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7.10.16

Landesdenkmalpflege

Sondengehen ist kein Kavaliersdelikt

Die Suche mit Metallsonden nach historischen Hinterlassenschaften ist genehmigungsbedürftig | Eine Suche ohne Genehmigung ist eine Ordnungswidrigkeit und kann gegebenenfalls sogar strafrechtliche Folgen haben

(rps) Das Landesamt für Denkmalpflege beim Regierungspräsidium Stuttgart weist darauf hin, dass der Einsatz von Metallsonden zur Suche nach historischen Hinterlassenschaften ohne entsprechende Genehmigung eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Zudem gefährdet ein solches Vorgehen den Erhalt archäologischer Befunde für die Allgemeinheit in höchstem Maß. Das Verwaltungsgericht Stuttgart beschäftigte sich im August 2016 mit der Thematik des sogenannten „Sondengehens“ im Rahmen eines Verfahrens (Az.: 13 K 935/15).

Der Kläger begehrte die Einsichtnahme in das Denkmalbuch beim Regierungspräsidium Stuttgart. Das Gericht hat nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage dem Kläger zu erkennen gegeben, dass das vom Kläger vorgetragene Hobby-Interesse am „Sondengehen“ keine Einsichtnahme in das Denkmalbuch rechtfertigt. Seine Klage, so das Gericht, habe keine Aussicht auf Erfolg, weshalb dem Kläger empfohlen werde, die Klage zurückzunehmen. Dieser Empfehlung ist der Kläger nachgekommen. Mit Beschluss vom 05. August 2016, Az. 13 K 935/15, stellte das Verwaltungsgericht Stuttgart daraufhin das Verfahren ein. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Zu diesem Beschluss des VG Stuttgart kursiert eine Falschmeldung der „Deutschen Sondengänger Union“ (DSU), welche in einer Pressemitteilung die Entscheidung der Stuttgarter Richter als Erfolg in der Sache für sich reklamiert.

Das Landesamt für Denkmalpflege stellt hierzu nachdrücklich klar: Es handelt sich um eine völlig verfälschte und verzerrte Darstellung des Sachverhalts. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat dem Urheber der Falschmeldung selbst folgende Gegendarstellung übermittelt: "Als Verantwortlicher … werden Sie darauf hingewiesen, dass der Artikel den Inhalt der von Ihnen genannten Verhandlung unrichtig bzw. verzerrt darstellt. Schon der Titel, wonach der Kläger einen Erfolg erzielt habe, ist irreführend... Die Frage, wann eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 27 des Gesetzes zum Schutz der Kulturdenkmale (Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg) vorliegt, war nicht Gegenstand des Verfahrens."

Die Sach- und Rechtslage zum sogenannten „Sondengehen“ stellt sich wie folgt dar: Nach § 2 Abs. 1 des Denkmalschutzgesetzes (DSchG) sind Kulturdenkmale Sachen, Sachgesamtheiten und Teile von Sachen, an deren Erhalt aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht. Was diese Voraussetzungen erfüllt, ist Kulturdenkmal kraft Gesetzes, ohne dass es zur Feststellung noch eines zusätzlichen Aktes bedarf. Überreste oder Spuren menschlichen Lebens, die sich als Zeugnisse der Vergangenheit verborgen im Boden befinden, sind archäologische Kulturdenkmale und daher automatisch durch das Denkmalschutzgesetz geschützt. Nachforschungen mit dem Ziel, solche Bodendenkmale zu entdecken, bedürfen nach § 21 DSchG einer Genehmigung, für deren Erteilung landesweit das Landesamt für Denkmalpflege zuständig ist.

Das Suchen mit der Metallsonde und das damit verbundene Freilegen gefundener Objekte ist entgegen weit verbreiteter Auffassung nicht zerstörungsfrei, da ja gerade auch nach Metallobjekten im Boden gesucht wird. Dabei kann auch außerhalb bekannter Fundstellen nie ausgeschlossen werden, auf neue Funde oder gar neue Bodendenkmale zu stoßen. Auch wenn es um vermeintlich unscheinbare Objekte geht, wie beispielsweise Bruchstücke von Fibeln, Beschläge, Gürtelbestandteile, zerschmolzene Bronze oder kleine römische Schuhnägel aus Eisen, kann deren kulturgeschichtlicher Aussagewert immens sein und in den richtigen Händen von Archäologen zur Entdeckung von ganzen Siedlungen, Gräberfeldern, Römerstraßen führen.

Eine undokumentierte Bergung solcher Objekte zerreißt den archäologischen Zusammenhang, aus dem Archäologen vieles zur Geschichte herauszulesen vermögen. Auch soweit eine solche Befundzerstörung nicht die Absicht des Sondengängers sein sollte, wird sie doch billigend in Kauf genommen, denn anhand des Detektorsignals lässt sich die Qualität von Funden und Befunden schlicht nicht ermessen. Selbst wenn im Nachhinein noch eine fachgerechte Einmessung der Funde erfolgt, hat die Denkmalsubstanz in vielen Fällen bereits Schaden genommen, da eine unverfälschte Zuordnung zur früheren Befundstruktur nicht mehr möglich ist.

Hobby-Sondengänger können grundsätzlich keine Nachforschungs-Genehmigung erhalten, denn das öffentliche Interesse, die Denkmalsubstanz für auch künftige Generationen zu erhalten, überwiegt das private Hobby-Interesse an Nachforschungen. Nur von der Landesdenkmalpflege geschulte Hobby-Sondengänger können mit der systematischen Prospektion auf bestimmten Flächen beauftragt werden. Wer hingegen ungenehmigte Nachforschungen mit Metallsonden unternimmt, begeht eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 27 Absatz 1 Nr. 1 DSchG, die mit einer Geldbuße in empfindlicher Höhe geahndet werden und sogar strafrechtliche Folgen haben kann, wenn eine Fundunterschlagung hinzukommt.

Illegale Sondengänger und Schatzsucher schädigen in Baden-Württemberg seit vielen Jahren immer wieder archäologische Kulturdenkmale, indem sie Metallobjekte entfernen und sich dabei auch vor tiefen Bodeneingriffen nicht scheuen. Durch die Falschmeldung über eine angebliche Entscheidung des Verwaltungsgericht Stuttgarts ist eine Zunahme illegaler Sondengänger zu befürchten. Verdächtige Vorgänge sollten umgehend der Polizei gemeldet werden.

Flyer "Raubgräber Sondengänger. Hinweise zum Verhalten beim Antreffen von Raubgräbern bzw. Sondengängern"

 
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