Chandigarh, Indien
1953: Couvent Sainte-Marie-de-la-Tourette, Eveux, Frankreich
1954-59: National Museum of Western Art, Main Building, Tokio,
Japan
1953-65: Centre de recréation du corps et de l'esprit de
Firminy-Vert, Firminy, Frankreich
Aufgrund der Sicherheitslage in Istanbul wurden die Beratungen
des Welterbekomitees am 16. Juli ausgesetzt. Das Komitee beendet
seine 40. Sitzung am heutigen Abend vorzeitig. Ursprünglich
sollten die Beratungen bis zum 20. Juli andauern. Die verbleibenden
Tagesordnungspunkte werden in einer außerordentlichen Sitzung
nachgeholt.
Das Welterbekomitee setzt sich aus 21 gewählten Vertragsstaaten
der Welterbekonvention zusammen und entscheidet jährlich über
die Einschreibung neuer Kultur- und Naturstätten in die Welterbeliste
sowie über Schutzmaßnahmen für bestehende Welterbestätten.
Deutschland verzeichnet nun 41 Welterbestätten. Kriterien
für die Anerkennung als UNESCO-Welterbe sind unter anderem
der außergewöhnliche universelle Wert der Stätte
und ein Managementsystem, das die Erhaltung des Erbes für
zukünftige Generationen sicherstellt. Mit der Einschreibung
in die Welterbeliste verpflichten sich die Vertragsstaaten, die
Welterbestätten auf ihrem jeweiligen Staatsgebiet zu schützen
und somit für künftige Generationen zu bewahren. |