28.4.16
Schlossgarten Schwetzingen
Gartenarchäologie deckt den originalen Verlauf
der Wege auf
(ssg) Archäologie im Garten: Derzeit untersuchen die Staatlichen
Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zusammen
mit dem Landesamt für Denkmalpflege, wie die Wege beim Merkurtempel
vor 200 Jahren genau verliefen. Und es zeigt sich bei den archäologischen
Sondierungen: Der originale Verlauf der Wegeanlage von Friedrich
Ludwig von Sckell lässt sich nach wie vor im Boden feststellen.
Damit wird es möglich, sich der großartigen Gartenkomposition
des berühmten Gartenarchitekten bis ins Detail wieder anzunähern.
Glücksfall für die Gartendenkmalpfleger
Ein kleiner Bagger ist das Werkzeug der Wahl: Mit ihm haben die
routinierten Fachleute schmale Suchschnitte in der frühlingsgrünen
Wiese angelegt. Michael Hörrmann, der Geschäftsführer
der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden- Württemberg,
präsentierte bei einem Ortstermin am Merkurtempel gemeinsam
mit Prof. Dr. Hartmut Troll, dem zuständigen Fachmann für
die historischen Gärten bei den Staatlichen Schlössern
und Gärten, und Dipl.Ing. Petra Martin M.A, Referentin für
Gartendenkmalpflege beim Landesamt für Denkmalpflege im
Regierungspräsidium Stuttgart, die Arbeiten. „Der
archäologische Befund in den Suchschnitten wirkt unauffällig
für den Laien, ist aber für die Gartendenkmalpfleger
ein Glücksfall“, erklärt Michael Hörrmann. „Was
die Fachleute an dieser Grabung ablesen können, wird den
Schlossgarten wieder ein Stück näher an das Originalerlebnis
des Gartenkunstwerks vom Ende des 18. Jahrhunderts bringen.“
Untersuchungstelle südlich des Merkurtempels Raffinierte Inszenierung des Ruinenerlebnisses
„
Im unteren Bereich haben wir auch tatsächlich den alten Weg
entdeckt“, erklärt Hartmut Troll, „und zwar genau
dort, wo wir den Fund nach den alten Plänen prognostiziert
hatten“. Für die Komposition des Friedrich Fudwig von
Sckell ist der Verlauf des Weges entscheidend: Sein Entwurf sah
eine raffinierte Dramaturgie der Annäherung an den Merkurtempel
und an das Motiv der Ruine vor. „Man geht auf verschlungenen
Wegen durchs Dunkel und entdeckt die Ruine erst Stück um Stück“,
erklärt Hartmut Troll. Dass dabei die Blicke zwischen Merkurtempel
und Moschee hin- und her gelenkt werden, gehört zur Gesamtregie: „Die überraschenden
Blicke, das Wieder-aus-dem-Blick-Geraten der Ruine und dann gewissermaßen
die Neujustierung der Erwartung - all das macht die Inszenierung
des Merkurtempels im Verständnis der damaligen Zeit erst les-
und wahrnehmbar“, erläutert der zuständige Referent
für Historische Gärten. Der Grabungsbefund sei auch noch
aus einem weiteren Grund interessant, so Hartmut Troll: „Was
wir bei den Schnitten gefunden haben, ist besonders spannend, weil
es uns einen Blick in den technischen Aufbau des historischen Weges
erlaubt - und das hatten wir konkret für die landschaftlichen
Partien in Schwetzingen bisher nicht“.
Pläne aus der Entstehungszeit des Gartens
Dass die englische Partie im Bereich des Merkurtempels im Schwetzinger
Schlossgarten einmal anders aussah, konnte vermutet werden: Denn
es gibt Pläne aus der Entstehungszeit der Anlage, die auf
den Gartenarchitekten Friedrich Ludwig von Sckell zurückgeht.
Von Sckells Arbeit in Schwetzingen war schon bei den Zeitgenossen
berühmt und hoch angesehen. Man weiß aber auch, dass
sich im 20. Jahrhundert diese Gartenpartie verändert hat.
Dabei gingen Details und Vielfalt der Anlage verloren. Als 2013
die Sanierung des Merkurtempels abgeschlossen war, war das ein
Anlass, die gartendenkmalpflegerische Entwicklung des gesamten
Umfeldes in Angriff zu nehmen. Und schon bei einer ersten wissenschaftlichen
Untersuchung im Frühjahr 2014 konnten die Fachleute klar
erkennen: Die Wegeführung um den Merkurtempel ist verändert
- und zwar durchweg zum Nachteil der ursprünglich beabsichtigten
Wirkung.
Der alte Gartenweg ist nur an einer dünnen Schicht von aufgetragenem
Material zu erkennen.
Subtile Verbesserungen im Erscheinungsbild der Partie
Die Überarbeitung des Wegesystems ist nur ein Element. Michael
Hörrmann erläutert: „Wir haben jetzt die Möglichkeit,
die nachteiligen Veränderungen in denkmalpflegerisch vertretbarem
Umfang wieder rückgängig zu machen.“ Gartenarchitekt
von Sckell schreibt zum Einsatz von Ruinen im Garten, dass ihre
Lage gewöhnlich in fernen Gegenden der Parks, vorzüglich
auf Anhöhen gewählt werden solle, „... wo sich
die Natur in ihrem ernstlichen, feierlichen Charakter zeigt, wo
dunkle Gebüsche in ungetrennten Massen fast alle Zugänge
unmöglich machen, (...) mit schmalen Fußwegen, die sich
auf Umwege durch Gebüsche winden“. Die Wegeführung
direkt am Tempel sei daher grundlegend, um den ursprünglichen
Effekt der Inszenierung des Ruinenmotivs wieder herzustellen, erklärt
Hartmut Troll. Um präzise Kenntnisse über den originalen
Verlauf zu erhalten, greift man zu Mitteln der Archäologie:
Denn vielfach haben sich im Boden eines historischen Gartens die
ursprünglichen Strukturen erhalten.
Dem Originalzustand wieder ein Stück näher
Bei der Grabung am Schwetzinger Merkurtempel erzielten die Gartenexperten
und Archäologen einen Volltreffer. Hartmut Troll: „Wir
können jetzt die historischen Wegeverläufe in dieser
landschaftlichen Partie so genau wie nur möglich nachzuvollziehen.
Damit wird es möglich, die „Landschaftsbilder“,
die sich ja dem Betrachtenden von bestimmten Punkten aus präsentieren,
die die Wegfiihrung vorgibt, behutsam und über längere
Zeiträume aus der heutigen Vegetation herauszuarbeiten oder
nachzupflanzen.“
|